Mit Roger Federer und Stanislas Wawrinka ist die Schweiz zumindest auf dem Papier so stark wie schon lange kein Davis-Cup-Team mehr auf der Welt. Entsprechend hoch sind die Erwartungen vor dem Spiel gegen Serbien. Auch vom Sieg des «Pottes» ist schon die Rede.
Als sich die Delegationen Serbiens und der Schweiz am späten Mittwochabend zum offiziellen Dinner versammelten, da ging es in eine Lokalität mit Tennisbezug – und einem einschlägig bekanntem Szenenamen. Gespeist wurde im dritten Ableger der «Novak»-Kette, einem Café und Restaurant in der Universitätsstadt Novi Sad, das von der Familie des Weltranglisten-Zweiten Novak Djokovic betrieben wird. Der Hausherr, der «Djoker», fehlte an diesem Abend allerdings genau so wie die Herren Stanislas Wawrinka und Roger Federer, die sich lieber im Spens Sports Center die Trainingsbälle zuschlugen.
Federer freute sich schon auf die Kumpels
Wenn am Freitagnachmittag das Davis Cup-Jahr 2014 beginnt, wird Djokovic als Leitfigur des serbischen Teams wieder fehlen: Der Nationalheld will sich lieber auf sein individuelles Fortkommen konzentrieren und Platz 1 in der Weltrangliste zurückerobern. Für die Schweiz indes sieht die Ausgangslage so erfreulich wie nie zuvor aus, nicht nur mit Davis Cup-Stammgast Wawrinka, der einmal um die halbe Welt jettete, um nach seinem Australian Open-Pokalcoup umgehend auch wieder die Schweizer Farben zu vertreten. Sondern nun eben auch mit Roger Federer, der nach sporadischen Gastspielen im Nationenwettbewerb nun an Wawrinkas Seite gerückt ist. «Eigentlich habe ich mich von dem Moment an, als ich Australien verliess, auf eine Woche mit guten Kumpels gefreut», sagt Überraschungsstarter Federer, «die Entscheidung bei mir ist ganz schnell gefallen. Sie wurde auch dadurch begünstigt, dass ich mich absolut fit fühle nach Melbourne.» Deshalb sei er auch nicht in sein Zweitdomizil Dubai gefahren, so Federer: «Ich wollte mir alle Optionen offenhalten.»
«Diese Woche gehört Stan»
Federer hat in seinen ersten Äusserungen all die Spekulationen, er könne womöglich nach Wawrinkas Pokalcoup an einem Aufmerksamkeitsdefizit leiden und sei deshalb ins Team zurückgekehrt, ins Reich von Absurdistan verwiesen: «Diese Woche hier gehört eigentlich Stan», sagt Federer, «dass ein Grand Slam-Champion gleich wieder zum Davis Cup kommt, ist fabelhaft. Und sollte Riesenbeifall finden.» Er sei glücklich, so Federer, «Stan hier zu sehen und Teil der Mannschaft zu sein.» Einer starken Mannschaft wohlgemerkt, die nicht nur klarer Favorit in der Auftaktpartie gegen nicht erstklassig besetzte Serben ist, sondern auch vom Gesamtsieg träumen kann – dann, wenn sie in dieser Zusammensetzung vereint bleibt. Zumindest für dieses Wochenende stellt Swiss Tennis erstmals seit 2005 (Agassi, Roddick/USA) im gesamten Davis Cup-Kosmos eine Auswahl, in der sich zwei Grand Slam-Champions befinden. «Ich bin begeistert, dass Roger dabei ist», erklärte Wawrinka zu dem Dreamteam-Szenario.
Sich festzulegen für den Rest der Saison hat Federer am Donnerstag aber vermieden. Allerdings dürfte es ihm in dieser Saison so schwer wie nie zuvor fallen, weitere Engagements abzusagen und Freund Wawrinka im Stich zu lassen. «Ganz entscheidend wird sein, wie gesund und fit Roger durch die Saison kommt», sagt Britanniens ehemaliger Topspieler und Szenekenner Tim Henman: «Ich denke schon, dass er den Wunsch hat, diesen Pott auch einmal zu holen.»
Henri Laaksonen musste weichen
In Novi Sad besteht noch einmal auf dem Davis Cup-Papier die alte Schweizer Hackordnung fort, da für die Aufstellung die Weltrangliste vom 13. Januar zählt – damals rangierte Federer noch vor Wawrinka, weshalb er nun Teamleader ist und «Stan, the Man» die Nummer 2. Ab 14 Uhr macht der Maestro daher am Freitag den Anfang gegen Ilja Bozoljac, gefolgt von der Partie zwischen Wawrinka und Dusan Lajovic. Gegen das serbische Doppel Filip Krajinovic/Nenad Zimonjic könnte sich dann am Samstag die Kombination Marco Chiudinelli/Michael Lammer bewähren – Änderungen sind da gleichwohl nicht ausgeschlossen.
Platz machen musste für Federer übrigens Henri Laaksonen, der Mann, mit dem Teamcaptain Severin Lüthi zuletzt schon mal seine disziplinarischen Probleme hatte. Beim Playoff-Duell mit Ecuador flog der Youngster wegen nicht ausreichend starkem Trainingsengagement aus der Mannschaft.