Der erste Titel für Tuchel und dann Tschüss?

Eintracht Frankfurt fordert an diesem Samstag (20 Uhr) als Aussenseiter Borussia Dortmund im 74. Endspiel um den DFB-Pokal heraus. Doch der Nachgang wird mindestens so spannend erwartet wie der Final selbst und die Antwort auf die Frage: Trennen sich die Wege von Dortmund und Trainer Thomas Tuchel?

Trainer Thomas Tuchel vom Fu�ball-Bundesligisten Borussia Dortmund bereitet am 26.05.2017 im Olympiastadion in Berlin das Training vor. Im Endspiel um den DFB-Pokal stehen sich am 27.05.2017 Eintracht Frankfurt un Borussia Dortmiund gegen�ber. (KEYSTONE/DPA/A3511/_Soeren Stache)

(Bild: Keystone/Soeren Stache)

Eintracht Frankfurt fordert an diesem Samstag (20 Uhr) als Aussenseiter Borussia Dortmund im 74. Endspiel um den DFB-Pokal heraus. Doch der Nachgang wird mindestens so spannend erwartet wie der Final selbst und die Antwort auf die Frage: Trennen sich die Wege von Dortmund und Trainer Thomas Tuchel?

Niko Kovac ist dieser Tage blendend gelaunt. Der Trainer von Eintracht Frankfurt, den eine grosse Offenheit auszeichnet, lacht und lächelt bei jeder Gelegenheit. Kein Wunder: Der Deutsch-Kroate ist wieder in seinem Revier. In Berlin, seiner «Mutterstadt», wie er bei jeder Gelegenheit gern hervorhebt.

Und das, um den bisher grössten Erfolg seiner noch jungen Trainerkarriere wahr werden zu lassen und seine Mannschaft, seinen Klub und seine neue Heimat Frankfurt über den fünften Triumph in einem DFB-Pokalfinale nach 1974, 1975, 1981 und 1988 jubeln zu lassen.

«Es wird ein cooles Ding», hat der coole Sportsmann mit den exzellenten Umgangsformen und dem grossen Herzen auch für Verlierer vor dem Duell mit dem Favoriten Borussia Dortmund gesagt.



epa05991536 Eintracht Frankfurt's head coach Niko Kovac (L) and Borussia Dortmund's head coach Thomas Tuchel (R) pose for photographers with the DFB Cup trophy during a press conference at the Olympic stadium in Berlin, Germany, 26 May 2017. Eintracht Frankfurt will face Borussia Dortmund in the German DFB Cup final on 27 May 2017 in Berlin. EPA/FRIEDEMANN VOGEL

Objekt der Begierde: Frankfurts Trainer Niko Kovac (links) und Thomas Tuchel mit dem DFB-Pokal. (Bild: Keystone/Friedemann Vogel)

Blendende Laune versteht auch Thomas Tuchel zu verbreiten, Kovacs Kollege und Rivale an diesem Samstagabend (20.00 Uhr, ARD live). Der 45 Jahre alte Kovac nennt den zwei Jahre jüngeren bayerischen Schwaben ein «Genie». Da aber Genies sich manchmal schwer tun mit dem Leben der anderen, umweht Tuchel die Aura eines vielgesichtigen Menschen.

Der Konflikt

Tuchel gilt in seiner Launenhaftigkeit gar als schwer berechenbar. Manche halten ihn auch für einen rücksichtslosen Egoisten. Daraus rührt wohl der Konflikt zwischen ihm und dem BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der lange vor dem Attentat auf den Dortmunder Mannschaftsbus am Tag des Champions-League-Viertelfinalhinspiels gegen AS Monaco schwärte und danach erst richtig aufflammte.

Als Tuchel wie ein einfühlsamer Krisenmanager mit allen Insignien der Eigenwerbung daherkam und dabei Watzke ohne Namensnennung wie einen kalten Technokraten aussehen liess, war das Tischtuch zwischen den beiden Alphafiguren des zweitgrössten deutschen Klubs endgültig zerschnitten.

Mit dem Schlussstrich unter eine zwei Jahre lang schwierige, zum Schluss kaum noch auszuhaltende Beziehung unter den Protagonisten wird für die Woche nach dem Pokalfinale gerechnet. Tuchel wird nach dieser Saison, so die Vermutung fast aller Beobachter, gehen müssen.



