Am 26. Februar 2016 wählt der Weltfussballverband Fifa einen neuen Präsidenten – und es wird nach etlichen Spekulationen nicht der alte, Joseph Blatter sein. Das betonte der Walliser zumindest bei einer Medienkonferenz am Montag, die von einem als Journalisten getarnten britischen Komiker zu einer demonstrativen Aktion benutzt wurde.
Bis in den Nachmittag hinein tagte das Exekutivkomitee der Fifa am Montag in Zürich, um die Neuordnung des Weltverbandes voranzutreiben und einen Termin für die Neuwahl des Präsidenten zu finden. Dann, als Joseph Blatter vor den Medien Auskunft erteilen wollte, baute sich Simon Brodkin vor seinem Podium auf. Brodkin, Fernsehzuschauern der BBC besser bekannt in der Rolle des Stand-up-Komikers Lee Nelson, wandte sich mit einem grossen Bündel an Spielgeldnoten an Blatter, warf die Scheine in die Höhe und liess quasi einen Geldregen über dem indignierten Fifa-Präsidenten niedergehen.
Der britische Komiker Simon Brodkin alias Lee Nelson baut sich vor Joseph Blatter auf und lässt in Zürich Dollar-Noten über dem Fifa-Präsidenten regnen. (Bild: Reuters/ARND WIEGMANN)
Der im Korruptionssumpf der Dachorganisation unter Druck stehende Blatter meinte, das habe «nichts mit Fussball zu tun», liess das Sicherheits- und Reinigungspersonal kommen, verschob die Veranstaltung ein weiteres Mal, um anschliessend den 26. Februar 2016 als Termin für die Präsidentenwahl zu bestätigen.
Damit hat sich der Amtsinhaber, der am 2. Juni überraschend seinen Rücktritt angekündigt hatte, ein weiteres Mal im Machtgeflecht des Weltfussballs durchgesetzt. Vor allem die Europäer hatten auf einen früheren Wahltermin noch vor Weihnachten gedrängt.
» Bekannt für seine Störfeuer: «Die Welt» über Simon Brodkin
» Die Fifa selbst über die Ergebnisse des Exekutiv-Treffens
Blatter bekräftigt: «Ich werde kein Kandidat sein»
Wenn man Blatter Glauben schenken darf, dann spielt er bei der Wahl am 26. Februar keine Rolle. Zuletzt hatten Spekulationen Nahrung erhalten, der 79-jährige Walliser wolle auf seine Rücktrittsankündigung zurückkommen. Am Montag sagte er hingegen: «Am 26. Februar 2016 wird die Fifa einen neuen Präsidenten haben.» Er sagte es nach einer Kunstpause und mit einem maliziösen Lächeln. Und er bekräftigte auf Nachfragen: «Ich habe mein Amt zur Disposition gestellt und werde kein Kandidat sein.»
1- For the first time in history, Sepp Blatter does not receive his money in a briefcase. Change. pic.twitter.com/uZSfCKJZJs
— The Antique Football (@AntiqueFootball) July 20, 2015
Bis zum Wahltermin soll eine elfköpfige Task Force dringend anstehende Reformen im Weltfussballverband voranbringen und dem Exekutivkomitee bis September Vorschläge präsentieren. Unter anderem sollen die Bezüge der Funktionäre offen gelegt werden. Blatter wich bei der Medienkoferenz in Zürich Fragen nach seinem Lohn wie üblich aus.
Der Amtsinhaber gewinnt Zeit
Der indignierte Sepp: Den Eklat an der Medienkonferenz musste er wegstecken, dafür hat er sich mit dem Wahltermin 26. Februar 2016 durchgesetzt. (Bild: Reuters/ARND WIEGMANN)
Bis zum Wahltermin hat Blatter, seit 1998 Präsident der auf Funktionärsebene traditonell skandalumwitterten Fifa, nun Luft gewonnen, um das Feld für die Zeit nach ihm zu bestellen und bis zum letzten Augenblick an den Strippen zu ziehen. Noch ist unklar, welcher Kandidat eine Mehrheit hinter sich bringen könnte. Von europäischer Seite ist zu hören, dass Uefa-Präsident Michel Platini um Rückhalt bei den fünf anderen Konföderationen wirbt oder werben lässt.
Bekannt hat sich Platini zu einer Kandidatur noch nicht, und neben dem Brasilianer Zico, der angekündigt hat, dass er antreten will, liess auch Ali bin al-Hussein, wissen, dass er erneut zur Verfügung stünde. Beim Kongress im Mai war der jordanische Prinz noch klar gescheitert an Amtsinhaber Blatter, der sagt: «Ich bin selbst gespannt, wer der neue Präsident wird.»
Das Rennen um die Fifa-Spitze erklärte er am Montag jedenfalls für sofort eröffnet. Bis 26. Oktober diesen Jahres können sich Kandidaten offiziell ins Spiel bringen. Der in Oberwil BL domizilierte Domencio Scala gehört einer Ad-hoc-Kommission an, die die Anwärter auf der Integrität hin überprüfen sollen.
Blatter will zum Radio
Die Medienkoferenz in Zürich beendete Blatter gewohnt salbungsvoll («Fussball – das ist Emotion, das ist Hoffnung und das ist Frieden»), und er äusserte sich auch zu seinen Zukunftsplänen nach dem 26. Februar 2016: Er will zurück in den Journalismus, den er als ein «Hobby» bezeichnet: «Ich werde zum Radio gehen. Das ist das populärste Medium, man kann 24 Stunden Radio hören, und es ist einfacher zu sprechen als zu schreiben.»
Das kann man als Drohung auffassen – oder als Vorlage für den nächsten Komiker. Blatter, ganz in seiner plauderhaften Jovialität, findet jedenfalls: «Es gibt so viele Radios auf der Welt. Ich überzeugt, das es eines gibt, wo man meine Stimme gerne hören wird.»
» Vor der Zeitenwende – die «NZZ am Sonntag» beleuchtet in ihrer jüngsten Ausgabe Joseph Blatters Rolle im Reformprozess der Fifa
» Es steht alles auf dem Spiel – Wolfgang Niersbach, Präsident des Deutschen Fussball-Bundes (DFB) und damit des grössten Einzelverbandes der Welt, richtete sich am 10. Juni 2015 in einem Offenen Brief an die Mitgliedsvereine und legte einen Zehn-Punkte-Plan für eine Erneuerung der Fifa vor.