Nach zweimaliger Führung muss sich der FC Basel in Thun mit einem 2:2 (0:1) begnügen. Joo Ho Park mit seinem ersten Treffer überhaupt im FCB-Dress und Marcelo Diaz treffen für die Basler. In der Tabelle hat das Remis keine Auswirkungen, weil GC in Luzern nicht über ein 1:1 hinauskommt.
Es ist schon eine sehr merkwürdige Auseinandersetzung, die sich die Thuner mit ihrem neuen Stadion leisten. Lärmempfindliche Anwohner haben durchgesetzt, dass in die 10’000 Plätze bietende Arena nur noch 6000 Zuschauer bei den Heimspielen hereingelassen werden dürfen.
Am Sonntag hat der FC Basel das Halbfinal-Heimspiel in der Europa League gegen Chelsea als ausverkauft gemeldet. Die Hoffnung, dass Jahreskartenbesitzer von ihrem Bezugsrecht bis Samstzag keinen Gebrauch machen könnten und noch ein Restkontingent an Tickets im freien Verkauf landen könnten, erfüllten sich nicht. 36’500 Zuschauern – so die offizielle Zahl beim ausverkauften Heimspiel gegen Tottenham – werden demnach am Donnerstag (21.05 Uhr, SRF2) im St.-Jakob-Park dabei sein, wenn der FCB erstmals in seiner Clubgeschichte unter den letzten Vier im Europacup antritt. (cok)
Das Klein-Stadion, in einem Zug mit einem benachbarten Einkaufszentrum direkt neben der Autobahn-Ausfahrt Süd hochgezogen, ist bisher noch nicht als Hexenkessel aufgefallen, und ausser den zarten «Hopp Thun»-Rufen der Südkurve sind es während eines Spiels höchstens die penetrant unters Publikum gebrachten Werbebotschaften, die die Dezibel ein bisschen nach oben ausschlagen lassen.
Wie laut können Zuschauer werden?
Aber wie ist man an einem Verwaltungsschreibtisch auf die Zahl von 6000 gekommen? Mit dem Würfelbecher? Mit einem Zufallsgenerator? Und können 3000 enthusiastische Zuschauer vielleicht sogar lauter sein als 9000 gelangweilte?
Fragen, über die man sich am Sonntag Gedanken machen konnte, als noch keine Stunde gespielt war, als der FCB 1:0 führte durch das erste Tor von Joo Ho Park im Basler Dress. Und als diese Basler ihren Vorsprung etwas sehr passiv verwalteten.
Yakins Umstellung auf ein 4-3-3-System
Bis dahin stimmte der Fahrplan des Europa-League-Halbfinalisten durchaus. Murat Yakin hatte eine paar personelle Umstellungen vorgenommen, liess den muskulär angeschlagenen Aleksandar Dragovic draussen, gab Philipp Degen, Mohamed Salah und Geoffroy Serey Die eine Pause, also drei Probables für das grosse Spiel am Donnerstag gegen Chelsea.
Und er setzte seine Ankündigung in die Tat um und bastelte an der Grundordnung seiner Elf. Joo Ho Park und Markus Steinhöfer spielten zwei sehr hoch agierende Aussenverteidiger. Eigentlich waren sie die Flügelspieler in einem 4-3-3 mit drei zentralen Mittelfeldakteuren (Fabian Frei, Mohamed Elneny, Marcelo Diaz) sowie drei Stürmern, wobei Valentin Stocker etwas tiefer gestaffelt hinter Marco Streller und Raul Bobadilla agierte.
Der finale Pass fehlt beim FCB
Das wirkte, auch wenn Bobadilla fehlende Spielpraxis und Spritzigkeit nicht verbergen konnte und sein Spielverständnis mit den Nebenleuten ausbaufähig ist, gefällig. «Wir hatten ein gutes Gleichgewicht und das Spiel im Griff», beurteilte der Trainer selbst seine Umstellung und nannte den Einsatz Bobadillas ein «kleines Risiko».
Der FCB spielte optisch überlegen, war aber auf den letzten 30 Metern nicht konkret genug. Oder, wie es Murat Yakin ausdrückte: «Das war zum Teil sehr kompliziert. Wir haben zu wenig den Abschluss gesucht» Der finale Pass fehlte dem Basler Spiel; auch von Diaz kam er nicht.
