Die Startviertelstunde der zweiten Halbzeit ist dem FC Basel im Rückspiel gegen Chelsea zünftig daneben gegangen, soviel steht fest. Was genau passiert ist, ist anhand der Pass-Statistik gut erkennbar.
Neun Minuten hat der Chelsea FC gebraucht, um dem FC Basel den Zahn zu ziehen. Neun Minuten, in denen die Londoner den Baslern in diesem Rückspiel des Halbfinals der Europa League die Grenzen aufzeigten. Aber wie haben sie das gemacht? Und hätte der FCB nicht sogar etwas dagegen tun können?
Die Website des Magazins Fourfourtwo macht für die Europa League Statistiken allgemein zugänglich, die dabei helfen, diese Fragen zu beantworten. Sie bestätigen, was ex-FCB-Mittelfeldspieler Benjamin Huggel als TV-Experte schon während der Partie diagnostizierte: Den Baslern gelang es nach der Pause während einer verhängnisvollen Viertelstunde nicht mehr, den Ball in den eigenen Reihen zu halten.
Wie krass der FCB in dieser Phase unter Druck geriet, zeigt der Vergleich der Pass-Zahlen in den 15 Minuten vor und nach dem Seitenwechsel. In der Viertelstunde vor ihrem Führungstor spielten die Rotblauen mehr als doppelt so viele Pässe wie Chelsea: 105 zu 52.
Nach der Pause sinkt der Basler Wert gespielter Pässe auf 67, der von Chelsea steigt auf 73. Weit wichtiger aber: Der FCB spielt in dieser entscheidenden Phase 18 Fehlpässe.
Ebenfalls zu sehen: Die Basler kommen kaum mehr aus ihrer eigenen Platzhälfte. Und während vor der Pause die meisten Fehlpässe in der Angriffszone passieren, verliert der FCB die Bälle danach auf Höhe der Mittellinie. Also in jenem Moment des Spielaufbaus, in dem eine Mannschaft am verwundbarsten ist, wenn der Gegner den Ball erobert und dann schnell auf Angriff schaltet. So, wie beim 1:1, bei dem Eden Hazard den Raum nutzen kann, der zwischen dem aufgerückten defensiven Mittelfeldspieler Fabian Frei und den Basler Innenverteidigern entstanden ist.
Dieser Frei sagt nach dem Spiel, die Mannschaft sei vielleicht zu euphorisiert gewesen nach der 1:0-Führung zur Pause. Wie sich diese Euphorie auswirkt, zeigt sich besonders krass am Beispiel von Geoffroy Serey Die. Vor der Pause spielt der Ivorer bloss einen Fehlpass. Was auch daran liegen dürfte, dass er wenig das Risiko sucht, sondern in erster Linie darum bemüht ist, den Ball in den eigenen Reihen zu halten.
Acht von Serey Dies vierzehn Zuspielen unmittelbar vor der Pause sind Rückpässe. Nach dem Seitenwechsel dagegen kennt er nur noch eine Richtung: vorwärts. Prompt spielt er rund um die Mittellinie drei Fehlpässe. Er verpasst es, in einem Stadium der Begegnung, in dem sein Team unter starkem Druck steht, durch Ballhalten Ruhe ins Spiel zu bringen.
Das ist, was nicht nur Serey Die, sondern der FCB als Gesamtes in diesem Momenten nicht gut macht: Er verliert zu schnell den Ball, kommt so nie zur Ruhe und gerät zudem aus der Ordnung.
Doch das machen die Basler nicht freiwillig. Sie werden von Chelsea dazu gezwungen. Den Londonern gelingt es, die Offensivspieler des FCB komplett von der Ballzufuhr abzuschneiden. Ein Valentin Stocker, der sich in der Viertelstunde vor der Pause drei abgeblockte Torschüsse und ein Assist notieren lässt, kommt gar nicht mehr dazu, seine Stärken auszuspielen. Er erhält schlicht keinen Ball mehr, mit dem er etwas anstellen könnte.
Bei aller individuellen Klasse hat Chelsea den FCB also auch ein wenig dank den taktischen Massgaben des in London so sehr geschmähten Trainers Rafael Benitez ausgeschaltet.
Wenn die Basler etwas aus den beiden Spielen gegen Chelsea gelernt haben, dann aber vor allem dies: Auf internationaler Ebene gewinnt zwar manchmal die Mannschaft mit mehr Herz. Meist aber jene, die mehr Cleverness beweist.