Dem FC Basel wurden die Limiten beim 0:4 in Porto derart schonungslos aufgezeigt, dass gar nicht erst Katzenjammer aufkommen kann. Präsident Bernhard Heusler erachtet es als ganz gesund, wenn manchmal die Dimensionen zurechtgerückt werden.
Vielleicht mag der Mensch Kreise deswegen so gerne, weil sie Harmonie in eine sonst so chaotische Welt bringen. Wenn sich ein Kreis schliesst, dann umfasst der Anfang das Ende – und alles ist rund.
Also steht Bernhard Heusler am Aeroporto Francisco Sà Carneiro in Porto und sagt: «Wir haben die Champions League mit einem 1:5 bei Real Madrid begonnen, wir haben sie mit einem 0:4 in Porto beendet. Der Kreis ist geschlossen.»
Der Präsident des FC Basel weist seinem Club und seiner Mannschaft damit den schnellsten Weg, dieses Ausscheiden im Achtelfinal der Champions League zu verarbeiten: Etwas, das abgeschlossen ist, kann beiseitegelegt werden, es muss einen nicht weiter belasten.
Der freie Geist
Und die Basler brauchen diesen «freien Geist», wie es Trainer Paulo Sousa nennt, um die Aufgaben zu bewältigen, die der FCB seit jeher als seine Kernkompetenz erachtet: Den Gewinn der Schweizer Meisterschaft, der es erst ermöglicht, in der kommenden Saison wieder einen Kreis zu beginnen, in dem vielleicht erneut Mannschaften wie Real Madrid, der FC Liverpool oder der FC Porto vorkommen.
Möglich, dass dieser Dienstagabend im Estadio do Dragao dem FCB mit Blick auf Meisterschaft und Cup geholfen hat. Nicht, weil die Basler nun Kraft sparen, da sie sich ganz auf die Heimat konzentrieren können. «Internationale Erfolge setzen immer auch zusätzliche Energie frei», sagt Sousa dazu.
«Sie waren besser, Punkt, Schluss»
Aber den Rotblauen wurden ihre Grenzen derart deutlich aufgezeigt, dass sie gar nicht lange darüber sinnieren müssen, warum sie gescheitert sind. «Es fällt nicht schwer zuzugeben: Sie waren besser. Punkt, Schluss», sagt Marco Streller, der in Porto seinen letzten Europacup-Abend erlebte.
«Eine kurze Leere» fühlte der Ende Saison abtretende Captain nach dem Schlusspfiff, «aber dann sind wir zu unseren Fans, die uns applaudiert haben. Das tut gut, denn sie wissen, wo wir herkommen.»
Und das ist eben die Schweizer Super League, wo alles etwas kleiner ist als in den grossen europäischen Stadien, die der FCB in den letzten Jahren auf seinen Europareisen besucht hat.
Die Dimensionen aufgezeigt erhalten
Wenn Bernhard Heusler sagt, den Baslern seien im Dragao «die Dimensionen» aufgezeigt worden, dann meint er nicht nur die sportliche Überlegenheit der Portugiesen auf dem Rasen. Dann spricht er auch über seinen Besuch im Clubmuseum des FC Porto, «in dem all die Pokale stehen, die man auf dieser Fussballwelt nur gewinnen kann».
Die eigenen Grenzen aufgezeigt zu erhalten – das ist für den FCB-Präsidenten ein Erlebnis, dem er durchaus positive Seiten abgewinnen kann: «Manchmal ist das auch gut so.» Gut vor allem für die Führungsetage des FCB, «weil es unsere Arbeit ist, den Club realistisch zu führen».
Das bedeutet für den FCB, dass er weiterhin darum ringen muss, sein wildes Doppelleben unter einen Hut zu bringen, das er einerseits in der Schweiz und andererseits im restlichen Europa führt. Eine Mannschaft, die in der Champions League mithalten soll, ist zwangsläufig zu teuer für die Super League. Ein Kader aber, das nur auf die Schweizer Wettbewerbe zugeschnitten ist, wird europäisch eher früher denn später seine Limiten aufgezeigt erhalten.
Ein Spagat, der gut gelungen ist
Dass sie nun zum fünften Mal in Serie international überwintern konnten, dass sie dabei zweimal unter den besten 16 der Champions League standen, beweist, wie gut den Baslern dieser Spagat zuletzt gelungen ist. Eine Garantie, dass es einfach so weitergeht, lässt sich daraus aber nicht ableiten.
«Du kannst dir als FCB keine Ziele in der Champions League setzen», meint Heusler. Deswegen geht es für ihn nun auch weniger darum, den eroberten Platz in Europa zu verteidigen, sondern mehr darum, «die Nummer 1 der Schweiz zu bleiben».
Das Fazit war schon im Dezember gezogen
Auf dem Weg zu diesem Ziel war das 0:4 in Porto nichts, was Heusler «besonders weh» getan hätte: «Es ging in diesem Spiel nicht um die Zukunft des Clubs.» Denn das stand ja am Anfang der Grenzerfahrung im Dragao: Dass den Baslern überhaupt das Meisterstück gelungen ist, eine Gruppenphase mit Real Madrid und dem FC Liverpool zu überstehen. «Wenn du als FCB die Achtelfinals der Champions League erreichst», sagt Heusler, «dann ist das Fazit über die Kampagne bereits im Dezember gezogen.»
Es ist – natürlich – ein positives. Mehr als die Achtelfinals der Champions League scheinen für eine Schweizer Mannschaft schlicht ausserhalb der realistischen Möglichkeiten. Den Baslern bleibt in diesem Geschäft nur das, was sie zuletzt so erfolgreich getan haben: Sie schleichen sich an die überreich gedeckte Tafel der ganz Grossen im europäischen Fussball und greifen sich, was sie können.
In Porto träumt man vom Champions-League-Final, Basel reist nach St. Gallen
Aber irgendwann ist Schluss, irgendwann müssen sie akzeptieren, dass sie nur zu Gast sind in dieser faktisch geschlossenen Gesellschaft, in der Milliarden an TV-Geldern verteilt werden und wo sich die Clubs Transfersummen in mindestens doppelstelliger Millionenhöhe hin und her schieben.
In Porto ist nun dieser Moment gekommen, in dem der FCB hinaus komplimentiert wurde aus dem Kreis der Grossen. In Portugal reden sie nach dem 4:0-Triumph bereits von der Chance, den Final der Königsklasse erreichen zu können. Etwas, das ihnen Marco Streller durchaus zutraut.
Für den FC Basel aber geht das Tagesgeschäft weiter. Am Sonntag geht es zum FC St. Gallen. Die Ostschweizer sind eine von zwei Mannschaften, die den FCB in dieser Saison bislang zweimal bezwingen konnten. Die andere heisst Real Madrid.