Zum Führungstor reichte dem FCB die einzige Chance vor der Pause: Bobadillas scharfen Schuss konnte Guillaume Faivre zwar parieren, doch der Ball fiel Joo Ho Park quasi auf den Kopf. Der 1,76 Meter messende Südkoreaner war völlig alleine gelassen worden, was man irgendwie nachvollziehen kann, denn in den 70 Spielen zuvor im FCB-Dress war Park nie dadurch aufgefallen, Torgefahr auszustrahlen. Umso mehr freute er sich, freuten sich seine Mitspieler über die Torpremiere.
Das Chaos in der FCB-Abwehr
Der FC Thun spielte zwar defensiv, dies aber gut organisiert und nach vorne immer zu einer Unternehmung aufgelegt, wenn ihm der FCB Lücken bot. Und gegen 15 Uhr war es dann soweit, wurde die Anwohnerschaft der Thun-Arena aus dem Nachmittagsschlaf gerissen.
Weil Yann Sommer eine Freistossflanke nur ungenügend mit der Faust abwehren konnte, der Ball Fabian Frei traf – «und dann gab es Chaos», wie es der sonst so untadelige FCB-Schlussmann ebenso treffend wie anschaulich beschreibt. Muhamed Demiri war es schliesslich, der den durch den Basler Strafraum flippernden Ball via Fabian Schärs Hacke im Netz unterbrachte.
Naja, ein punkt. Gut ist anders. Aber schliesslich wartet #chelsea #fcbasel #rotblaulive
— David Sieber (@CR_Sieber) 21. April 2013
Die Basler Reaktion liess jedoch nicht auf sich warten. Strellers beste Szene – eine Balleroberung und schnelle Weiterleitung in Stockers Lauf – stand am Ursprung der erneuten Führung. Stockers Speed und grosse Übersicht beim Querpass vollendete Diaz am zweiten Pfosten – der Chilene musste die Kugel nur noch über die Linie drücken.
Zweimal in Führung – «Das muss man gewinnen»
Zweimal lag der FCB also vorne im Berner Oberland, wo er im November die letzte Niederlage in der Meisterschaft eingesteckt hat und im Februar in der Verlängerung des Cup-Vietelfinals weitergekommen war. Diesmal kassierte er erneut den Ausgleich, wieder im Anschluss an einen gefährlich getretenen Freistoss von Luca Zuffi, wieder nach einem Durcheinander im Strafraum, einem Rempler von Marco Schneuwly gegen Steinhöfer, und einer Volleyabnahme von Zuffi.
Auch der Chelsea FC spielte in seinem Meisterschaftsspiel am Sonntag 2:2. In Liverpool und ebenfalls nach zweifacher Führung durch Oscar (26.) und Eden Hazard (Foulpenalty, 57.). Der FC Liverpool glich einmal durch Sturridge aus (52.) und in der Schlussminute durch Suarez, der mit einer Beissattacke für einen Eklat sorgte. Chelsea musste in der Tabelle Arsenal vorbeiziehen lassen auf Platz 3 der Premier League, der die direkte Qualifikation zur Champions League bedeutet. (cok)
Mehr zu diesem Spiel am Montag im Rahmen der kleinen Serie «Unser täglich Chelsea».
«Das muss man eigentlich gewinnen», sagte Murat Yakin, «das ärgert mich schon.» Der Trainer stellte nach dem 2:1 und einem Doppelwechsel wieder um auf ein 4-1-4-1, und in der Nachspielzeit boten sich noch zwei prima Chancen zum Siegtreffer.
Yann Sommer pflichtete seinem Trainer bei: «Damit können wir nicht zufrieden sein.» Das eine Gegentor war zwar so unnötig wie das andere, aber auch das Resultat eines nicht erlahmenden Engagements der Gastgeber. «Das spricht für die Qualität der Mannschaft und ihre unheimliche Moral», freute sich Thun-Trainer Urs Fischer und reklamierte ein «mehr als verdientes» Remis.
