Der FCB und Paulo Sousas pausenlose Fussballwelt

Nach anfänglichen Schwierigkeiten, Zeiten grosser Kritik und der Suche nach der richtigen Mannschaft ist Paulo Sousa in Basel angekommen. Ein Einblick in die Gedankenwelt des Portugiesen und dessen Bedeutung für den FCB.

epa04522324 Basel's head coach Paulo Sousa celebrates going through to the next round of the UEFA Champions league after drawing with Liverpool 1-1 during the UEFA Champions League match between Liverpool and FC Basel at Anfield in Liverpool, Britain, 09 December 2014. EPA/PETER POWELL (Bild: Keystone/PETER POWELL)

Nach anfänglichen Schwierigkeiten, Zeiten grosser Kritik und der Suche nach der richtigen Mannschaft ist Paulo Sousa in Basel angekommen. Ein Einblick in die Gedankenwelt des Portugiesen und dessen Bedeutung für den FCB.

Als Paulo Sousa die Gangway ins Flugzeug von Liverpool nach Basel hochsteigt, setzt der Regen ein. Ein kurzer Moment bleibt dem Trainer des FC Basel, um einen tiefen Blickkontakt herzustellen und damit die Eindringlichkeit seiner Aussage zu unterstreichen: Man solle sich mit der Neurowissenschaft befassen, so der Portugiese, der sich nach seiner Zeit als Profi dem Studium alternativer Trainingsmethoden widmete. In diesem Augenblick wird der Eindruck bestätigt, dass der 44-Jährige in seinem Leben grossen Wert auf methodische Detailarbeit legt.

Ein Leben, ganz für den Fussball, ein Leben, das viel intensiver sei als noch zu Zeiten, als er selbst die Fussballschuhe schnürte. «Als Coach ist es schwierig, seine Gedanken abzuschalten. Auch wenn man mit der Familie zusammen ist oder zu relaxen versucht», schildert Sousa, «man ist also immer am Arbeiten.»

Ein Ziel hat Sousa bereits erreicht

Seit knapp zehn Jahren ist er jetzt Trainer und der Meinung, dass ein solches Leben zwar intensiv, aber trotzdem lange durchzuhalten sei. «Es ist unglaublich, zu was das menschliche Wesen fähig ist», sagt er, die Energie sei fast unerschöpflich und letztendlich alles eine Frage des Willens.

Nach der ersten Saisonhälfte liegt der FC Basel mit acht Punkten Vorsprung auf den FC Zürich an der Tabellenspitze der Super League und ist auf bestem Weg, möglicherweise gar unangefochten die nächste Meisterschaft zu gewinnen. Kein Grund für Sousa, nicht bereits einen Tag nach dem 1:1 in Liverpool weiter an der Zukunft des FC Basel zu arbeiten. Einen persönlichen Wunsch hat er sich mit der Achtelfinal-Qualifikation bereits erfüllt: Teil der Geschichte des FCB zu werden. «Das ist phantastisch», sagt er.

Basel's head coach Paulo Sousa, right, and Liverpool's head coach Brendan Rodgers shout out from the touchline during the Champions League Group B soccer match between Liverpool and FC Basel at Anfield Stadium in Liverpool, England, Tuesday, Dec. 9, 2014. (AP Photo/Jon Super)

Die Coaching-Zone teilte sich Sousa an der Anfield Road mit Brendan Rodgers. Die Gefühlswelt nach dem Spiel nicht mehr. (Bild: Keystone/JON SUPER)

Präsident Bernhard Heusler hatte noch vor dem Spiel in Liverpool gemutmasst, dass sich im Erfolgsfall andere Vereine für den FCB-Trainer interessieren könnten. Sousa selbst glaubt nicht, dass sich mit diesem dicken Ausrufezeichen auf europäischer Ebene nun plötzlich unverhoffte, besondere Gelegenheiten für ihn ergeben könnten. Er sagt aber auch: «Die Türen stehen immer offen, weil ich die Einstellung habe, weiter zu wachsen.»

Zuerst unverstanden, dann die richtige Mannschaft gefunden

Dass er nach einem halben Jahr beim FCB überhaupt zu Fragen nach seiner persönlichen Zukunft Stellung nehmen muss, ist alles andere als selbstverständlich. Vor allem deswegen, weil im Herbst die Kritik an ihm so gross wurde, dass er sich mit Statistiken zu rechtfertigen versuchte.

Er fühlte sich nach der 1:5-Niederlage gegen Real Madrid, den aus seiner Sicht «besten Verein der Welt», unverstanden. Inzwischen hat er nach einer Welle nicht enden wollender Rotationen den Kern seiner Mannschaft gefunden. Dieser Kern wie auch die restliche Mannschaft mussten sich auf Sousas neue Ideen einlassen.

Obwohl die Resultate von Anfang an weitgehend stimmten, ist das System mit ein Grund, warum es nicht gleich rund lief. «Ich glaube, dass das Einbringen neuer Ideen einen grossen Einfluss hatte. Es war ein kompletter Schnitt in der Fussballphilosophie», bilanziert Sousa. In der Tat hat er dem FCB ein offensives Gesicht gegeben. Ein offensiveres jedenfalls, als es die Mannschaft unter Murat Yakin zu zeigen im Stande war.

Sousa hat vor allem mit Marco Streller in der Spitze, Luca Zuffi und Derlis Gonzalez dahinter sowie dem Flügel Shkelzen Gashi, der Pferdelunge Mohamed Elneny und dem Dreh- und Angelpunkt Fabian Frei ein Sextett, das Erfolge bringt. Gepaart mit einer Defensive, die zuletzt nur noch selten – und schon gar nicht aus dem Spiel heraus – bezwungen wurde, ergibt sich eine Mischung, die Europas Fussballwelt einmal mehr nach Basel schauen lässt.

Wo eine Attitüde ist, ist auch ein Weg

Der regelmässige Einsatz dieser Stammspieler führt dazu, dass sich ein Teil des Kaders mit weniger Einsatzminuten zufrieden geben muss. «Ich kann aber versichern, dass es mehr glückliche als unglücklich Spieler bei uns gibt», hält Sousa fest. Er schliesst gleichwohl nicht aus, dass es im Winter personelle Wechsel geben wird.

Auf dem Rasen, der in Liverpool die Welt bedeutet, haben Sousas Spieler eine Leistung gezeigt, die Sousa in höchsten Tönen lobt: «Wir wären nahe an der Perfektion gewesen, wenn wir das zweite Tor erzielt hätten.» Wenn. Sousa hätte sich keinen Namen als akribischer Fussballlehrer gemacht, wenn er nicht weiterhin Steigerungspotenzial bei seiner Mannschaft sehen würde. «Vor allem im mentalen Bereich können wir noch weiterkommen», sagt der Mann, für den Verbesserungen einen Frage der Attitüde sind: «Wenn man bereit ist, zu wachsen, dann findet man dafür auch einen Weg.»



Rede und Antwort: Paulo Sousa bei der Rückreise am John Lennon Airport von Liverpool.

Rede und Antwort: Paulo Sousa bei der Rückreise am John Lennon Airport von Liverpool. (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

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