Dank seines schnellsten Finalsiegs gewinnt Roger Federer den 6. Titel an den Swiss Indoors. Für den belgischen Gegner David Goffin wird der Aufschlag Federers zum Albtraum – der einen Schritt in Richtung Weltnummer 1 macht.
Für all diejenigen, die Roger Federer sehen wollten, lohnte sich ein Besuch des Finals der Swiss Indoors. Für diejenigen allerdings, die dabei auch noch Tennis sehen wollten: eher nicht.
Federer gewann gegen David Goffin (ATP 28) in knapp 52 Minuten mit 6:2, 6:2 und holte sich den sechsten Titel an seinem Heimturnier. «Manchmal schiesst man den Gegner halt vom Platz und ich bin froh, dass ich das heute war», äussert sich Federer zu dieser klaren Angelegenheit.
Nach den Finalniederlagen gegen Juan Martin Del Potro 2012 und 2013 war es der erste Basler Pokal seit drei Jahren.
Goffin: «Sein Aufschlag war ein Albtraum für mich»
Federers belgischer Gegner hatte zu keiner Zeit der Partie eine Chance, den 82. Karrieretitel des Grand-Slam-Rekordsiegers zu verhindern. Vier Mal nahm ihm Federer den Aufschlag ab – und beim Service des Schweizers gewann Goffin gerade mal fünf Punkte. «Federers Aufschlag war ein Albtraum für mich», resümiert der 23-Jährige, für den der Schweizer «der beste Hallenspieler der Welt ist».
«Ich habe immer gesagt, dass die Weltrangliste nicht wichtig ist. Ausser es geht um die Nummer 1.»
Roger Federer zu seiner Motivation
Die Weltnummer 28 bedankte sich nach seinem ersten Final auf der vierthöchsten Turnierstufe bei seinem Coach, «mit dem ich mein Leben verbringe». Das Leben, das er ab Montag weiter vorne in der Weltrangliste führen wird. «Wenn ich in die Top-20 komme, dann wäre das die Kirsche auf der Kirsche auf dem Sahnehäubchen», ist Goffins Kommentar dazu. Er lässt erahnen, dass die Niederlage gegen Federer ihm keine schlaflosen Nächte bescheren wird.
Dafür ist Federers Nimbus mit 82 Karrieretiteln zu gross. Doch auch wenn der Schweizer einen Rekord nach dem anderen an sich gerissen hat, es geht noch besser. Vor ihm stehen nach wie vor Ivan Lendl mit 95 und Jimmy Connors mit 110 Turniersiegen.
Federer nähert sich einem Rekord, den er aber wohl verpassen wird
Es ist ein Rekord, der dem 33-jährigen Federer wohl verwehrt bleiben wird. Einen anderen hat er derweil ausgebaut: Das 123. Endspiel seiner Karriere war sein elfter Final in Basel – der neunte in Folge. Die Swiss Indoors sind zudem das sechste Turnier, das Federer mindestens sechs Mal gewonnen hat.
Mit dem Titel in Basel macht der siebenfache Wimbledonsieger einen Schritt in Richtung Weltranglistenspitze. Und das, ohne 2014 einen Grand-Slam-Titel gewonnen zu haben. Es wäre das sechste Mal, dass Federer der statistisch beste Spieler des Jahres ist – ein Rekord, den der US-Amerikaner Pete Sampras hält.
«Ich habe immer gesagt, dass die Weltrangliste nicht wichtig ist. Ausser es geht um die Nummer 1», sagt Federer.
Zur Nummer 1 verringert sich der Abstand auf 490 Punkte
Federer, der die Rekordzahl von 302 Wochen an der Weltranglistenspitze aufweist, muss dafür im Jahresranking 490 Punkte auf den führenden Novak Djokovic aufholen (Jahresranking, ab Montag mit den Punkten der Swiss Indoors). Es ist ein Rückstand, der durchaus wettzumachen ist; angesichts der 2750 Punkte, die es bis zum Ende des Jahres für Federer potentiell noch zu gewinnen gibt.
«Es gibt bei jedem Spieler das Risiko, dass er nicht spielt. Aber jeder ist willkommen.»
Roger Brennwald zur Frage, ob Federer nächstes Jahr nicht in Basel antreten wird
Ab nächster Woche spielt Federer in Paris um 1000 und danach in London an den World Tour Finals um 1500 Punkte. Er könnte vor den World Tour Finals in London die Nummer 1 werden, wenn er beispielsweise das Turnier in Paris gewinnt und Djokovic im Halbfinal scheitert.
Der Schweizer hat im Gegensatz zum Serben, sollte es zu einer knappen Entscheidung um die Spitzenposition kommen, die Möglichkeit, im Final des Davis Cups den Unterschied zu machen. Ein Sieg in einem Einzel bringt Federer 95 Punkte ein, dazu kommt im Falle des ersten Titels für die Schweiz ein Bonus von 35 Punkten, weil Federer die Mindestzahl von sechs Partien im Ländervergleich absolviert hat.
Die spezielle Konstellation nach einer aussergewöhnlichen Saison
Das sind insgesamt 225 Punkte. Eine Anzahl, die möglicherweise entscheidend sein wird. Und sollte Federer dank des Davis Cups Djokovic überholen, würde er die Weltranglistenspitze nach den World Tour Finals übernehmen, die den eigentlichen Abschluss für die Topspieler bilden.
Es ist die spezielle Konstellation in einer Saison, in der Federer nicht nur in der absoluten Weltspitze mitspielte und die Turniere in Dubai, Halle, Cincinnati, Shanghai und Basel gewonnen hat – sondern in der er diese Spitze sogar wieder übernehmen könnte.
Wie weiter zwischen Federer und Brennwald?
Der Ausgang des Turniers führte dazu, dass es auf dem Center Court zum Handschlag zwischen Roger Federer und Turnierdirektor Roger Brennwald kam. Zwischen den beiden kriselt es seit geraumer Zeit, doch waren sie sichtlich bemüht, so etwas wie Normalität vorzuspielen.
Doch der Graben zwischen den beiden Rogers scheint tief zu sein. Gefragt, ob Federer möglicherweise nächstes Jahr in Basel nicht mehr spiele, sagte Brennwald noch vor dem Final: «Es gibt bei jedem Spieler das Risiko, dass er nicht spielt. Aber jeder ist willkommen.»
Federer selbst wendete sich unmittelbar nach dem Finalsieg ans Publikum mit den Worten: «Bis nächstes Jahr.»
Der gut gelaunte Federer verdeckt auf dem Bild Turnierdirektor Roger Brennwald und spricht amüsiert zum Publikum. (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)
Final
Roger Federer SUI (1)–David Goffin BEL (7) 6:2, 6:2
Spielzeit: knapp 52 Minuten