Der Frauenfussball in Therwil und seine zum Himmel stinkende Pionierzeit

Der regionale Frauenfussball hat seine Wurzeln in Therwil. Dort wurde – zwei Jahre nach Gründung der Schweizerischen Damenfussball-Liga (SDFL) – das erste Damenteam der Nordwestschweiz ins Leben gerufen. Die Pionierarbeit hat sich in vielerlei Hinsicht gelohnt. Und trainiert werden muss schon lange nicht mehr auf einem Hundespielplatz …

Selbst ist die Frau: Spielerinnen des DFC Therwil in den Anfangsjahren des Frauenfussballs.

Der regionale Frauenfussball hat seine Wurzeln in Therwil. Dort wurde – zwei Jahre nach Gründung der Schweizerischen Damenfussball-Liga (SDFL) – das erste Damenteam der Nordwestschweiz ins Leben gerufen. Die Pionierarbeit hat sich in vielerlei Hinsicht gelohnt. Und trainiert werden muss schon lange nicht mehr auf einem Hundespielplatz…

Fussball und Frauen – an diesen Gedanken musste sich gerade die Schweiz, die ihren Bürgerinnen erst am 16. März 1971 endlich das Stimmrecht einräumte, erst einmal gewöhnen. Schon rund ein Jahr zuvor war in Bern zwar die nationale Damenfussball-Liga (SDFL) gegründet worden, doch am Umstand, dass die Ladies nun auch noch kicken wollten, störte sich die bisherige Männerdomäne Fussball ziemlich offen.

Fussballgeschichten aus der Region

Zum 75. Geburtstag des Fussballverbandes Nordwestschweiz kommt es zu einer ­Kooperation mit der Tages­Woche. Das Ziel: Online entsteht eine interaktive Geschichte des Fussballs in der Region, auf der die wichtigsten Ereignisse des regionalen Fussballs, Anekdoten und Erinnerungen auf einer Zeitleiste dargestellt werden. ­

In Therwil war das nicht viel anders, und trotzdem liessen sich im Frühjahr 1972 einige Fussballerinnen ihre Freude an diesem Sport nicht nehmen und gründeten am 12. März den DFC Therwil. Initiant, Trainer und Wegbereiter war Max Derendinger. Doch als Untersektion im FC Therwil war man zunächst bestenfalls geduldet, mehr nicht.

Die Frauen sollten für ihren Betrieb finanziell selbst aufkommen – als Trainingsplatz wurde ein Wiese bei der Turnhalle zugeteilt, die vor allem als Hundespielplatz bekannt war. Und das hatte seine Begleiterscheinungen. Des öftern mussten die fussballspielenden Frauen die Hundekothäufchen umdribbeln – und auch der Duft, der über dem Spielplatz in den Vorzeiten das hygienischen Kotbeutels schwebte, war nicht eben «ladylike».

Eine Taktik war damals: Die Frauen schminkten sich vor den Trainings, um bei den Verantwortlichen Aufmerksamkeit und zusätzliches Mitgefühl für die doch sehr spezielle Trainingssituation zu wecken. Doch es gab kein entsprechendes Feedback.

Erste Erfolge und der Besuch der Gold-Maite

Unter diesen Voraussetzungen hatte der Frauenfussball in Therwil zu gedeihen. In der Saison 1972/73, es gab damals in der Schweiz ganze 31 Frauenteams, nahm der DFC Therwil erstmals an der Meisterschaft in der 2. Liga teil. Schon bald stellten sich die ersten Erfolge beim noch jungen Gebilde ein.

Der DFC Therwil in der Saison 1975/76, stehend v. l.: Max Derendinger (Präsident), Renate Stöcklin, Rebecca Jäggy, Ursula Fisch, Verena Widmer, Catherine Meyer, Claudia Higy, Pierette Meister, Waltraut Gschwind, Ernst Dollinger (Trainer). Kniend v. l.: Co

Der DFC Therwil in der Saison 1975/76, stehend v. l.: Max Derendinger (Präsident), Renate Stöcklin, Rebecca Jäggy, Ursula Fisch, Verena Widmer, Catherine Meyer, Claudia Higy, Pierette Meister, Waltraut Gschwind, Ernst Dollinger (Trainer). Kniend v. l.: Co

In der Spielzeit 1976/77 gelang der Aufstieg in die 1. Liga. Im Jahr darauf erreichte man dort den dritten Schlussrang, und als Krönung bestritt der DFC Therwil gegen den DFC Bern den nationalen Cupfinal, der mit 1:3 verloren ging.

