Zum dritten Mal scheidet Bayern München im Halbfinale der Champions League aus. Zum dritten Mal kommt der Gegner aus Spanien – dieses Mal war er aber nicht überlegen.
Am Samstag in Ingolstadt wird Pep Guardiola mit dem FC Bayern München mit hoher Wahrscheinlichkeit zum dritten Mal in seinen drei Jahren an der Säbener Strasse deutscher Fussballmeister. Vier Tage vorher ist der Katalane allerdings zum dritten Mal nacheinander im Halbfinale der Champions League gescheitert. Und das jedes Mal gegen eine spanische Mannschaft.
Nach Real Madrid 2014 und dem FC Barcelona 2015 war es diesmal Atlético Madrid, das alle Münchner Träume von einem Triumph in Mailand am 28. Mai zerstörte. Der spanische Fluch hinterlässt also einen grossen Makel nach den drei Jahren des Trainerkünstlers in München.
Gleichwohl war das Aus seiner Mannschaft diesmal – anders als bei der 1:5-Heimpleite gegen Real und der 0:3-Auswärtsschlappe – unverdient nach einem grossen Münchner Fussballabend. Bayern hatte alles versucht, über weite Strecken gut gespielt und kam nach Alonsos Führungstreffer (31. Minute) und Lewandowskis Kopfball zum 2:1 (74.) doch nicht ans Ziel.
Der Tabellenzweite der Primera División nutzte seine einzige grosse Gelegenheit durch Griezmann zum 1:1 (54.). Da half angesichts der Europacup-Arithmetik auch der hochverdiente 2:1-Erfolg angesichts einer 0:1-Hinspielniederlage nichts.
Dass Torres bei einem Elfmeter (84.) nach Foul von Martinez an ihm selbst an Neuer scheiterte, war letztlich kein Trost für den FC Bayern, der im nächsten Jahr unter dem neuen Trainer Carlo Ancelotti einen neuen Anlauf auf den wertvollsten Titel im Vereinsfussball unternehmen wird.
Meisterschaft und DFB-Pokalsieg, die den Bayern nun noch winken, können den Schmerz über das unglückliche Aus in diesem dramatischen Halbfinale nur lindern, aber nicht auslöschen.
Die Bayern bestimmten und drückten dem Spiel ihren Stempel auf
Anders als in Madrid fehlte es diesmal an nichts im Spiel der Bayern. Sie bestimmten von der ersten Minute an den einseitigen Verlauf der ersten Halbzeit mit einem sehenswerten Mix aus kühlem Verstand und kochender Leidenschaft. Atlético, vor einer Woche schon nach elf Minuten und einer frühen Druckphase mit dem Tor des Tages duch Saúl Niguez in Führung gegangen.
Am Dienstag kam Atlético 45 Minuten lang gar nicht zu dem, was Trainer Diego Simeone angekündigt hatte: «Wir werden unseren Stil spielen, wir werden wir selbst sein.» Eher verzweifelt als voller Courage erwehrten sich die Spanier der Münchner Dauerattacken, die unablässig auf das Tor des starken Keepers Oblak zurollten.
Eine Chance, ein Tor: Antoine Griezmann zeigte das «Spiel» der Madrilenen. (Bild: EPA/Angelika Warmuth)
Guardiola, der seinen Aufstellungsfehler aus dem Hinspiel korrigiert und die offensiven Antreiber Müller wie Ribéry in die Startelf berufen hatte, dazu den von einem Muskelbündelriss genesenen Innenverteidiger Boateng, sah, wie sein Plan fast perfekt aufging. Bei 16:2-Torschüssen aus Münchner Sicht musste irgendwann etwas passieren.
Xabi Alonso, schon bis zu dieser 31. Minute bester Bayern-Spieler, erzielte mit einem von Giménez abgefälschten, flach angesetzten Freistoss aus mittiger Position das 1:0. Der Madrider Innenverteidiger, dem diesmal der vorige Woche noch verletzt fehlende Godin zur Seite stand, verschuldete wenig später einen Elfmeter, als er nach einem Eckball der Bayern Martinez festhielt, was den türkischen Schiedsrichter Cakir dazu veranlasste, auf den Punkt zu zeigen (34.).
Thomas Müller – der sicherste Schütze verschiesst
Ein Fall für Thomas Müller. Doch der bei solchen Gelegenheiten meist treffsichere Schütze scheiterte mit seinem halbhoch ausgeführten Strafstoss an Oblak, der in dem Duell Schütze gegen Torwart nervenstärker war, lange genug wartete und den Schuss dann im Flug parierte. Vorbei war die grosse Gelegenheit, das 0:1 aus dem Hinspiel schon vor der Pause zu drehen.
Für Atlético bot dieser versäumte Moment die Chance, endlich zu sich zu finden. Doch auch der Auftakt zur zweiten Hälfte mutete nicht so an, als ob sich an den Verhältnissen etwas Grundlegendes ändern sollte. Die Bayern schienen das Drehbuch für diese intensive Begegnung weiter fest in der eigenen Hand behalten zu können.
Bis zur 53. Minute, bis zur ersten folgenschweren Unaufmerksamkeit der Münchner. Boatengs Pass in den eigenen Angriff landete bei einem Madrilenen, dessen Befreiungsschlag bei Torres, und der steckte den Ball, auch weil Alaba nicht energisch genug dagegenhielt, bei Antoine Griezmann.
Der schnelle Franzose, sicherster Torschütze seiner Mannschaft und auf Konterschläge spezialisiert, hatte vor Neuer freie Schussbahn und traf mit seinem Flachschuss ins rechte Eck zum 1:1. Ein Schock für die Bayern, die aus vielen Möglichkeiten nur einen Treffer gemacht hatten. Atlético, das war der entscheidende Unterschied, nutzte seine erste Torgelegenheit zu einem Treffer, der den Münchnern unter die Haut ging.
Zum zwölften Mal zuhause gewonnen – und ausgeschieden
Nun fehlten den Bayern, die weiter mit viel Herzblut ihr inzwischen grosses Handikap wettzumachen suchten, zwei Tore zum Triumph. Eine Herkulesaufgabe gegen eine Mannschaft, die bei ihren acht Saisonniederlagen nie höher als mit einem Tor Unterschied verloren hatte.
Dazu kam, dass Robert Lewandowski, die Nummer eins in der Torjägerliste der Bundesliga, nahezu teilnahmslos wirkte und keinerlei Bindung zum Spiel fand. Bis zur 74. Minute, als Alaba flankte, Vidal den Ball mit dem Kopf verlängerte und Lewandowski freie Bahn zum 2:1 hatte. Ein Kopfballtor, das noch einmal die letzten Reserven bei den Münchnern mobilisierte.
Die grösste Torgelegenheit aber besass danach Atlético, als Torres bei einem Strafstoss, verursacht von Martinez an am Elfmeterschützen, in Neuers einen Meister fand (84.). So gewann der FC Bayern am Dienstagabend auch sein zwölftes Champions-League-Heimspiel nacheinander und hatte am Ende doch verloren – unverdientermassen.