Der Dank und die Sorgen des SC Hungaria Basel

56 Jahre alt ist der SC Hungaria, der 1958 von Flüchtlingen des niedergeschlagenen Ungarn-Aufstands gegründet worden ist. Der Club könnte ein Opfer davon werden, dass sich die Nachkommen der Ungarn-Flüchtlinge so gut in der Schweiz integriert haben: Die Mannschaft wird immer älter – und die Jungen spielen in Schweizer Clubs.

SC Hungaria, 1958

56 Jahre alt ist der SC Hungaria, der 1958 von Flüchtlingen des niedergeschlagenen Ungarn-Aufstands gegründet worden ist. Der Club könnte ein Opfer davon werden, dass sich die Nachkommen der Ungarn-Flüchtlinge so gut in der Schweiz integriert haben: Die Mannschaft wird immer älter – und die Jungen spielen in Schweizer Clubs.

ln der Geschichte Ungarns kommt dem Jahr 1956 eine spezielle Bedeutung zu. Damals verliessen gegen 200’000 Ungarn nach dem durch die Sowjetunion niedergeschlagenen Volksaufstand ihre Heimat. Rund 1200 dieser Flüchtlinge verschlug es in einer ersten Welle in die Region Basel (später noch weit mehr), wo die meisten inzwischen als Schweizer Bürger ihre zweite Heimat gefunden haben.

Fussballgeschichten aus der Region

Zum 75. Geburtstag des Fussballverbandes Nordwestschweiz kommt es zu einer ­Kooperation mit der Tages­Woche. Das Ziel: Online soll eine interaktive Geschichte des Fussballs in der Region entstehen, auf der die wichtigsten Ereignisse des regionalen Fussballs, Anekdoten und Erinnerungen auf einer Zeitleiste dargestellt werden. ­

Schon 1958 gründeten diese Ungarn in Basel den SC Hungaria. Einerseits konnten die fussballbegeisterten Menschen somit auch in der Schweiz ihrem Hobby nachgehen. Anderseits brachen dadurch die Kontakte zu den Landsleuten auch in der Fremde nicht ab. Nachdem der SC Hungaria als zweiter Ausländerverein nach Botecchia (1950) in den Fussballverband der Nordwestschweiz aufgenommen worden war, machte unser Club erst im Ausland auf sich aufmerksam.

Im Jahre 1958 an Ostern wurde der SC Hungaria nach Loano eingeladen, um gegen die dortigen italienischen Halbprofis der Liga C anzutreten. Vor 1200 Zuschauern spielten wir ein sehr beachtliches Spiel und führten sogar einmal. Aber am Schluss machte sich die mangelhafte Harmonie der Mannschaft doch bemerkbar, und wir mussten uns mit einem 2:2 gegen die USG Loano begnügen. Der Empfang der Zuschauer aber war vor, während und nach dem Spiel überwältigend.

Der schnelle Aufstieg

Das war für uns eine sehr wichtige Motivation für die Zukunft. Wieder zurück in der Schweiz fingen wir im Herbst 1958 in der 4. Liga an, wo wir schnell Erfolge feierten. Gleich in der ersten Saison schaffte die technisch hervorragende Mannschaft den Aufstieg in die 3. Liga, in welcher wir anschliessend bis 1974 verbleiben konnten.

Das grosse Problem des SC Hungaria stellt heute der Mangel an Nachwuchsspielern dar. Die vollständig assimilierten jungen Ungarn der zweiten Generation ziehen es in der Regel vor, mit ihren Freunden zusammen in einem Schweizer Verein zu spielen. Und so steigt das Durchschnittsalter der Fussballer des SC Hungaria ohne die erforderliche «Blutauffrischung» sukzessive an. Inzwischen haben etliche Spieler den Verein schon längst verlassen, um bei anderen Vereinen die Bank zu drücken, anstatt bei uns regelmässig zu spielen.

Als 1974 die stark veränderte Mannschaft des Gründungsiahres in die 4. Liga absteigen musste, entschloss sich der SC Hungaria, fortan bei den Senioren zu spielen. Später, als das Durchschnittsalter der Spieler bereits auf über 45 Jahre angestiegen war, beschlossen wir, bei den Veteranen weiter zu spielen.

Die Mannschaft wird nicht jünger

Heute, 56 Jahre nach der Gründung  Vereins, denken wir mit grosser Sorge an die Zukunft. Wie lang werden wir noch bei den Veteranen mitwirken können, oder gelingt es uns doch noch, einige jüngere Ungarn oder andere Interessenten in unseren Verein einzugliedern?

Obwohl wir uns ausgezeichnet in unserer neuen Heimat eingelebt haben und uns als Schweizer fühlen, wollen wir Ungarn in unserem Verein für alle ausländischen Spieler offen bleiben. Uns liegt viel daran, die Kontakte zu Ungarn, unseren Landsleuten, zur ungarische Sprache und Kultur nicht ganz zu verlieren.

Und zum Schluss: Wir danken der Schweiz, dass sie uns solidarisch aufgenommen hat und sind auch stolz darauf, dass die Schweiz uns Ungarn vollständig als Schweizer gefördert und anerkannt hat.

Ein Bericht der NZZ aus dem Jahr 2006 widmet sich ebenfalls dem Schicksal des SC Hungaria.

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