Der zypriotische Goldesel zu Gast in Basel

Am Tor zur Europa League trifft der FC Basel im Playoff-Hinspiel am Donnerstag (20 Uhr) auf Apollon Limassol. Der Klub entspricht den gängigen Vorurteilen vom Fussball auf Zypern – und ist in einigermassen dubios erscheinende Geschäfte verstrickt.

Nahezu unverändert: Die Elf, mit der Apollon Limassol vergangene Saison beim FC Everton antrat. Rechts Torhüter-Methusalem Bruno Vale (stehend), davor Captain Giorgos Vasiliou, einer der wenigen Einheimischen.

Apollon Limassol hat sich hochgearbeitet. Seit 2013 haben die Zyprioten drei Mal den Sprung in die Europa League geschafft. In den Gruppenspielen haben sie zwar keine Stricke zerrissen, denn aus den 18 Partien resultierten lediglich zwei Siege, einer gegen Legia Warschau und ein 3:2 gegen den FC Zürich im September 2014. Aber vergangene Saison trotzten sie immerhin drei renommierten Gegnern – Olympique Lyon, Everton FC und Atalanta Bergamo – jeweils ein Unentschieden ab.

Das macht im Ranking der europäischen Klubs in den letzten zehn Jahren einen Sprung von fast hundert Plätzen aus. Aktuell wird Apollon auf Rang 125 geführt und liegt damit etwa in der Mitte zwischen Paok Thessaloniki (49) und Vitesse Arnheim (176), den beiden bisherigen Qualifikationsgegnern des FC Basel in diesem Sommer.

Und Paok, das sei am Rande erwähnt, hat nach Basel auch Spartak Moskau (3:2, 0:0) hinter sich gelassen und am Dienstag in Lissabon Benfica im Hinspiel ein 1:1 abgetrotzt und träumt weiter von der ersten Champions-League-Teilnahme.

Das Gesicht der Mannschaft von Apollon Limassol entspricht dem Bild, das Aussenstehende vom zypriotischen Klubfussball haben: eine Truppe von zum Teil gealterten Legionären aus aller Herren Länder. Es sind weithin wenig bis völlig unbekannte Spieler jenseits der 30-Jahre-Grenze, die den Spätherbst ihrer Karriere unter der Sonne des Mittelmeers verbringen. Und das in einer Liga, deren Ruf und Güte gemeinhin knapp über dem eines Turniers für Thekenmannschaften steht.

Geschacher im Dreiecksgeschäft

In die Schlagzeilen schafft es ein Klub wie Apollon fern der Insel eigentlich nie. Das war anders, als «Der Spiegel» zusammen mit einem Rechercheverbund europäischer Medienhäuser im Dezember 2016 die Details eines Spielertransfers in die Bundesliga aufzeigte, bei der Apollon eine zumindest zweifelhafte Rolle spielte.

Das Dossier zu den Football Leaks bei Spiegel online

Verkürzt geht die Angelegenheit so: Der 20-jährige serbische Stürmer Mijat Gacinovic wechselte am 11. August 2015 von Apollon Limassol zu Eintracht Frankfurt, ohne jemals im Trikot von Apollon gespielt zu haben. Am 31. Juli 2015 hatte Gacinovic bei Apollon für vier Jahre unterschrieben bei einem Monatsgehalt von 10’000 Euro.

Vom 3. August 2015 datierte ein Vertrag zwischen Gacinovic’ Heimatklub FK Vojvodina Novi Sad und Apollon über 1,25 Millionen Euro Transferentschädigung. Zu überweisen an die Schweizer Privatbank EFG und auf das Konto eines in Kanada domizilierten Unternehmens namens European Sports Management.

Die Rolle als Brückenklub

Eintracht Frankfurt bezahlte eine Woche später den exakt gleichen Betrag an Apollon. Im Vertragsanhang ist festgehalten, dass Apollon mit 50 Prozent an zukünftigen Transfererlösen mit Gacinovic profitiert, dessen Marktwert sich inzwischen in der Bundesliga vervielfacht hat.

Formaljuristisch ist dagegen nichts einzuwenden. Die beiden Spiegel-Redakteure, die einen ersten Teil der Recherche in ihrem Buch «Football Leaks – die schmutzigen Geschäfte im Profifussball» zusammengefasst haben, bezeichnen den Gacinovic-Transfer dennoch als «Geschacher» in einem «Dreiecksgeschäft».

Und sie stellen die Frage: «Welche Erklärung sollte es dafür geben, dass ein notorisch schlecht beleumundeter Klub wie Apollon Limassol in der Sommerpause einen Spieler aus Serbien verpflichtet, ihn nach acht Tagen weiterverkauft – und dennoch zu 50 Prozent an allen künftigen Transfererlösen für diesen Spieler beteiligt werden will?»

