Der Präsident träumt schon vom Viertelfinal

Eine Runde vor Schluss der Qualifikation erfüllt die Schweizer Nationalmannschaft ihre Pflichtaufgabe und ist für die EM-Endrunde 2016 in Frankreich qualifiziert. Nationaltrainer Vladimir Petkovic wirkt danach angefressen, weil die Vorbehalte nicht spurlos an ihm vorbeizugehen scheinen. Sein Vertrag verlängert sich nun automatisch.

In this Oct. 9, 2015 photo Switzerland's head coach Vladimir Petkovic, left, celebrates the qualification with player Johan Djourou, after the Euro 2016 qualifying group E soccer match between Switzerland and San Marino, at the AFG Stadium in St. Gallen, Switzerland. (Alessandro della Valle/Keystone via AP)

(Bild: Keystone/ALESSANDRO DELLA VALLE)

Eine Runde vor Schluss der Qualifikation erfüllt die Schweizer Nationalmannschaft ihre Pflichtaufgabe und ist für die EM-Endrunde 2016 in Frankreich qualifiziert. Nationaltrainer Vladimir Petkovic wirkt danach angefressen, weil die Vorbehalte nicht spurlos an ihm vorbeizugehen scheinen. Sein Vertrag verlängert sich nun automatisch.

Vladimir Petkovic hat in seiner ersten Ausscheidung als Nationalcoach erreicht, was Ottmar Hitzfeld in seiner letzten vor zwei Jahren geschafft hat: Schon eine Runde vor Schluss ist er am Ziel. Hitzfeld durfte danach mit seiner Mannschaft an die WM nach Brasilien fliegen, Petkovic‘ Reise wird ihn im kommenden Sommer nach Frankreich zur EM führen. Und Petkovic hat seine Arbeit, die aufgrund der Erwartungshaltung nach der Achtelfinal-Qualifikation in Brasilien nicht einfach war, gut erledigt.

Nach dem vor allem resultatmässig verpatzten Start mit den zwei Niederlagen gegen England und Slowenien fand sich die Mannschaft allmählich zu einer Einheit, die sich eindeutig als die Nummer 2 in dieser Gruppe herausstellte. Daran ändern auch die vorwiegend medialen Irritationen, wie sie Diskussionen um «richtige oder andere Schweizer» erzeugten, nichts, überhaupt nichts.



Switzerland's national soccer team players celebrate and hold a banner after defeating San Marino and qualifying for the Euro after their Euro 2016 Group E qualifying soccer match in St. Gallen, Switzerland October 9, 2015. The banner reads : Thank you Fans !. REUTERS/Arnd Wiegmann

Das Dankeschön der Mannschaft: Die Nationalspieler in Sankt Gallen mit einem Gruss auf die Tribünen. (Bild: Reuters/ARND WIEGMANN)

Die Schweiz hat ihre Aufgabe gegen – von England abgesehen – doch mittelmässige Gegnerschaft erfüllt. Sie ging den Weg schliesslich genauso souverän wie das letzte Team Hitzfelds in einer ebenfalls nicht sehr schwierigen Gruppe.

Die erstaunliche Konstanz

Aber wie sich die Schweiz ein weiteres Mal – nach 2004 (EM), 2006 (WM ), 2008 (Heim-EM), 2010 (WM) und 2014 (WM) – für ein grosses Turnier qualifizierte, macht die bemerkenswerte Konstanz ihres Fussballs deutlich.

Nur einmal in dieser Zeit, die nun doch schon mehr als ein Jahrzehnt währt, erreichte sie die Endrunde nicht: 2012 scheiterte sie mit Hitzfeld auf dem Weg an die Euro in Polen und der Ukraine. Dass die Freude am Freitagabend in der St. Galler Arena nicht euphorisch war, darf man auch so werten: Die Schweizer Fussballgemeinde hat sich an derlei Erfolge gewöhnt.

Die Tabelle der Schweizer Gruppe E vor der letzten Runde:

Und Verbandspräsident Peter Gilliéron hat am Tag nach der Qualfikation auch schon ausgegeben, was er sich in Frankreich vorstellt: einen Platz in den Viertelfinals.

Weiter mit Petkovic

Dieser Optimismus fusst auf einer Mannschaft, die vor allem spielerisch und in der Offensive mehr Qualität hat als manche Vorgängergeneration. Und der Trainer darf sich attestieren lassen, er habe den Auftrag in einem einwandfreien Stil erfüllt.

Fakt ist nun, dass sich sein Vertrag automatisch von Ende 2015 bis nach der EM-Endrunde verlängert. Und es ist trotz da und dort unterschwellig formulierter Vorbehalte davon auszugehen, dass der Verband seinem Trainer zeitnah eine Vertragsverlängerung anbieten wird. Es gibt keinen vernünftigen Anlass, dies nicht zu tun. Und es gibt auch keine Anzeichen, dass dies nicht der Fall sein wird.



