Der FC Arsenal hat mit Granit Xhaka im defensiven Mittelfeld im zweiten Spiel der Premier League 2016/17 den ersten Punkt geholt. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Londoner am Ende der Spielzeit hinter den Clubs aus Manchester landen werden. Der Grund ist auch der sparsame Umgang mit den eigentlich vorhandenen Millionen.
Die Saison ist noch jung, das Klagelied bei den Arsenal-Fans das alte: «Gib das verdammte Geld aus!» brüllten die mitgereisten Fans der Gunners nach dem Schlusspfiff im King Power Stadium in Richtung Arsène Wenger.
Der Franzose hatte mit seinem Team beim Meister Leicester City am Samstagabend ein an sich akzeptables 0:0 erreicht. Doch den Unmut bei der Anhängerschaft konnte der erste Punktgewinn in der laufenden Spielzeit nicht wirklich mindern. Zu tief sitzt der Frust über Wengers rätselhaft vorsichtige Transferpolitik.
Der Schweizer Nationalspieler wurde in der ersten Runde gegen Liverpool (3:4) für den ehemaligen Basler Mohamed Elneny eingewechselt und stand gegen Leicester (0:0) in der Startformation.
Der 66-Jährige hat Ende Mai 40 Millionen Euro für den Schweizer Granit Xhaka an Borussia Mönchengladbach überwiesen und ein paar billige Nachwuchsspieler verpflichtet. Auf die dringend benötigte namhafte Verstärkung im Sturm und der Defensive wartet man in Nord-London jedoch seitdem vergebens, obwohl Arsenal zuletzt Bargeld-Reserven von 180 Millionen Euro auswies und der neue Fernsehvertrag die Konkurrenz zur Shopping-Tour animiert hat.
«Warum redet hier niemand mehr über Fussball?»
Eher halbherzige Versuche, Leicester die Offensivleute Jamie Vardy und Riyad Mahrez auszuspannen, scheiterten; mit Valencia streitet man sich seit Wochen um den angemessenen Preis für den deutschen Nationalspieler Shkodran Mustafi, der den bis Weihnachten verletzten Per Mertesacker (Knorpelschaden) ersetzen soll.
Mohamed Elneny (rechts) bejubelt Theo Walcotts erstes Tor im ersten Spiel der Saison. Arsenal verliert gegen Liverpool mit 3:4, in der zweiten Runde gegen Leicester erreichen die Londoner ein torloses Unentschieden. (Bild: Reuters/Eddie Keogh)
Wenger wehrte sich vor und nach der Partie in den Midlands vehement gegen den Vorwurf der Knausrigkeit. Das viele Geld auf der Insel verstelle den Blick aufs Wesentliche, argumentierte der Franzose:
«Warum redet niemand mehr über Fussball oder die Spieler, die wir schon haben, und nur über all die anderen Dinge? Es ist schade, dass niemand über die hervorragende Leistung von Rob Holding spricht. Ihr solltet glücklich sein. Er ist englisch, er ist 20. Leider hat er aber nicht 55 Millionen Pfund gekostet, also kann er wohl nicht gut sein.»
Holding, ein 2,3-Millionen-Euro-Talent von Zweitligist Milton Keynes, hatte tatsächlich ein souveränes Match abgeliefert. Wengers Hinweis auf die überteuerten Transfermarkt-Preise für englische Kunden in Europa («es gibt zwei Märkte: Wir zahlen das zehnfache von dem, was andere zahlen») ist ebenfalls angemessen.
Die vielen hundert Millionen der Konkurrenz
Die Frage, ist nur, ob es für den enorm profitablen Club sportlich Sinn macht, sich den neuen, allgemein gültigen Tarifen zu verweigern, während in den vergangenen Wochen allein die Rivalen aus Manchester, City und Manchester United, mehrere hundert Millionen Euro in den Kader pumpten.
Die Prinzipientreue des Diplom-Volkswirts aus dem Elsass trägt mittlerweile quixotischen Charakter: Im Kampf gegen die Premier-League-Windmühlen, das weiss man in Nord-London seit dem Gewinn der letzten Meisterschaft vor zwölf Jahren aus Erfahrung, gewinnt in der Regel nicht der einsame Ritter. Schon jetzt deutet sich an, dass Arsenal am Ende der neuen Saison eher nicht vor Tabellenführer City (4:1 in Stoke City) und dem punktgleichen United (2:1 gegen Southampton) landen wird.
Arsène Wengers Zurückhaltung auf dem Markt befeuert so den schon länger latenten Verdacht, dass der amerikanische Klubbesitzer Stan Kroenke den Fußballlehrer insgeheim zum Sparen anhält. (Bild: Reuters/Darren Staples)
Wenger, dessen Vertrag im kommenden Juni ausläuft, müsste eigentlich alles tun, um das kritische Publikum davon zu überzeugen, dass er in der «kleinen Trainer-Weltmeisterschaft», wie er die mit internationalen Koryphäen übersäte Liga bezeichnet, auch zukünftig bestehen kann – gegen jüngere, dynamischere Übungsleiter, die ihren Teams minutiös ausgearbeitete Spiel-Konzepte an die Hand geben und nicht nur auf die individuellen Qualitäten der Spieler vertrauen.
Der von Wenger angekündigte Zusammenbruch des Marktes lässt auf sich warten
Wengers Zurückhaltung auf dem Markt befeuert so den schon länger latenten Verdacht, dass der amerikanische Clubbesitzer Stan Kroenke den Fussballlehrer insgeheim zum Sparen anhält. Weil dieser anstatt schwer zu erzielenden Meistertiteln verlässlich mehr Millionen auf dem Arsenal-Festgeldkonto anhäuft, mit denen andere Kroenke-Unternehmungen gegenfinanziert werden können.
Stichfeste Beweise für diese Theorie hat zwar noch niemand gefunden, doch man erinnert sich, dass Wenger schon vor zehn Jahren das vergleichsweise geringe Investitionsvolumen als angewandte Nachwuchsförderung verkaufte, später aber zugab, dass Arsenal damals die Mittel zur Schuldentilgung für das neue Emirates-Stadion aufwenden musste.
Seitdem haben die Gunners (435 Millionen Umsatz 2014/15) als einer der reichsten Fussballvereine der Welt eher das eigenartige Problem, zu viel Geld zur Verfügung zu haben – auch, weil der von Wenger immer mal wieder angekündigte Zusammenbruch des englischen Marktes weiter hartnäckig auf sich warten lässt.
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