In jene Zeit fällt auch der Besuch von Marie-Therese Nadig auf der Therwiler Känelmatt, die mit dem damaligen NLA-Club FC Bad Ragaz ein Cupspiel im Baselbiet austrug und natürlich als Doppelolympiasiegerin von Sapporo 1972 (Abfahrt und Riesenslalom) die Attraktion schlechthin war.

In jenen Pionierzeiten des Schweizer Frauenfussballs schafften es immer wieder Therwilerinnen ins Schweizer Nationalteam. Insgesamt 15 Spielerinnen aus Therwil trugen im Verlauf ihrer Karriere Rot-Weiss, die letzte von ihnen, Evelyn Zimmermann, ist heute NLA-Trainerin bei den Grasshoppers.

Heute hat der Frauenfussball den angemessenen Stellenwert

Die Therwilerinnen setzten trotz Rückschlägen ihren Weg fort. 1991/92 nahmen die Fussballerinnen die erste und bisher einzige Saison in der obersten Schweizer Spielklasse, der Nationalliga A, in Angriff. Doch rund um den ambitionierten deutschen Trainer Christoph Ebner kam es noch während der Saison zu einer Zerreissprobe zwischen dem Vorstand und einem Teil der Spielerinnen. Die Folge war ein Rückzug des Teams noch während der Meisterschaft.

Unter der Führung des initiativen Präsidenten Jörg Bendl, heute Ehrenpräsident, gelang jedoch der Wiederaufbau. 1995 fand in Therwil sogar ein Länderspiel statt – die Schweiz unterlag Deutschland mit 0:8.

Hat seinen Stellenwert: Das Frauenfussballturnier in Therwil.

Hat seinen Stellenwert: Das Frauenfussballturnier in Therwil.

Die Therwilerinnen, die sich seit ihrer Gründung stets auch als Organisatoren eines angesehenen Frauenfussballturniers engagiert hatten, fanden sich nach dem Neubeginn schon bald wieder in der 1. Liga. Und kehrten 2003 für zwei Jahre in die NLB zurück. Mittlerweile firmiert der Frauenfussball unter dem Titel FFC Therwil (Frauen statt Damen) – und längst hat das Team im Verein jenen Stellenwert, den es eigentlich immer schon verdient gehabt hätte. Der Hundespielplatz jedenfalls gehört schon seit vielen Jahren wieder allein jenen, für die er eigentlich gedacht war…

» Quelle: Therwils Fussballgeschichte. 50 Jahre FC Therwil. Erschienen 1996.

Den ersten Frauentitel holt der FC Basel

Seit der Saison 1970/71 wird in der Schweiz um den Meistertitel der Frauen gespielt, seit 1975/76 auch um eine nationale Cuptrophäe. In über 40 Jahren konnte nie ein Frauenteam aus der Nordwestschweiz einen Pokal in die Höhe stemmen – bis zum 7. Juni 2014. Am Pfingstsamstag gewann der FC Basel 1893 im Cupfinal in Wohlen dank Toren von Fabienne Bangerter und Samira Susuri mit 2:1 gegen den SC Kriens.

Damit setzte sich eine der jüngsten Frauenfussballorganisationen der Region durch – der FCB folgte vor einigen Jahren dem Trend vieler Spitzenclubs in der Schweiz, das Umfeld auch für Frauenteams zu professionalisieren. Die Basler hatten die Möglichkeit, nationale Spitzenfussballerinnen und ausgewiesene Fachkräfte für die Teamführung zu verpflichten. Spätestens mit dieser Entwicklung ist die Pionierzeit im Frauenfussball auch in der Region Basel Vergangenheit.

Neben dem FC Basel gibt es nur noch zwei überregional tätige Teams: den FFC Therwil und das Frauenteam des BSC Old Boys, die in der Saison 2014/15 in der 1.-Liga-Gruppe 1 spielen.

Den Therwilerinnen folgten damals einige weitere Vereine mit Frauenteams. Den Anfang machte BCO Basel, dort spielte auch eine gewisse Béatrice von Siebenthal, die die Fahrten zum Training von Rümlingen auf den Allschwiler Bachgraben immer mit ihrem Töffli zurücklegte.

Von Siebenthal, die zwischen 2005 und 2012 auch Trainerin des Schweizer Frauennationalteams war, spielte auch bei der Gründung der Frauenabteilung des SV Sissach 1983 eine wesentliche Rolle und übernahm mit ihrer Kollegin Maya Oberer das Amt als Spielertrainerin. Schon gegründet war zu jener Zeit auch der 1979 entstandene DFC Wallbach.

 

Quellen

Therwils Fussballgeschichte. 50 Jahre FC Therwil. Erschienen 1996.

Artikelgeschichte

Quelle: Therwils Fussballgeschichte. 50 Jahre FC Therwil. Erschienen 1996.

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