Am Anfang war das wenig in Tuggen, am Schluss wurde es richtig gut. Mit dem bisher souveränsten Auftritt im laufenden Schweizer Cup qualifiziert sich der FC Basel für die nächste Runde.
Zum Schluss gab es Tuggner Schokolade, einen Schal und ein herzliches Dankeschön von Küde, dem Moderator dieses windigkalten Nachmittags. «Danke, Herr Murat Yakin. Danke, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben. Auf Wiedersehen in der March!»
Küde sprach die Wahrheit. Denn es ist tatsächlich keine Selbstverständlichkeit, dass sich Herr Murat Yakin Zeit für einen unterklassigen Gegner im Cup nimmt. Gegen die Basler Old Boys liess er seine Assistenten ran (was für ein Murks!); gegen Münsingen war er zwar irgendwie da, aber irgendwie auch nicht (was für ein Murks!). Aber hier und heute, gegen Tuggen, den besten Verein des Kantons Schwyz, da war er tatsächlich anwesend. Und traf sogar die richtigen Entscheidungen.
Willkommen in der March
Bevor wir allerdings den wohl besten Auftritt des FC Basel im Schweizer Cup dieser Saison gebührend würdigen (der im übrigen ohne Kwang-Ryong Pak stattfand, der erstaunlicherweise nicht mal mit nach Tuggen reisen durfte), ein paar Worte zum Austragungsort dieses Cup-Achtelfinals. Nach Tuggen kommt man ja nicht alle Tage.
Das Losglück bleibt dem FCB treu. Im Viertelfinal trifft er am 4. Dezember mit Le Mont auf den letzten verbliebenen 1.Ligisten. Die Waadtländer haben dieses Wochenende auf dem «Terrain du Châtaignier» die Berner Young Boys gleich mit 4:1 aus dem Cup geworfen.
Und darum: Willkommen in der March!
Wo die Bushaltestelle vorab von getunten Autos als Parkplatz gebraucht wird (ein Problem ist das nicht, der Bus fährt nur einmal pro Stunde). Wo die zwei konkurrierenden Autofahrschulen des Dorfs in eben jenem Bus Werbung für ihre Nothelferkurse machen (ein längerfristiges Engagement – die Daten lassen sich mit Folienschreiber immer wieder korrigieren). Wo der Oberst im Generalstab sein Käppi gerne als Ergänzung des Privattenues an den Match mitnimmt (dabei gibt das nicht einmal warm!). Und wo der Präsident des FC Basel im Festzelt beim Interview seine Sprache um genau jenes Grad derber macht, den es für die Herzen der March-Bewohner braucht.
Vorurteile auf beiden Seiten
In der ersten Halbzeit – und hier wechseln wir nun wieder zum Fussball – taten auch die Gäste aus der Stadt einiges, um ihrerseits einige der gängigsten Vorurteile über den Stadtclub und seine aktuelle Verfassung zu bestätigen. Die Degen-Brüder stiegen rustikal wie eh und je in ihre körperlichen und verbalen Zweikämpfe (was die Tuggner Fans mit herzhaften Pfiffen und dem einen oder anderen «Buuh!» quittierten).
Mohamed Elneny schoss links und rechts am Tor vorbei. Die Abwehr sortierte sich bei Standards der Tuggner nach dem Prinzip Zufall, und ganz generell darf festgehalten werden: Hätte der FC Tuggen in seiner ersten Sturm- und Drangphase eine seiner zwei, drei Chancen tatsächlich verwertet – dem FCB wäre ein Antwort wohl schwer gefallen.
Da war wenig Linie im Spiel, da waren wenig Ideen, scheinbar kein Konzept, kein Plan. Salah trudelte wie ein entkoppelter Astronaut über die endlichen Weiten des Sportplatz an der Linthstrasse, Stocker biss sich in vielen Zweikämpfen fest, und die Degen-Brüder nahmen sich auf der rechten Platzhälfte gegenseitig den Raum weg.
Pause, 0:0, zwei Teams auf Augenhöhe, Auftritt Murat Yakin. «Wir müssen flexibler sein, überraschender. Darum habe ich angeregt, dass Salah und David Degen öfters ihre Position tauschen sollten», sagte der FCB-Trainer nach dem Spiel.
Es war der entscheidende Kniff. Plötzlich war Raum, vor allem für Philipp Degen, der in der zweiten Hälfte regelmässig bis zur Grundlinie vorstiess und bei einem dieser Vorstösse (auf Pass von seinem Bruder) in der 52. Minute das 1:0 durch Mohamed Salah vorbereite. Das 2:0 fiel nur sechs Minuten später durch eine (feine!) Einzelleistung von Giovanni Sio, der seinem Gegenspieler brutal die Grenzen aufzeigte. Kurze Drehung, kurze Beschleunigung, den Ball gelupft. Tor.
Ungefährdet
Den Spielern des Tuggen waren die ersten 45 Minuten, die sie mit grossem, grossem Einsatz und sehr diszipliniert hinunter gespielt hatten, nun anzusehen. Sie konnten sich kaum mehr aus dem Pressing der Basler lösen, hatten Mühe, den Ball für längere Zeit zu halten und vermissten den ordnenden Captain Daniel Senn, der in der Pause verletzt ausgewechselt werden musste.
Der Anschlusstreffer fiel darum eher überraschend (Germano Vailati sieht beim Schuss von Krasniqi aus spitzem Winkel nicht besonders gut aus) und hatte auch keine beunruhigende Wirkung mehr auf den FCB. Nach einem erneuten Vorstoss bis zur Grundlinie staubte Marcelo Diaz ab: 3:1 in der 82. Minute, Entscheidung, aus aus aus.
Der Rest war der Austausch von Nettigkeiten. Baykal, der ehemalige Basler, der sein Leibchen mit dem «einzigen, der wirklich ganz gross werden kann» getauscht hatte (er meinte Salah), war beeindruckt von der Professionalität seines ehemaligen Clubs. «Der FCB ist halt nicht YB», sagte Baykal nach dem Spiel vor dem Club-Restaurant. «Der FCB reist nach dem Champions-League-Spiel gegen Bukarest nach Tuggen und nimmt das Spiel genau so ernst.»
Die Komplimente gingen auch in die andere Richtung. Fabian Frei hatte einen harten Kampf erwartet und wurde in seiner Erwartung bestätigt: «Wir wissen, dass in der 1. Liga Promotion guter Fussball gespielt wird. Entsprechend parat waren wir.»
Was man nicht von jeder Partie im Schweizer Cup behaupten kann (wir erinnern hier und hier). Aber was interessiert mich der Stiefel von gestern. Für die meisten Spieler des FCB geht es nun in die Nationalmannschafts-Pause (ein Reislein nach Südkorea für die Schweizer), der FC Tuggen trifft am Mittwoch auf Etoile Carouge und später zuhause auf die zweite Mannschaft des FCB. Geschenke sind für diesen Besuch keine mehr vorgesehen.