ARCHIV - Fu�ball: Bundesliga - 7. Spieltag: Borussia Dortmund - Darmstadt 98 am 27.09.2015 im Signal-Iduna-Park in Dortmund (Nordrhein-Westfalen). Dortmunds Gesch�ftsf�hrer Hans-Joachim Watzke und Trainer Thomas Tuchel begr��en sich vor der Partie. (zu dpa-Meldung: �Chronik einer Entfremdung: Coach Tuchel versus Vereinsboss Watzke� vom 24.05.2017) (KEYSTONE/DPA/A4014/_Marius Becker)

Ein Bild der Eintracht: Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Trainer Thomas Tuchel im September 2015. Mittlerweile ist das Tischtuch zerschnitten. (Bild: Keystone/Marius Becker)

Am Freitag trat der Trainer zu seiner mutmasslich vorletzten Medienkonferenz in Dortmunder Diensten auf, als er und Kovac sich ein letztes Mal zur aktuellen Lage vor dem Showdown im Olympiastadion äusserten. Überraschungen hatte weder der eine noch der andere in petto.

Tuchel, ein paar Stunden vor dem Abschlusstraining schon im Arbeitsdress Trainingsanzug, umkurvte die Frage nach seinem möglicherweise bevorstehenden Abschied sehr geschickt und überaus professionell, als er sagte: «Meine persönliche Situation spielt keine Rolle in der Vorbereitung auf das Endspiel. Ich spüre gerade eine grosse Ruhe. Wir sind positiv gestimmt. Alle Gedanken von allen bei Borussia Dortmund gelten ausschliesslich dem Spiel.»

Tuchel weg und Aubameyang auch?

Dem widerspricht Watzke nicht die Spur. «Wir setzen uns nach dem Finale zusammen, und dann werden wir sehen. Vorzugreifen wäre unseriös», sagt Tuchels Vorgesetzter zum Dortmunder Reizthema. Auch mit dem angeblich abwanderungswilligen Bundesliga-Schützenkönig Pierre-Emerick Aubameyang, den es angeblich für die bombastische Ablösesumme um die achtzig Millionen Euro zu Paris Saint-Germain zieht, werde es nach dem Pokalendspiel ein klärendes Gespräch geben.

» Was man vor dem 74. DFB-Pokalfinale wissen sollte

In Frankfurt ist die wichtigste Personalfrage seit dem Dienstag geklärt, als der auch anderwärts geschätzte Niko Kovac unzweideutig auf seinen bis zum 30. Juni 2019 geltenden Vertrag hinwies und hervorhob: «Ich werde definitiv bleiben.»

Im Ausgehanzug der Eintracht auf dem Podium in den Katakomben des Berliner Olympiastadions sitzend, durfte Kovac am Freitag gefahrlos persönlicher als Tuchel werden und sich «als Trainer, auch als Mensch» darüber freuen, «dass es die Eintracht geschafft hat, ins Finale zu kommen. Das ist schon einmalig.»

Der Nachgang ist genauso spannend wie der Final

Das Beste aus der Frankfurter Aussenseiterrolle zu machen, ist eine Aufgabe, die diesem Meister der defensiv grundierten Strategie liegen dürfte. Auch Tuchel zollte der Eintracht vor diesem Spiel des Jahres Respekt. «Eintracht Frankfurt und Niko strahlen sehr viel Selbstvertrauen aus. Da ist eine ganz klare Handschrift zu erkennen. Wir aber wollen das Tempo bestimmen, dominant und effektiv sein.» Das muss der dreimalige Pokalgewinner Borussia (1965, 1989, 2012) auch, will er sich mit seiner Offensivpower gegen die Frankfurter Verteidigungskünstler durchsetzen.

Was folgt, ist ein Nachspiel, das genausoviel öffentliches Interesse hervorrufen wird wie das Berliner Finale selbst. Im Moment spricht aber nichts dafür, dass sich am erwarteten Ausgang, der Trennung zwischen dem BVB und seinem erfolgreichen Trainer, noch irgendetwas ändern wird. Thomas Tuchel kann also binnen weniger Tage seinen ersten Titel gewinnen und trotzdem seinen Job verlieren. So etwas kommt nicht alle Jahre wieder vor.

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