Bei seinem Gastspiel gegen Otelul Galati in der Champions League verlässt sich der FC Basel auf das Duo David Abraham/Aleksandar Dragovic in der Innenverteidigung (Dienstag, 22. November, 20.45 Uhr). Die beiden haben von den 22 Spielen, in denen sie gemeinsam über 90 Minuten eingesetzt wurden, erst eines verloren.
Es gab eine Zeit, da sagte David Abraham, er möge das Wort «Abwehrchef» nicht. Vor zwei Jahren war das, als darüber gerätselt wurde, ob der Innenverteidiger je würde halten können, was sich der FC Basel von ihm versprach. Heute ruft Heiko Vogel den Argentinier «el Comandante». Und Abraham errötet zwar, wenn er auf den Titel angesprochen wird, den ihm sein Trainer verpasst hat. Aber er wehrt sich nicht: «Ich würde zwar nie hinstehen und von mir aus behaupten, ich sei der Chef. Aber wenn der Mister das so sieht, dann ist das für mich in Ordnung.»
Zu behaupten, Abrahams Entwicklung beim FCB sei geradlinig verlaufen, käme grober Geschichtsklitterung gleich. Seit er im Sommer 2008 nach Basel gekommen ist, gleicht seine Formkurve einem Querschnitt durch die Schweizer Alpen. Ende letzter Saison etwa wirkte er nach zunächst starken Leistungen durch die eigene Zukunftsplanung derart absorbiert, dass er im Meisterschafts-Finish zeitweise seinen Stammplatz verlor.
Aber seit sich seine Spanien-Pläne zusammen mit der iberischen Immobilien-Blase in Luft aufgelöst haben, ist Abraham wieder mit Körper und Geist in Basel. Und er hat grossen Anteil daran, dass der FCB vor dem Gastspiel am Dienstag gegen Otelul Galati noch immer Chancen auf die Achtelfinals der Champions League hat.
Für den FCB könnten sich die Wellenbewegungen von Abrahams Form auch als Glücksfall herausstellen. Im Sommer nämlich endet der gemeinsame Arbeitsvertrag. Und würde Abraham konstant so souverän spielen, wie er es derzeit tut, dann wäre er längst bei den ganz grossen Club in Europa auf dem Radar. So aber stehen die Chancen gar nicht schlecht, dass sich der FCB mit ihm auf eine Vertragsverlängerung über 2012 hinaus einigen kann.
Der FCB will Abraham halten
Bernhard Heusler macht keinen Hehl daraus, dass sein Club gerne mit Abraham verlängern würde. «Wir haben ihm das schon im Frühjahr mitgeteilt», sagt der designierte FCB-Präsident, «aber die Situation ist bei Spielern, deren Vertrag in einem halben Jahr ausläuft immer dieselbe: Wir können nur mit jemandem verlängern, der wirklich bei uns bleiben will.» Und das Gehaltsgefüge sollte ebenfalls nicht gesprengt werden.
Heiko Vogel jedenfalls will Abraham unbedingt halten und rechnet vor, was es Basel seiner Meinung nach kosten würde, auf dem Markt einen vergleichbaren Verteidiger zu verpflichten: «Alles in allem wäre das wohl ein Betrag im achtstelligen Bereich.» Das beweist einerseits die Wertschätzung, die Vogel Abraham entgegenbringt. Und ganz nebenbei zeigen die Gedanken, die sich Vogel über die Kaderplanung macht, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis beim 36-Jährigen das «ad interim» vor der Bezeichnung Cheftrainer gestrichen wird.
Wird Abraham selbst auf seine guten Leistungen angesprochen, dann gibt er die Komplimente selbstverständlich weiter. Das gehört zum guten Ton eines Fussballprofis. Er sagt dann, «die ganze Mannschaft» spiele defensiv gut, «auf einen Einzelnen» komme es nicht an.
Tatsächlich hat sich die Defensive der Basler stabilisiert, seit Vogel das Ruder übernommen hat. Unter Vogel wird nun das umgesetzt, was Thorsten Fink schon vor der Saison verlangt hatte: eine gute Balance zwischen Angriff und Verteidigung. Augenfälligster Unterschied: Geht einer der zwei Aussenverteidiger nach vorne, dann bleibt der andere konsequent hinten. Das wiederum entlastet die beiden zentralen Mittelfeldspieler, die bei Gegenstössen des Gegners nicht gleich zwei offene Flanken abdecken müssen. Und das kommt dann auch der Innenverteidigung zugute.
Vogel kleidet seine ernsthafte Umstellung in einen lockeren Spruch: «Wenn auf der rechten Seite ein Angriff gestartet wird, dann darf sich die linke Seite etwas ausruhen. Und ausgeruht wird hinten.»
Das Urvertrauen in der Abwehr
Es gibt aber noch eine andere Komponente, die sich positiv auf Abrahams Leistungen auszuwirken scheint. Wenn er neben Aleksandar Dragovic verteidigt, ist der FCB beinahe unbezwingbar. In dieser Saison hat der FCB jedes Spiel der Super League gewonnen, in dem die beiden durchgespielt haben. Überhaupt – seit Dragovic im letzten Winter nach Basel gekommen ist, hat das Duo über alle Wettbewerbe betrachtet nur eine von 22 Partien verloren, in der beide über 90 Minuten im Einsatz waren. Es war das 0:2 gegen Benfica Lissabon in der laufenden Champions-League-Kampagne.
«Perfekt» würden sich Abraham und Dragovic ergänzen, sagt Vogel schlicht. Und er stellt «ein Urvertrauen» des einen in den anderen fest. In Dragovics Worten klingt das dann so: «Ich weiss immer, dass er hinter mir steht, wenn ich mal einen Fehler mache.»
Sicher hilfreich ist, dass Abraham derzeit die Wunder des aktiven Spracherwerbs erlebt. Seit er der letzte Argentinier im Team ist, und deswegen Deutsch und Englisch wirklich anwenden muss, hat sich sein Wortschatz erheblich verbessert.
Die wichtigen Kommandos auf dem Platz, die habe er auf Deutsch intus, sagt Abraham. Zum Beispiel «zurück, bitte!» Bitte? Ja, bitte. Denn ein gewisses Mass an Anstand gehöre sich auch auf dem Fussballplatz, findet David Abraham. Der höfliche Comandante in der Basler Abwehr.