Verschmerzbare Punkte
Angesichts dessen, dass in Luzern beim ersten Spiel mit Alex Frei als Sportdirektor die Grasshoppers auch nur unentschieden spielten, sind die liegen gelassenen Punkte in Thun verschmerzbar für den FC Basel, der weiterhin drei Längen vorausliegt und seine Serie der Ungeschlagenheit in der Super League auf elf Partien ausbaute.
Weil in der neuen Woche noch etwas Spezielles auf dem Programm steht, der erste Europacup-Halbfinal der Clubgeschichte, wollte Yakin den Thun-Match auch schnell abgehakt haben. Die nächsten beiden Tage ist Regeneration verordnet, ehe es in den 52. Saisonmatch geht. Mit einer Grundordnung im Spiel, das deutet Yakin an, die sich eher dem Tottenham-Spiel als dem Thun-Spiel ähneln wird.
Für das kapitale Duell mit Chelsea gab Urs Fischer seinem Kollegen und den FCB-Spielern die besten Wünsche mit auf den Weg: «Was sie für den Schweizer Fussball leisten, ist fantastisch. Ich traue ihn viel zu.»
Fischer lauschte seinen Worten nach und extrahierte aus dem Nachmittag für sich und die Berner Oberländer noch eine kleine Motivationshilfe: «Der FC Thun hat gegen diesen FC Basel einen Punkt geholt – dann muss man einiges richtig gemacht haben.» Dieser FC Thun behält Platz 5 im Auge – ein Platz, der aufgrund des Cup-Finals FCB-GC die Aussicht auf die Teilnahme an der Europa League eröffnet. Vor dannzumal maximal 6000 Zuschauern halt.
FC Thun–FC Basel 2:2 (0:1)
Arena Thun. – 5791 Zuschauer. – SR Pache.
Tore:
25. Park 0:1 (Kopfball aus elf Metern nachdem Faive einen scharfen Diagonalschuss von Bobadilla pariert hat – allerdings genau dorthin, wo Park lauert. Vorausgegangen war ein Einwurf von Diaz, den Streller in den Lauf von Bobadilla leitet, der mit unfreiwilliger Thuner Hilfe zum Abschluss kommt).
60. Demiri 1:1 (nach einem Freistoss und einer zu kurzen Faustabwehr Sommers fällt der Ball Demiri vor die Füsse, der aus wenigen Metern und spitzem Winkel via Schärs Hacke in die kurze Ecke trifft).
65. Diaz 1:2 (schiebt aus kurzer Distanz einen Querpass von Stocker von der linken Strafraumseite am zweiten Pfosten ein, der nach einer Balleroberung Strellers steil geschickt wird).
70. Zuffi 2:2 (Volleyschuss aus 14 Metern platziert in die rechte untere Torecke, als der FCB wie beim ersten Gegentor den Ball nach einem Freistoss Zuffis nicht aus der Gefahrenzone bringen kann und Schneuwly per Kopf für Zuffi auflegt).
Verwarnungen: 27. Ferreira (Reklamieren), 69. Schär (Foul, Ferreira). 71. F. Frei (Reklamieren).
Thun (4-1-4-1): Faivre; Lüthi, Reinmann, Schindelholz, Schirinzi; Ferreira, Zuffi, Demiri (77. Siegfried), Bättig; Wittwer (59. Steffen); Schneuwly (92. Sadik). – Ersatz: Moser (T), Krstic, Frey, Matic.
Basel (4-3-3): Sommer; Steinhöfer, Schär, Sauro, Park; F. Frei; Diaz (66. Serey Die), Elneny; Stocker; Bobadilla, Streller (66. Salah). – Ersatz: Vailati (T), Ajeti, P. Degen, Zoua, Cabral.
Bemerkungen: Thun ohne Ghezal, Horta, Salamand, Cassio (verletzt), Bigler (rekonvaleszent), Hediger (U21); Basel ohne Dragovic und Voser (beide verletzt). – FCB ab der 66. mit einem 4-1-4-1, Salah (rechts) und Stocker links) auf den Flügeln und Bobadilla als einziger Sturmspitze.
Live-Tweets zum Spiel bei twitter.com
Der Torverteiler – präsentiert von weltfussball.de
Alles über Fußball oder direkt zur Super League (CH)