Der neue Präsident bleibt in der Unschärfe

Thomas Bach ist der neunte Präsident des Internationalen Olympischen Komitees. Was er genau machen will, nun da er das Ziel erreicht hat, auf das er lange hin gearbeitet hat, ist unklar.

Thomas Bach of Germany reacts to applause after he was elected the ninth president of the International Olympic Committee (IOC) succeeding Jacques Rogge during a vote in Buenos Aires, September 10, 2013. REUTERS/Enrique Marcarian (ARGENTINA - Tags: SPORT (Bild: Reuters/Enrique Marcarian)

Thomas Bach ist der neunte Präsident des Internationalen Olympischen Komitees. Was er genau machen will, nun da er das Ziel erreicht hat, auf das er lange hin gearbeitet hat, ist unklar.

Was der Neue jetzt tun will, da er am Ziel angekommen ist, weiss niemand genau. Ja, es war allgemein bekannt, dass Thomas Bach Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) werden wollte. Am 10. September hat der Deutsche das Amt erhalten, auf das er seit Jahrzehnten hingearbeitet hat. Aber was das für das IOC bedeutet? Es kann nur vermutet werden. Bachs Wahlprogramm bestand aus Worthülsen.

Der «Spiegel» beschrieb Bach einst als Mann, der die «Bewegungsunschärfe» zum Prinzip erhoben habe. Dabei gilt der 59-Jährige durchaus als zielstrebig – allerdings vor allem dann, wenn es darum geht, seine eigene Karriere voranzutreiben. Der Olympiasieger im Fechten (1976) ist seit 1991 Mitglied des IOC.

Dort wurde er von Präsident Juan Antonio Samaranch unter die Fittiche genommen. Samaranch baute das IOC zu einem wirtschaftlichen Grossunternehmen um – und institutionalisierte dabei ein System, das der Korruption Tür und Tor öffnete.

Ein kleiner Machiavelli

Es ist also ein mit Vorsicht zu geniessendes Kompliment, wenn das ehemalige IOC-Mitglied Walther Tröger dem «Tagesspiegel» sagt: «Samaranch war ein kleiner Machiavelli. Keiner der jetzigen Kandidaten beherrscht die Tricks und den Umgang mit den Leuten wie Samaranch. Wenn überhaupt einer dazu fähig ist, dann Thomas Bach.»

Vor der Wahl vom letzten Dienstag hatte der Schweizer Kandidat Denis Oswald in ungewöhnlich offenen Worten Bach angegriffen. Der Vorwurf: Bach, der geschäftlich eng mit Kuwait verbunden ist, nutze seine Kontakte aus dem IOC auch ausserhalb des Sports. Oswald wurde nach seinem Angriff mit bloss fünf Stimmen im zweiten Wahlgang abgestraft. Bach, der vom als Schattenpräsident des IOC geltenden kuwaitischen Scheich Ahmad al-Sabah unterstützt wurde, triumphierte.

Probleme gibt es genug

Es gäbe genügend Probleme anzugehen für Bach: Doping, der ausufernde Gigantismus der Olympischen Spiele, die intransparenten Entscheidungswege des IOC, dessen Mitglieder sich selber wählen, die Diskriminierung von Homosexuellen in Russland, wo 2014 die Winterspiele stattfinden.

Die Frage ist nicht nur, ob er gewillt ist, diese Aufgaben anzugehen. Sondern auch, wie viel Lust auf Reformen die Mitglieder des Olympischen ­Komitees verspüren. Bach ist erst der neunte Präsident in der Geschichte des IOC. In der gleichen Zeitspanne gab es elf katholische Päpste. Das sagt einiges aus über die starren Verhältnisse im IOC.

Artikelgeschichte

Erschienen in der Wochenausgabe der TagesWoche vom 13.09.13

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