Auf den 1. Mai 2015 geht ein Beschluss des Weltfussballverbandes Fifa zurück, der die sogenannte Third Party Ownership (TPO) verbietet, also die Beteiligung Dritter an Spielertransfers, die ein Nährboden für dubiose Beteiligungen, Geldströme in die Offshore-Paradiese dieser Welt und abenteuerliche Firmenkonstrukte war und ist.

Einer der mächtigen Strippenzieher im internationalen Fussballbusiness: Pinhas «Pini» Zahavi, hier im Januar an der Stamford Bridge in London.

Das alles geht aus Millionen von Dokumenten hervor, die dem «Spiegel» von einem Informanten, dem Gründer der Plattform Football Leaks, seit drei Jahren exklusiv zugespielt werden und die das Hamburger Nachrichtenmagazin mit einem Verbund von Medienhäusern, dem European Investigative Collaborations (EIC) teilt. Zu diesem Recherche-Netzwerk gehört auch «The Black Sea».

Das rumänische Webportal hat aus den vorliegenden Papieren weitere Transfers von Spielern aus Serbien und Rumänien identifiziert, bei denen Apollon lediglich als Brückenklub fungiert für Spieler, die niemals den Rasen im Tsirion-Stadion von Limassol sehen. Eine Praxis, so hält «The Black Sea» fest, die von der Fifa in Argentinien und Uruguay schon sanktioniert wurde.

Ein berühmter Strippenzieher im Boot

In dem Report der Rumänen taucht im Zusammenhang mit Apollon der Name eines der einflussreichsten Spieleragenten auf: Pinhas «Pini» Zahavi. Der Israeli, ein früherer Fussballjournalist, gilt als einer der ganz grossen Strippenzieher im globalen Kickergewerbe und soll zum Beispiel massgeblich am Deal beteiligt gewesen sein, als Roman Abramowitsch den Chelsea FC kaufte. Und das ist nur eines von vielen Millionengeschäften, bei denen der heute 74-Jährige sein Netzwerk spielen lässt und gut daran verdient.

Laut eines Dokumentes und Aussagen eines Informanten von «The Black Sea» soll Zahavi Anteile an der Aktiengesellschaft Apollon Football Ltd besitzen. Auf entsprechende Fragen vor Publikation des Reports antworteten aber weder Zahavi noch Apollon-Präsident Nikos Kirzis.

Junger Präsident, alte Mannschaft

Es sind dies Geschichten, die nicht so recht zum Namen des Vereins passen wollen, zum – wie es in der griechischen und römischen Mythologie heisst – Gott des Lichts, der Heilung, des Frühlings, der sittlichen Reinheit und der Mässigung. Der 43-jährige Kirzis stammt aus Limassol, hat in Oxford studiert, ist seit 2012 Präsident von Apollon und lässt sich auf der Website des 1954 gegründeten Klubs feiern als «jüngster Präsident in der Geschichte», der 2013 mit dem Cup einen Titel gewinnen konnte.

Sofronis Avgousti, seit Dezember 2016 ist der aus Limassol stammende ehemalige Torhüter der Trainer von Apollon.

Es ist einer von insgesamt neun Cup-Triumphen, wobei die jüngsten auf 2016 und 2017 zurückgehen. 2006 hat Apollon den letzten von drei Meistertiteln gefeiert. Als Zweiter hinter Serienmeister Apoel Nikosia hat sich Apollon aktuell für den Europacup qualifiziert, Trainer ist seit Dezember 2016 der einheimische Sofronis Avgousti (41), und die neue Saison in der First Division beginnt erst am 25. August.

Eine Abwehr im Vorruhestandsbereich

Stumbras Kaunas aus Litauen (0:1, 2:0) und Zeljeznicar aus Sarajevo (2:1, 3:1) haben die Zyprioten aus dem Weg geräumt, und mit dem 4:0-Heimsieg gegen die Weissrussen von Dinamo Brest (Rückspiel: 0:1) die Grundlage für das Erreichen der Playoffs gegen Basel geschaffen. Zwei Einheimische – der von einem kurzen Abstecher nach Estoril zurückgekehrte Charalambos Kyriakou und Captain Giorgos Vasiliou – standen in der Startelf, daneben Portugiesen, Spanier, ein Franzose und drei Argentinier, zwei von ihnen mit italienischem Zweitpass.

Die Abwehr hat das stolze Durchschnittsalter von 31,7 Jahren, und dahinter hütet Bruno Vale das Tor, ein 35-Jähriger, der vom FC Porto stammt und seit 2012 für Limassol spielt. Es sind allesamt Spieler, von denen diese Fussballwelt noch nicht gehört hat, Spieler, die Karrieren mit vielen (Leih-)Stationen in zweit- und drittklassigen Ligen haben. Und von denen man nicht weiss, ob es noch höhere Pläne mit ihnen gibt.

Die Tore von Apollon Limassol gegen Dinamo Brest:

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