Alles neu, alles anders! So lautet die Message, die der FC Basel seit der Einsetzung von Paulo Sousa als Trainer laufend propagiert. Aber was ist bislang auf dem Feld sichtbar wirklich anders geworden? Der Versuch einer ersten Analyse vor dem Derby gegen den FC Zürich.
Alles ist anders, seit Paulo Sousa Trainer des FC Basel ist. So lautet die Diktion des FCB, seit der Portugiese die Amtsgeschäfte von Vorgänger Murat Yakin übernommen hat.
Bloss ist es so verdammt schwierig, herauszufinden, was es denn bitteschön ist, was Sousa so anders macht. Ist es das gemeinsame Morgenessen, sind es die GPS-Sender, mit denen die Spieler übers Trainingsfeld rennen, ist es die halbstündige Ansprache des Trainers vor den Morgenübungen?
Für Aussenstehende bleibt es beim Rätseln, weil der FCB unter Sousa in seinen Aussagen über die konkrete Arbeit auf dem Platz bislang das Vage liebt und das Konkrete meist meidet.
Wagen wir den Blick auf den Platz
Was bleibt, ist der Blick auf den Platz. Also dahin, wo es sowieso am wichtigsten ist. Da lassen sich nach drei absolvierten Pflichtspielen zwar erst gewisse Tendenzen ablesen. Oder, wie Sousa mit seinem Lieblingswort dazu sagen würde: «Es ist ein Prozess. Und ein Prozess ist nie zu Ende.» Aber wir wagen trotzdem den Versuch einer Analyse.
Bislang arbeitet Sousa daran, dem FCB ein Wechselspiel zwischen Dreier- und Viererkette beizubringen. In Thun sah das so aus, dass Taulant Xhaka bei Basler Ballbesitz als dritter Innenverteidiger zwischen Fabian Schär und Marek Suchy rückte. Dafür wurden die beiden Aussenverteidiger praktisch zu Flügelspielern im Mittelfeld.
FCB unter Sousa, Spielaufbau Dreierkette.
Im Spiel gegen den Ball zogen sich die beiden Aussen wieder zurück, Xhaka dagegen rückte eine Reihe vor, so dass sich eine klassische Viererkette bildete.
FCB unter Sousa, Abwehrarbeit, Viererkette.
Ist das nun für den FCB bahnbrechend neu? Es geht so. Zu Beginn der Rückrunde liess Murat Yakin fast genau dasselbe System spielen. Damals war es Fabian Frei, der zwischen dem defensiven Mittelfeld und der Innenverteidigerposition hin und her wechselte.
FCB unter Yakin, Spielaufbau, Dreierkette.
FCB unter Yakin, Abwehrarbeit, Viererkette.
Trotz dieser Übereinstimmung wirkt das System unter Sousa auf dem Platz allerdings etwas anders. Und das liegt wohl in erster Linie daran, dass sich die gesamte Mannschaft derzeit weitaus kompakter auf dem Feld verschiebt.
Waren Offensivspieler wie Mohamed Salah oder Valentin Stocker unter Yakin teilweise fast von der Defensivarbeit dispensiert, müssen die Flügel-Angreifer unter Sousa bei gegnerischem Ballbesitz viel mehr gegen den Ball arbeiten. Im Gegenzug scheinen die Basler Abwehrspieler etwas weiter vorne zu stehen.
Gegen Thun stand der FCB so in seiner starken Startphase einerseits extrem hoch, gleichzeitig aber auch sehr kompakt, weil zwischen hinterstem Abwehrspieler und vorderstem Angreifer meist bloss rund 25 Meter lagen.
FCB Abwehrverhalten, Viererkette. (Bild: SRF/fra)
Das Bild oben zeigt zwar just, wie sich der FC Thun eine Chance erarbeitet, weil sich Fabian Schär zu schnell aus der Abwehrreihe löst. Trotzdem ist zu sehen, wie der FCB unter Sousa offenbar spielen will: Da ist einerseits im Spiel gegen den Ball die Vierer-Kette Degen, Schär, Suchy, Safari mit dem defensiven Mittelfeldspieler Xhaka vorne dran.
