Der Klassiker als Amuse-Gueule

Eine Woche, in der die Weichen bis ins neue Jahr hinein gestellt werden können, beginnt für den FCB am Samstag beim FC Zürich. Nach der Pflichterfüllung im Cup geht Trainer Wicky fast mit voller Besatzung in die richtungsweisenden Spiele gegen den FCZ, Moskau und YB.

Schrieb die Geschichte am 23. September, dem Wendepunkt des zweiten Halbjahres, entscheidend mit: Dimitri Oberlin erzielte gegen seinen Ex-Club das Siegtor beim 1:0 des FCB gegen den FCZ. (Bild: Manuel Geisser)

Die Ausgangslage: Ohne Experimente zu drei Punkten in Zürich

Die Hauptgänge werden nächste Woche serviert, wenn der FC Basel am Dienstag gegen den ZSKA Moskau um die vorzeitige Achtelfinal-Qualifikation spielt und am Sonntag die Young Boys zum Schweizer Gipfeltreffen empfängt. So gesehen ist der Auswärtsmatch beim FCZ an diesem Samstag (19 Uhr) eine Art Appetitanreger, angesichts der immerwährenden Ausstrahlung und Brisanz des Klassikers allerdings vom Kaliber eines 300-Gramm-Steaks.

«Ich gehe davon aus, dass jedem bewusst ist, dass wir vor einer Woche mit drei sehr wichtigen Spielen stehen», sagt Raphael Wicky, «von mir wird das aber nicht thematisiert. Ich habe es nicht so gerne, wenn man zu viel voraus antizipiert. Ich fokussiere nur auf das nächste Spiel.»

«Die letzten Wochen haben dafür gesorgt, dass die Mannschaft mit einem anderen Selbstbewusstsein dasteht.»

Dafür hat der FCB-Trainer 22 gesunde Spieler zur Verfügung («sehr erfreulich»), er windet seinen Mitarbeitern ein Kränzchen für die Trainingssteuerung («bin froh, dass wir extrem wenig Verletzungen haben») und hofft, dass es so bleibt («Holz anfassen»).

Gegen den FCZ wurde vor fünf Wochen mit einem hart erkämpften 1:0 der Umschwung eingeleitet, und Wicky fordert nach wie vor nichts anderes von seinen Spielern ein wie damals: Leidenschaft und Willen, Laufbereitschaft und Kampfgeist. «Es geht um eine gewisse Konsequenz in der Zweikampfführung und in der Rückwärtsbewegung», sagt Wicky und stellt nun, mit Blick zurück auf das erste Aufeinandertreffen mit den Zürchern und den darauf folgenden Husarenstücken fest: «Die letzten Wochen haben dafür gesorgt, dass die Mannschaft mit einem anderen Selbstbewusstsein dasteht.»

Um in einer Woche mit eben jener neu geschöpften Kraft die Young Boys herausfordern zu können, lautet Wickys Losung für dieses Wochenende: «Wir werden keine Experimente machen und fahren nach Zürich, um drei Punkte zu holen.»

Die personelle Situation: Germano Vailati muss unters Messer

Verletzt:

  • Ricky van Wolfswinkel (Mittelfussbruch)
  • Germano Vailati (Schulterverletzung)

Gesperrt:

  • keiner

Bei der nächsten gelben Karte gesperrt:

  • Marek Suchy (3)
  • Eder Balanta (3)

Für einen  Einsatz in der U21 vorgesehen:

  • Neftali Manzambi
  • Pedro Pacheco

Eder Balanta hat seine Sperre abgesessen, womit in Zürich wieder der bewährte Dreierblock in der zentralen Abwehr (mit Akanji, Suchy und Balanta) auflaufen könnte. Vaclik, Lang und Petretta haben im Schweizer Cup nur zugeschaut, Zuffi und Elyounoussi zu Hause Luft geholt, Ajeti hat ebenso pausiert und Xhaka (sechs Minuten) sowie Steffen (rund 20 Minuten) haben lediglich Kurzeinsätze absolviert, weshalb mit einer Startelf zu rechnen ist, die denen gegen Benfica respektive Moskau sehr ähnlich sein dürfte.

Auf der Suche nach Goalie Nummer 3

Schlechte Nachrichten gibt es für Germano Vailati: Nach dem eine Schulterverletzung der Nummer drei im FCB-Tor vergeblich konservativ behandelt wurde, ist nun eine Operation unumgänglich. Am Montag kommt der 37-Jährige unters Messer.

