Ja, auch Fussballer sind mündige Menschen, denen nicht alles vorgekaut werden muss. Das denkt Trainer Paulo Sousa. Und verzichtet darauf, seine Spieler vor den Spielen des FC Basel im Hotel zu kasernieren. Auch vor dem Auswärtsspiel in Thun.
Doch, doch Paulo Sousa kann auch konkrete Antworten geben. Nein, seine Hunde haben nicht unter der Schweizer Pyromanie rund um die Nationalfeier zu leiden, sie sind noch gar nicht im Lande. «Und wenn sie hier wären», sagt der Trainer des FC Basel, «dann weiss ich genau, dass sich zwei von ihnen echt freuen würden. Und einer hätte wohl total Angst.»
Nur ist es so, dass Paulo Sousa meist einfach keine konkreten Antworten geben mag. Zum Beispiel dann nicht, wenn es um das kommende Spiel seiner Mannschaft gegen den FC Thun geht. Oder auch dann, wenn ganz allgemein Fragen zu seiner Herangehensweise an das Spiel Fussball gestellt werden.
Schliesslich könnte der Gegner ja mitlesen, was sich Sousa so zusammendenkt – und sich danach haargenau auf den FCB vorbereiten. Das will Sousa nicht. Und so hören sich dann seine Antworten auch an. Könnte Yoichiro Kakitani zu seinem FCB-Debüt kommen? «Er ist einer von vielen Spielern, die ein Kandidat sind für die Stammelf.» Ist Walter Samuel bereits fit genug für einen Einsatz? «Wer mit der Mannschaft trainiert, ist bereit. Er hat mit ihr trainiert.»
Kakitani und Samuel werden warten müssen
Gut, wer dem 36-jährigen Innenverteidiger danach beim Einlaufen zusieht, wie er sich auf dem offenbar ungewohnten Kunstrasen wie auf rohen Eiern bewegt, der geht davon aus, dass Samuel eher kein Kandidat für die ersten Elf ist. Und auch die japanischen Journalisten dürften sich noch etwas gedulden müssen, bis ihr Popstar Kakitani beim FCB von Anfang an mit dabei ist.
Und sonst so? Ist Sousa ganz zufrieden damit, wie sich seine Spieler auf seine neuen Ideen einlassen – welche immer das denn sein mögen. Es sei nicht ganz einfach für seine Profis, sagt Sousa, darum arbeite er derzeit im Training mit vielen Wiederholungen: «Am Ende muss die Mannschaft eine klare Identität haben. Jeder muss wissen, was in unserem Pass steht.»
Ist das eine Revolution?
Spricht Sousa, klingt es immer ein wenig nach einer Fussball-Revolution, die sich in Basel abspielen wird: «Die Spieler versuchen das umzusetzen, was wir ihnen vorgeben. Auch wenn es nicht ganz einfach ist, wenn du Dinge komplett anders machen musst.»
Irgendwie klingt das dann bei Luca Zuffi aber leicht weniger dramatisch. «Jeder Trainer hat seine Eigenheiten», befindet der Neuzugang aus Thun zwar. Aber komplett anders? Nein, so mag Zuffi die Trainings bislang nicht miterlebt haben. Aber vielleicht ändert sich das ja noch im Verlauf der Saison, wenn Sousa die Grundzüge seiner Philosophie implementiert hat und etwas mehr in die Details geht.
Wie die Revolution auf dem Trainingsplatz aussieht? Das wiederum bleibt ein gut gehütetes Geheimnis. Schliesslich sind die Übungseinheiten seit Sousas Amtsantritt samt und sonders geschlossen – sieht man von den ersten 15 Minuten Aufwärmzeit der Freitagstrainings ab. Die stechen aber höchstens durch die grosse Ausgelassenheit in Mannschaft und Trainerteam hervor. Immerhin: Da ist ein Unterschied zu vielen Trainings unter Murat Yakin zu sehen.
Das doppelte Umschalten
Den Rest von Sousas Ideen müssen die Beobachter schon selbst aus den Spielen zu lesen versuchen. In Aarau hatte sich der FCB mit hohem Pressing Chancen und Tore erarbeitet. Gegen den FC Thun dürfte wohl das schnelle Umschalten ein Thema sein, das der Portugiese seinen Spielern mit auf den Weg gibt.
In seinen zwei Jahren im Berner Oberland hätten die Thuner immer «sehr aggressiv auf den Ball gespielt, und gleich nach Balleroberung den schnellen Konter gesucht», erzählt Zuffi. Das hat sich in der kurzen Sommerpause nicht geändert.
So wird ein Schlüssel zum Basler Erfolg im doppelten Umschalten liegen: Also in der schnellen Bewegung in die eigene Defensive bei Ballverlust, gefolgt von ebenso raschem Gegenangriff bei folgendem Ballgewinn. So könnten die Thuner, die sich sonst auf eine solide Abwehr verlassen können, mit den eigenen Mitteln geschlagen werden.
Ab jetzt wird daheim geschlafen
Und dann gibt es da doch noch eine Frage, die Paulo Sousa ganz konkret beantwortet: Ja, die Basler werden wie schon vor dem Auswärtssieg in Aarau erst am Spieltag selbst ins gegnerische Stadion reisen. Dass die Spieler nicht unbedingt vor jedem Spiel kaserniert werden müssen, hat Sousa in England gelernt. Nun möchte er auch in Basel den Spielern mehr Zeit zuhause gönnen – im Vertrauen darauf, dass er es mit mündigen Menschen zu tun hat, die selbst wissen, wann sie ins Bett zu gehen haben.
«Es gibt noch genug Stunden, die wir im Hotel verbringen werden», sagt der Portugiese mit dem Blick auf die Champions League, «und jeder von uns ist doch lieber von Menschen umgeben, die uns lieben – also bei unserer Familie.»
So will es Sousa künftig bei allen Heimspielen halten – und auch bei Auswärtspartien, bei denen die Anfahrtszeit kurz ist – also bei fast allen Spielen der Schweizer Liga. Auch das ein Unterschied zu seinem Vorgänger Yakin, der sein Team jeweils am Tag vor den Auswärtsspielen im Hotel versammelte.
Und so gibt der Übungsleiter des FCB doch noch einen Grundpfeiler seiner Trainerphilosophie preis: Selbstverantwortung. Aber auf die kann sich der Gegner taktisch ja auch kaum einrichten.