Und da sind bis auf Stürmer Marco Streller, der sich nach abgefangenem FCB-Angriff weit vorne ausruht, alle Feldspieler innerhalb von weniger als der halben eigenen Spielhälfte aufgestellt: neun Basler innerhalb von 20 bis 25 Metern.
Ganz anders sieht die Sache aus, wenn der FCB im Ballbesitz ist:
FCB Spielaufbau, Dreierkette. (Bild: SRF/fra)
Jetzt bildet sich hinten eine Dreierkette, die beiden Aussenverteidiger (hier Degen und Safari) ziehen weit nach vorne, um die Flanken zu besetzen. Auch das kein Novum unter Sousa, die Aussenverteidiger wurden schon unter Yakin bei Ballbesitz zu Flügelspielern.
Allerdings war der Wechsel von der Dreier- zur Viererkette und zurück für Yakin nur eine Vorstufe bis zur endgültigen Einführung der Dreier-, beziehungsweise Fünferkette, mit der er am Ende der Saison spielen liess. Bei Yakins liebster Variante waren es nur die Flügelspieler, die von Angriff zu Verteidigung ihre Position veränderten.
Fünferkette unter Yakin in der Abwehrarbeit.
Fünferkette unter Yakin bei Ballbesitz.
Sousa dagegen scheint in der Abwehrarbeit eine Viererkette zu genügen. Und er hat dazu noch eine weitere Variante in Petto: eine pendelnde Viererkette, die er zum Beispiel im Testspiel gegen Wohlen und wohl auch beim Saisonauftakt in Aarau spielen liess.
Klingt merkwürdig, ist aber gar nicht so kompliziert. Sind es in der oben dargestellten Variante der zentrale Spieler Xhaka sowie die beiden Aussenverteidiger, die zwischen Innenverteidigung und Mittelfeld wechseln, so ist es beim Pendelsystem bloss einer der Aussenverteidiger, der eine Doppelposition inne hat.
Pendelnde Viererkette, Abwehrarbeit.
Pendelnde Viererkette, Ballbesitz
In diesem Schema ist es der Rechtsverteidiger, der bei Ballbesitz eine Reihe aufrückt, im Gegenzug zieht der Linksverteidiger etwas zur Mitte.
Der Vorteil all dieser Varianten: Bei Ballbesitz ist ein Spieler weniger in der eigenen Abwehr gebunden und kann sich so in die Angriffe einschalten. Trotzdem kann die Verteidigung im Spiel gegen den Ball die gesamte Breite des Spielfelds abdecken.
Das heisst, das kann sie tun, wenn die FCB-Abwehrspieler nach Ballverlust schnell genug umschalten. Oder wenn die Basler Offensivleute die Gegner nach Ballverlust so sehr unter Druck setzen, dass diese den Ball nicht gezielt in die sich öffnenden Räume hinter der Abwehr spielen können.
Verliert der FCB allerdings den Ball im Spielaufbau, dann bieten sich dem Gegner auf den beiden Flanken grosse Angriffsflächen. Auch das war gegen Thun zu sehen:
Der FCB wird in Thun von einem Konter erwischt. (Bild: SRF/fra)
Das Bild zeigt eine Szene nach einem Fehlpass des Innenverteidigers Schär im Spielaufbau. Degen muss einen weiten Rückweg antreten, da er sich bereits als Flügel aufgestellt hat. Die Dreierkette Suchy, Xhaka, Schär schiebt extrem nach rechts, um den Thuner Angriff abzufangen. Trotzdem bleibt auf der rechten Seite Raum frei für einen Thuner Flankenlauf. Und Safari auf links könnte bei einem Seitenwechsel gar nicht mehr eingreifen.
Aber wer weiss, vielleicht ist der Basler Prozess unter Sousa inzwischen so weit gediehen, dass diese Lücken bereits am Samstag gegen den FC Zürich gestopft sind.