In der Premier League rollt der Ball auch an Weihnachten. Der perfekte Vorwand, um wieder an die frische Luft zu kommen. Die Spieler der Queens Park Rangers wären am diejährigen Boxing Day aber besser im Bett geblieben. Sie verloren gegen West Bromwich Albion mit 1:2. Trotz neuem Geldgeber und Millionen-Truppe kommt die Mannschaft nicht vom Fleck.
Die Londoner U-Bahn-Fahrer streiken – natürlich, der Spielplan beglückt mit eher unterdurchschnittlich aufregenden Paarungen, das Land aber schreit: Gott sei Dank! Fussball am zweiten Weihnachtstag bedeutet auf der Insel mehr als Tore und Punkte.
Der «Christmas Day» (25. Dezember), der einzige Tag im Jahr, an dem auf der Insel die Geschäfte geschlossen und die Uhren stehen bleiben, an dem die Distanz über alles liebenden Briten unglücklich im Kreis der Familie festhängen, hat zuvor alle ganz kirre gemacht. Die Partien am Boxing Day bieten einen prima Vorwand, wieder an die frische Luft zu kommen. Das Wetter spielte an diesem Mittwoch auch mit: nach zwei besinnlichen Dauerregen-Tagen fiel einem der Himmel erst ab den Nachmittagsstunden auf den Kopf.
Vier Spiele in acht Tagen
Die Zeit zwischen den Jahren gilt als wegweisend für den weiteren Saisonverlauf. Viel wichtiger als die Symbolik aber ist die Unmasse von Punkten, die vergeben wird. Viele Klubs müssen in acht Tagen vier Spiele bestreiten. Und das ist nur ein Bruchteil von dem, was die Tradition auf der Insel einst vorsah. 1907 mussten Notts County und Birmingham beispielsweise vom 24. bis 27. Dezember an vier Tagen in Folge kicken, davon zwei Mal gegeneinander. Das fanden aber selbst die eisernen Briten eine Spur ermüdend: mit jedem Spiel wurden die Tore und Zuschauer weniger.
Die Queens Park Rangers (QPR) kennen diese Probleme. Das altehrwürdige Stadion an der Loftus Road in einem ärmlichen Viertel im Westen der Hauptstadt bietet nur 18 000 Besuchern Platz, es ist das kleinste der Liga. Und genügend Tore schiesst das Team von Trainer Harry Redknapp sowieso nicht. Die Feiertage verbrachte man auf dem vorletzten Tabellenplatz. Die Spieler scheint das allerdings nur bedingt zu stören. Seit der malaysische Millionär Tony Fernandes, der Besitzer der Air Asia-Fluglinie den Klub führt, ist für die Belegschaft quasi jeden Tag Weihnachten.
Fernandes hat sich vom kürzlich gefeuerten Coach Mark Hughes und diversen Beratern eine Bande grotesk überteuerter Profis aufschwätzen lassen. Rechtsverteidiger José Bosingwa, um nur einen davon zu nennen, verdient 8,3 Millionen im Jahr. Wobei «verdient» vielleicht das falsche Wort ist. Vorige Woche hatte der vorjährige Champions-League-Sieger (mit dem FC Chelsea) keine Lust, sich auf die Bank zu setzen und fuhr lieber nach Hause. «Es gibt hier viele Spieler, die viel zu viel Geld für das bekommen, was sie sind und für diesen Klub geben», schimpfte Redknapp, «ein Verein mit 18 000 Zuschauern sollte nicht solche Gehälter zahlen.»
Der 65-Jährige weiss, wovon er spricht. Dem FC Portsmouth (22 000-Zuschauer-Stadion) hinterliess er nach drei Spielzeiten in Amt einen völlig aufgeblähten, mit magathesken Methoden zusammen gestellten Kader, zwei Jahre später musste der Südküsten-Verein Insolvenz anmelden.
Gegner blieb im Stau stecken
Der Gegner der QPRs am Boxing Day – der Name stammt von dem Brauch, Fresspakete, «boxes», an Arme zu verteilen – macht es in dieser Saison in allen Belangen besser. Die bis auf Stürmer Romelu Lukaku (von Chelsea ausgeliehen) eher namenlose Truppe von West Bromwich Albion ist seriös finanziert und hält bisher überraschend Kontakt zu den Champions-League-Plätzen. Coach Steve Clarke hätte als langjähriger Assistent von José Mourinho beim FC Chelsea eigentlich die West-Londoner-Verkehrsverhältnisse besser einschätzen müssen. Der Teambus, der Mannschaft aus den «Midlands», blieb aber im Schnäppchenjäger-Stau vor dem Westfield-Shopping-Center stecken, der Anpfiff musst um fünfzehn Minuten verschoben werden.
Das Spiel kam zunächst auch nicht von der Stelle. Die Rangers vertrauten auf Geistesblitze des marokkanischen Spielmachers Adel Taarabt, der sich aber in unzähligen Einzelaktionen verlor. Die Gäste blieben vorwiegend hinten. So brachten nur der eine oder andere Distanzschuss etwas Aufregung. West-Broms Chris Brunt zielte am genauesten: In der 29. Minute schlug der Ball aus 25 Metern flach am rechten Pfosten neben Keeper Robert Green zum 0:1 ein.
Titel als finanzstärkste Absteiger Europas droht
Von QPR kam, abgesehen von einem verunglückten Kopfball von Jamie Mackie, überhaupt nichts. Der Auftritt der Londoner erinnerte an den eines übel verkaterten Pub-Teams. Und auch das spielentscheidende 2:0 von West Brom kann man so oder so ähnlich Woche für Woche auf englischen Bolzplätzen bewundern: Marc-Antoine Fortuné durfte Keeper Green so lange unbestraft bedrängen, bis dieser einen Kopfball ins eigene Tor bugsierte (49.). Das Torhüter in England nicht mal an Weihnachten im Fünfmeterraum heilig sind, hätte der Ex-Nationaltorwart wissen müssen.
Djibril Cissé schaffte zwar noch den Anschlusstreffer (69.), das änderte nichts mehr. Fernandes wird im Januar noch ein paar überteuerte Spieler mehr holen müssen, wenn sein Klub nicht bald der finanzstärkste Absteiger Europas sein will.
Resultate: Everton – Wigan Athletic 2:1. Fulham – Southampton 1:1. Manchester United – Newcastle 4:3. Norwich City – Chelsea 0:1. Queens Park Rangers – West Bromwich Albion 1:2. Reading – Swansea City 0:0. Sunderland – Manchester City 1:0.
Rangliste: 1. Manchester United 19/46 (48:28). 2. Manchester City 19/39 (34:16). 3. Chelsea 18/35 (37:17). 4. Everton 19/33 (32:23). 5. West Bromwich Albion 19/33 (28:23). 6. Arsenal 18/30 (32:18). 7. Tottenham Hotspur 18/30 (30:25). 8. Liverpool 18/25 (27:23). 9. Stoke City 18/25 (15:13). 10. Swansea City 19/25 (27:23). 11. Norwich City 19/25 (20:28). 12. West Ham United 18/23 (22:22). 13. Sunderland 19/22 (20:24). 14. Fulham 19/21 (29:34). 15. Newcastle 19/20 (23:30). 16. Aston Villa 18/18 (15:32). 17. Southampton 18/16 (23:34). 18. Wigan Athletic 19/15 (19:35). 19. Reading 19/10 (21:37). 20. Queens Park Rangers 19/10 (16:33).