Mit einer beeindruckenden Leistung siegt Roger Federer in Cincinnati. Nachdem er in zwei Tagen die Nummer 2 und 1 der Weltrangliste bezwungen hatte, ist der Schweizer in bester Form für New York.
Am Ende des Tages hatte Novak Djokovic noch einen seiner besten Momente – und die Lacher auf seiner Seite. «Dieses Turnier», sagte der Serbe mit einem Augenzwinkern bei der Siegerehrung von Cincinnati, «werde ich wohl erst gewinnen, wenn Roger in Rente geht.»
Im Hier und Jetzt wirkte er allerdings machtlos gegen diesen unverwüstlich guten Roger Federer, der während seiner Sommerfrische zwar noch einmal ein Jahr älter geworden ist – nun 34 –, der aber in einer Form aus den Ferien zurückkam, die seinen Gegenspielern durchaus Angst machen muss. 7:6 (7:1) und 6:3 gewann Federer das Finale des Masters-1000-Wettbewerbs in Cincinnati gegen Djokovic.
Es war der meisterhafte Abschluss einer ohnehin schon grandiosen Woche und die perfekte Vorbereitung auf das US Open, das Ende August in New York beginnt. «Ich bin wunschlos glücklich», sagte Federer nach seinem siebten Turniersieg bei dem amerikanischen Traditionsevent, der schon seit 1899 ausgetragen wird.
Mit dem hochverdienten Erfolgserlebnis rückt Federer in der Weltrangliste wieder auf den zweiten Platz hinter dem Endspielverlierer Djokovic vor, Andy Murray, den Federer im Halbfinale besiegt hatte, rutscht wieder auf Rang 3 zurück. Für Federer hat diese Verschiebung nicht unerheblich angenehme Konsequenzen: Denn beim letzten Grand Slam-Spektakel in New York könnte er nun auch erst im Finale auf Djokovic, den Dauerrivalen, treffen.
Djokovic förmlich überrumpelt
Welche Show, welches Spektakel bot der älteste Weltklassespieler aber in dieser Turnierwoche, in der er spielerische Aggressivität nicht nur für seine Verhältnisse neu definierte. Nicht nur gegen den häufig wie überrumpelt wirkenden Djokovic überzeugte der Maestro mit einer unbezähmbaren Angriffswucht, mit regelmässigen Netzattacken und einer Risikobereitschaft, die alles übertraf, was man in seiner mehr als anderthalb Jahrzehnte währenden Profikarriere je gesehen hatte.
«Ich fühle mich wohl mit diesem Spiel, mit dieser Bereitschaft, Wagnisse einzugehen und das Heft in die Hand zu nehmen», sagte Federer nach dem 21. Sieg im 41. direkten Vergleich mit Djokovic.
Schwarz auf weiss war belegt, dass Federers machtvolle Offensive jeden seiner Rivalen vor unlösbare Fragen stellte: Kein einziges Break kassierte der Vater von Zwillingstöchtern und Zwillingssöhnen im Turnierverlauf, nur drei Breakbälle überhaupt gestattete er den Gegenspielern in allen Matches zusammen, und gegen Djokovic gewann er 48 von 63 Punkten mit eigenem Aufschlag.
An zwei Tagen die besten Spieler aus dem Weg geräumt
Djokovic hatte grossen Respekt: «Rogers Sieg war total verdient. Er war einfach der bessere Mann», sagte der Frontmann des Welttennis nach der Partie. Djokovic hätte mit einem Sieg als erster Spieler überhaupt die goldene Masters-Bilanz in sein Arbeitszeugnis aufnehmen können, den Sieg bei allen Wettbewerben der ATP-Topkategorie.
Doch in Reichweite eines Sieges kam er nicht, genau so wenig wie Andy Murray tags zuvor. «Es ist schon unglaublich, wie Roger an zwei aufeinanderfolgenden Tagen die Nummer 1 und die Nummer 2 bezwingt», sagte der frühere Weltklassespieler und TV-Kommentator Brad Gilbert, «da kann man nur den Hut ziehen.»
Bei seinem 87. Turniertriumph, zugleich der erste Masters-Coup seit Schanghai 2014, war Federer der in allen Belangen überlegene und überragende Mann – vom ersten Match bis zum Finale. «Das gibt Rückenwind für New York, das ist die ideale Einstimmung auf das US Open», sagte der Sieger, der nach dem souverän verwandelten Matchball sofort zur Loge mit seiner Entourage strebte – und der dort seine Töchter und die Ehefrau Mirka strahlend und zufrieden umarmte. Ein Schlussbild, wie gemalt für den Schweizer Titel-Helden.
Krönung einer Woche: Novak Djokovic gratuliert Roger Federer zu seinem Sieg. (Bild: Keystone/TANNEN MAURY)