Es war eine Zäsur für den Schweizer Fussball, als vor 30 Jahren die Finalrunde und die Auf-/Abstiegsrunde eingeführt wurde. 16 Jahre später fing dann nochmals eine neue Epoche an – mit der Super League und der Challenge League.
Und jezt beginnt für den FC Rapperswil-Jona eine neue Zeitrechnung. Zum ersten Mal sind Rappis Fussballer auf der Gästeliste des Unterhauses, als 66. Verein in den letzten 30 Jahren. Die Challenge League oder Nationalliga B, wie die zweithöchste Liga früher hiess, war in der ganzen Zeit die Liga des Kommens und Gehens.
Die 66 – eine solide Nummer
Der 1928 gegründete FCRJ holt den Bruderverein aus dem Eishockey in der zweithöchsten Liga ein. Vor wenigen Jahren wäre das noch undenkbar gewesen.
Die jüngsten Beispiele der Zwangsabstiege von Biel und Le Mont haben gezeigt, dass selbst in der ab der Saison 2012/13 von 16 auf 10 Teams verschlankten Struktur nicht alle Vereine eine ausreichend gute Wirtschaftlichkeit mitbringen, um zu überleben.
Dieses Problem scheint Rapperswil-Jona nicht zu haben. Die Challenge League bekommt einen Verein, der sich jahrelang gewissenhaft auf die erstmalige Promotion vorbereitet hat. Die Ostschweizer verfügen über eine Basis von gegen 500 Junioren, um die sie sich in Zusammenarbeit mit den Grasshoppers kümmern.
Mit einem Ex-Basler in den Reihen
Hinter der soliden Entwicklung steht primär Rocco Delli Colli. Der Besitzer einer florierenden Pizza-Kette gibt als charismatischer Präsident seit 2005 die Linie vor. Finanzielle Experimente leistet sich die Crew um den gebürtigen Italiener nicht.
Das Budget wurde nach dem Aufstieg aus der Promotion League auf 2,4 Millionen Franken angehoben. Der wirtschaftliche Rahmen ist trotz des inzwischen stattlichen Personalbestandes knapp bemessen. Urs Meier, der rund zwei Jahre nach seiner Freistellung beim FC Zürich ins Trainer-Business zurückkehrt, rechnet mit einer schwierigen Aufgabe: «Wir messen uns ab sofort mit Spielern, die teilweise über jahrelange Super-League-Erfahrung verfügen. Der Unterschied wird gewaltig sein. Es geht darum, möglichst schnell und viel zu lernen, damit wir bestehen können.»
Einen Stürmer mit Erfahrung hat sich der Verein vor wenigen Tagen geangelt: Orhan Mustafi, der seinerzeit als 18-Jähriger beim FC Basel gleich im ersten Spiel zwei Tore erzielt hatte, dessen Karriere dann aber nicht ganz so verlief, wie man es ihm prophezeit hatte. Zuletzt spielte der mittlerweile 27-Jährige in Hong Kong.
Die Liga des Kommens und Gehens
Die NLB war vor allem in früheren Jahrzehnten ein heterogener Treff. Es gab nicht wenige Vereine, die nur für kurze Zeit am Spitzenfussball schnupperten, sich nicht selten finanziell übernahmen und später in den Regionalfussball abtauchten. Es gab und gibt solide Vereine, deren Möglichkeiten nie ganz für das Oberhaus ausreichen. Und es gibt Spitzenklubs, die nach sportlichen Baissen in der Challenge League neuen Schwung holen – wie zuletzt der FCZ.
Von allen Spitzenvereinen waren in den letzten 50 Jahren nur die Grasshoppers nie zweitklassig. Ihr zweijähriges Gastspiel in der NLB gaben sie ab 1949. Der FC Basel sollte im Jahr 1994 wieder in die NLA aufsteigen. Bis er schliesslich zur alles dominierenden Grösse im Schweizer Fussball wurde, dauerte es aber noch ein paar Jahre.
Nach der Einführung des Finalrunden-Modus vor 30 Jahren war die NLB am stärksten aufgebläht. Unterhalb der 12 Teams umfassenden NLA breiteten sich 24 Teams in zwei Gruppen aus. Wer sich damals in den hintersten Rängen der NLB tummelte, hätte in den heutigen Strukturen Mühe, in der Promotion League unterzukommen.
Verschwundene Namen
Gerade in jenen Jahren der fussballerischen Inflation tauchten in der NLB Klubs auf, die selbst bei einem älteren Fan schier in Vergessenheit zu geraten drohen. Klubs wie Emmenbrücke, FC Zug, Sursee, Malcantone Agno, Urania Genf oder Echallens. Zürich trug 1989/90, in seiner ersten Zeit der Zweitklassigkeit, die Zürcher Duelle nicht gegen die Grasshoppers aus, sondern gegen Brüttisellen.
Der SC Burgdorf aus dem hockeylastigen Emmental spielte damals eine Saison in der NLB. Heute spielt der Klub aus der Stadt mit Zentrumscharakter längst in der 3. Liga, in der siebthöchsten oder drittuntersten Spielklasse.
Blättert man in der Geschichte der Nationalliga B beispielsweise in die Siebzigerjahre zurück, trifft man Namen von Vereinen an, von denen viele Schweizerinnen und Schweizer nicht einmal die Ortsnamen kennen. Oder wer kennt Fétigny, das Bauerndorf im Freiburger Broye-Bezirk mit dreistelliger Einwohnerzahl? Oder wer kennt Gambarogno am Langensee? Das ist noch nicht einmal eine Ortschaft, sondern der Name einer politischen Gemeinde, die Örtchen wie 6571 Indemini, 6579 Piazzogna und 6578 Caviano vereinigt.