Der König der Wüste und sein grosser Sieg

Diese Momente gehören zu den besten seiner späten Schaffensphase: Roger Federer dreht die Partie gegen Novak Djokovic und zieht in Dubai ins Finale ein.

Lässt sich in Dubai auch von Novak Djokovic nicht bremsen: Roger Federer. (Bild: Keystone)

Diese Momente gehören zu den besten seiner späten Schaffensphase: Roger Federer dreht die Partie gegen Novak Djokovic und zieht in Dubai ins Finale ein.

In der Ehrenloge fielen sich Mirka Federer und Coach Severine Lüthi glücksstrahlend in die Arme, und unten auf dem Centre Court genoss der «König der Wüste», der fünfmalige Dubai-Champion und erklärte Publikumsliebling Roger Federer in aller emotionalen Aufgewühltheit die Ovationen der ausgelassenen Fans. Nichts weniger als einer der besten Momente seiner späten Karriere-Jahre war der 3:6, 6:3, 6:2-Sieg des Schweizer Maestros im Halbfinale der Dubai Tennis Championships gegen Titelverteidiger und Turnierfavorit Novak Djokovic, ein unerwarteter Triumphmoment dort, wo Federer zuhause ist, wenn er nicht in der Schweizer Heimat weilt.

«Ich bin einfach unheimlich glücklich. Dieser Sieg stärkt mir den Rücken, er beweist, dass ich auf dem richtigen Weg bin», sagte Federer, «ich gehe jetzt mit viel Vertrauen in die kommenden Aufgaben.» Die nächste Herausforderung steht, logisch, unmittelbar bevor, im Finale des Millionenspiels am Golf – gegen den Tschechen Tomas Berdych, dem er im Vorjahr nach zwei vergebenen Matchbällen in der Vorschlussrunde unterlegen war. «Ganz hart» werde das Duell, so Federer, «Berdych ist im Moment gerade drauf und dran, in der Weltspitze noch einmal zuzulegen und grosse Titel zu gewinnen. Ich muss genau so aggressiv und präzise spielen wie in der Endphase gegen Djokovic.»

Die neue Unsicherheit ins Djokovic-Camp

Was erlebten die 6000 Zuschauer in der restlos ausverkauften Wüsten-Arena nicht alles mit an einem lauen Tennisabend in Dubai – Spannung, Dramatik, wechselnde Führungen, eine knisternde, mitreissende Davis Cup-Atmosphäre, sogar eine Regenpause, schliesslich dann auch einen kaum fassbaren Umschwung der Machtverhältnisse vom zunächst dominierenden Djokovic hin zum hart zurückfightenden Federer. Selbst den alten Fahrensmann Federer, den Mann, der nun schon weit mehr als anderthalb Jahrzehnte mit dem Wanderzirkus um die Welt zieht, liess das nicht kalt: «Es war ein Traum, heute auf dieser Bühne zu spielen, diese Stimmung aufzusaugen und sich davon motivieren zu lassen», sagte der 32-jährige Familienvater, der mit seinem Coup gleichzeitig neue Unsicherheit ins Djokovic-Camp trug.

Am Ende von zwei Turniergastspielen in Melbourne und Dubai, am Ende von zwei Monaten der Saison 2014 stand der Serbe noch ohne Titel da – vorsichtig formuliert, nicht gerade das allerbeste Startszenario für den Djoker und seinen neuen Chefcoach Boris Becker. Der Deutsche, eigens an den Golf gereist, um Djokovic in dieser Turnierwoche zu betreuen, verliess mit versteinertem Gesicht die Arena, nachdem er zuvor mit nicht weniger eisiger Miene den finalen Untergang seines Schützlings mitangesehen hatte. «Ich brauche einfach noch mehr Matches. Der Rhythmus ist nicht da», sagte Djokovic später.

Mitreissend

Dabei hatte der Weltranglisten-Zweite zunächst wie der sichere Sieger des 32. Vergleichs mit Federer ausgesehen – so entschlossen und energisch diktierte Djokovic da die Partie, dass der Maestro einigermaßen hilflos die Seiten wechselte. «Wenn du so gegen Djokovic zurückliegst, hast du schon eine harte Nuss zu knacken», sagte Federer hinterher, «aber ich habe nicht zurückgesteckt, nicht nachgelassen – und habe mich für diese gute Einstellung belohnt.» Tatsächlich wirkte Federer unbeeindruckt von Djokovics mächtigem Spurtstart und nutzte eiskalt die ersten sich bietenden Chancen im zweiten Satz, beginnend mit dem Break zum 4:2. Traumschläge des Schweizers rissen die Zuschauer förmlich von den Sitzen, selbst in der Royal Box liessen die Ehrengäste alle Zurückhaltung fahren und applaudierten dem Altmeister frenetisch. Vom 2:2 im zweiten Satz bis zum 5:1 im dritten Satz holte sich der Schweizer neun von elf Spielen gegen den konsternierten Djokovic, der selbst nicht recht wusste, wie ihm geschah. Und was da geschah. «Roger hat das Spiel mit aller Macht an sich gerissen», gab der 26-jährige zu, «das war eine Klasseleistung.» Auch die Nervenprobe, das Spiel nach Hause zu servieren, zum 6:2 im dritten Satz, bewältigte Federer mit Bravour und stählerner Mentalität.

Nun will der Meisterspieler auch die Krönung, den sechsten Sieg in Dubai, den weiteren Schub fürs Selbstbewusstsein in einer Saison, in der noch so manches Wundersame für ihn passieren könnte: «Ich habe mir eine richtig gute Plattform geschaffen», sagte Federer.

 

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