Switzerland's coach Vladimir Petkovic walks on the pitch after their Euro 2016 Group E qualifying soccer match against San Marino's in St. Gallen, Switzerland October 9, 2015. REUTERS/Arnd Wiegmann

Ein nachdenklicher Vladimir Petkovic nach dem Spiel in St. Gallen und der geschafften Qualifikation für Frankreich. (Bild: Reuters/ARND WIEGMANN)

So ist auch SFV-Präsident Gilliéron zu verstehen. Er sagt, dass von Anfang an geplant war, dass man sich nach der Qualifikation zusammensetze und er macht deutlich, dass für ihn die Sache eigentlich klar sei. Petkovic seinerseits wirkt etwas angefressen, weil er den Auftrag erfüllt hat und sich doch hin und wieder Kritiken ausgesetzt sieht. Anmerkungen, die eher mit seinem Migrationshintergrund als seinem Leistungsausweis zu tun haben.

Monumentaler Ballbesitz, bescheidener Ertrag

Gegen San Marino wurden die Nerven von Spielern und Zuschauern nicht mehr beansprucht. Die Schweiz ging in der 17. Minute in Führung, also früh genug, um jede Torschlusspanik auszuschliessen. Obwohl sich die Schweizer eher selten zu einem so direkten und dann auch schnellen Angriffsspiel fanden wie man es sich gewünscht hätte, reichte einer der vielen Eckbälle Ricardo Rodriguez‘, um Michael Lang nach einer Kopfballverlängerung Breel Embolos das 1:0 zu ermöglichen.

Das Schweizer Plus an Ballbesitz war monumental, die Zahl der Torchancen deutlich bescheidener, und der Pausenstand – das 1:0 – ebenfalls. Da der Zwischenstand in Maribor zwischen Slowenien und Estland ebenfalls 1:0 hiess, hätte die Schweiz am Montag in Tallinn noch einen Punkt benötigt, um ihr Ziel zu erreichen.

In der zweiten Halbzeit gingen jedoch bei den San-Marinesen die Kräfte aus. Und die Schweizer steigerten sich zu einem 7:0, das die immerhin 16’200 Zuschauer in der St. Galler Arena begeisterte. Nun waren, beispielsweise von Admir Mehmedi, auch Läufe an die Grundlinie zu sehen; und es kam wiederholt zu Regelwidrigkeiten der Gäste im Strafraum. Die Konsequenz: Gleich drei Elfmeter für die Schweiz.

Drei Elfmeter – wie einst für «Kubi»

Gökhan Inler verwertete den ersten zum 2:0, Johan Djourou den zweiten zum 4:0 und Breel Emolo den dritten zum 6:0. Es konnten also gleichsam kleine Geschenke verteilt werden: Der verdienstvolle Djourou durfte im 56. Länderspiel sein zweites Tor schiessen, und der Teenager Embolo in seinem ersten Match von Beginn weg sein erstes.

Drei Elfmeter in einem Spiel – das hat es zuletzt im Jahr 2000 gegeben, bei einem 5:1 gegen die Färöer auf dem Hardturm. Kubilay Türkyilmaz machte damals keine Geschenke und verwertete alle drei selbst.



Switzerland?s Johan Djourou (R) scores a penalty against San Marino's goalkeeper Aldo Simoncini during their Euro 2016 Group E qualifying soccer match in St. Gallen, Switzerland October 9, 2015. REUTERS/Arnd Wiegmann

Jeder darf mal: Johan Djourou verwandelt einen von drei Elfmetern zu seinem zweiten Treffer im 56. Länderspiel. (Bild: Reuters/ARND WIEGMANN)

Und in Maribor entwickelten sich die Dinge parallel zu St. Gallen im Sinne der Schweizer – weil die Slowenen in der 79. Minute per Elfmeter den Ausgleich kassierten. Als in St. Gallen abgepfiffen war, wurde in Maribor noch ein paar Minuten gespielt. Auf dem Platz warteten die Nationalspieler auf die Entscheidung aus dem fernen Slowenien, auf den Tribünen harrten so gut wie alle aus. Von einem weiteren slowenischen Tor war dann nicht mehr zu berichten. Es durfte gejubelt werden.

Die Debütanten Zuffi und Steffen

Wie erwartet hatte Petkovic den Winterthurer Luca Zuffi vom FC Basel debütieren lassen. Es war ein Debüt ohne Besonderheiten, wie in den letzten paar Minuten auch noch jenes des Offensivspielers Renato Steffen von den Young Boys.

Auf der Bank sassen dafür welche, die bedeutenden Anteil an der Qualifikation hatten, die dann in Frankreich wieder im Vordergrund stehen werden: Xherdan Shaqiri und Granit Xhaka. Andere, wie der angeschlagene Yann Sommer, standen nicht auf dem Matchblatt oder waren, wie Stephan Lichtsteiner und Haris Seferovic verletzungshalber gar nicht dabei.

Die Stütze Xhaka hatte Petkovic geschont, weil er keine Verwarnung und damit eine Sperre fürs Spiel in Estland riskieren wollte. Doch dieses Spiel wird nun zu einem für die Schweiz belanglosen Anlass – zu einer Reise dorthin, wo 1992 mit einem 6:0 die schöne Neuzeit des Schweizer Fussballs angefangen hat. Es waren die ersten Punkte auf dem Weg in die USA, zur ersten WM-Teilnahme seit 1966.

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