Der Routinier und die nächste Goalie-Generation: Germano Vailati (37, links), Gion Fadri Chandre (19, Mitte) und Jozef Pukaj (17, rechts).

Entscheiden muss Raphael Wicky mit den Technikern nun, wer die Position des Backup hinter Goalie Nummer 2, Mirko Salvi, übernimmt: der Churer Gion Fadri Chande, 20-jährig und in dieser Saison viermal in der U21 zum Einsatz gekommen, oder Jozef Pukaj, das 17-jährige Torhütertalent aus Riehen, der neun Mal in der Promotion League den Vorzug erhielt und die drei Spiele in der Uefa Youth League bestritten hat.

Der Gegner: Entzaubert im Derby, sieglos gegen den FCB seit 2013

Der grosse Verlierer des 248. Zürcher Derbys war Uli Forte. Seine Mannschaft wurde von der Effizienz der Grasshoppers überrumpelt und der FCZ-Trainer stand hinterher einigermassen zerknirscht da: entzaubert von seinem Freund und Konterpart Murat Yakin.

Nun fragt man sich, ob dieses 0:4 mehr war als eine Niederlage. Die erste Antwort gaben die Stadtzürcher mit dem diskussionslosen Weiterkommen unter der Woche im Schweizer Cup (4:1 bei Lausanne-Ouchy), die zweite gibt stellvertretend FCB-Raphael-Wicky: «Ich glaube nicht, dass die Niederlage im Derby Auswirkungen hat. Der FCZ bleibt nichtsdestotrotz eine sehr solide und gut organisierte, eingespielte und physisch starke Mannschaft, die vorne Individualisten hat, die ein Spiel entscheiden können.»

Uli Forte seinerseits gibt sich angriffslustig: «Die Serie des FCB hat mit dem 1:0-Sieg gegen uns angefangen. Die Siege in der Champions League, allen voran der 5:0-Triumph über Benfica, haben ihm dann weiter Energie gegeben», sagte er am Freitag, «nun liegt es an uns, diese Serie wieder zu stoppen.»

https://www.fcz.ch/de/profis/news/2017/vorschau-fc-zurich-fc-basel-1893/

Klar für den FCB spricht die jüngste Historie: Von den letzten zwölf Aufeinandertreffen in der Liga hat der Serienmeister keines verloren (acht Siege, vier Unentschieden), und daheim hat der FCZ letztmals am 8. Mai 2013 gegen den Erzrivalen gewonnen (3:1).

Nebenschauplatz I: Andraz Sporar und der Friede zu Bielefeld

Andraz Sporar hat sich mit seiner säuerlichen Reaktion auf zu wenig Einsatzzeit bei Arminia Bielefeld (8 Einsätze, 7 Einwechslungen, 2 Tore) keine Pluspunkte verdient. Der vom FC Basel an den deutschen Zweitbundesligisten ausgeliehene slowenische Stürmer hatte über seinen Social-Media-Kanal den Abschied aus Bielefeld angekündigt, doch nun klingt es nach einem Friedensgipfel wieder ganz anders: Trainer Jeff Saibene ist nachsichtig («Als junger Mensch darf man Fehler machen»), die «Neue Westfälische» schreibt, der Fall sei vom Tisch, und Sporar geht im Büssergewand («Ich verspreche, dass ich alles geben werde»):

My coach, the sports director, my agent and I, had a great meeting today about my future at Arminia Bielefeld. While being here, I promise to give it my all. #DSCEin Beitrag geteilt von Andraž Šporar (@andraz.sporar) am 26. Okt 2017 um 11:23 Uhr

Nebenschauplatz II: Zürich und seine Fans

In Basel sorgte vergangenes Wochenende die Meldung, wonach zwei Deutsche vor dem St.-Jakob-Park von einer Gruppe angegriffen wurden, für Schlagzeilen. In Zürich gab es nach dem Derby so heftige Auseinandersetzungen und Ausschreitungen, dass die Politik reagierte. Die beiden Clubs wurden vom Sicherheitsvorsteher der Stadtregierung zitiert. Das Ergebnis ist ein gemeinsames Communiqué von FC Zürich und dem Grasshopper Club, in dem die Bildung einer Fachgruppe angekündigt wird, die eine Lagebeurteilung vornehmen und im Bereich Prävention und Fanarbeit tätig werden soll.

https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/stadt/wettruesten-unter-gc-und-fczschlaegern/story/17186739

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