Deutschland bleibt auf Titelkurs

Die deutsche Fussballnationalmannschaft steht wieder im WM-Halbfinale: Hummels köpft das Team von Joachim Löw zum 1:0-Sieg gegen Frankreich.

Mats Hummels schiesst Deutschland mit einem Kopfballgoal ins Halbfinale. (Bild: MOHAMED MESSARA)

Die deutsche Fussballnationalmannschaft steht wieder im WM-Halbfinale: Hummels köpft das Team von Joachim Löw zum 1:0-Sieg gegen Frankreich.

Die deutsche Nationalmannschaft hat bei ihrer 18. WM-Teilnahme zum 13. Mal ein Halbfinale erreicht. Das 1:0 (1:0) gegen Frankreich durch ein Kopfballtor von Mats Hummels in der 12. Minute führte die DFB-Auswahl bereits zum vierten Mal hintereinander in die Runde der vier Top-Teams, ein ebenso einzigartiger Wert wie der Semifinal-Rekord.

Nach einer konzentrierten Leistung mit einem taktisch und personell veränderten Team sind Bundestrainer Joachim Löw und die Nationalspieler nur noch zwei Siege vom ersehnten vierten WM-Titel entfernt. Am Dienstag (22.00 Uhr MESZ) steht in Belo Horizonte der Sieger der Partie Brasilien-Kolumbien als letzte Hürde vor der achten Teilnahme an einem WM-Finale.

Abkehr von der Sicherheitsvariante

Die deutsche Elf demonstrierte ihre Flexibilität, indem sie vom 4-3-3 der vorangegangenen vier WM-Spiele auf das in der Vergangenheit meist angewandte 4-2-3-1 umschaltete. Löw überraschte wieder einmal mit einer Aufstellung, mit der er eine Abkehr von seiner zuvor bei der WM praktizierten Sicherheitsvariante vornahm.

Per Mertesacker raus, Philipp Lahm rechts in die Abwehr, Miroslav Klose neu im Team als Sturmspitze: Das waren die drei wesentlichen Änderungen für das Duell mit der Grand Nation.

Die neue Strategie ging auf. Die Auswahl des Deutschen Fussball-Bundes (DFB) präsentiert sich im Defensivverbund aufmerksam und gut sortiert. Nach vorne arbeitete sie energischer, aber oft zu ungenau. Mehr als die Führung durch Hummels zweiten WM-Treffer nach Freistoss von Toni Kroos sprang nicht heraus. Am Ende aber war das «Vorspielen» im Maracana-Stadion, wo am Sonntag nächster Woche das Finale ausgetragen wird, gelungen.

Kampf gegen die Hitze 

Rio de Janeiro vibrierte schon am frühen Morgen. Ein sehr heisser, sehr schwüler Tag hatte begonnen, als die deutsche Mannschaft von ihrem Hotel an der Copacabana aufbrach. Hunderttausende Brasilianer strömten schon an den berühmten Strand, um dort in riesigen Fanzonen das erste WM-Viertelfinale zu erleben und anschliessend die Partie ihrer Selecao gegen Kolumbien.

Die Christus-Figur auf dem Berg Corcovado über der Stadt lag in dichtem Dunst. Unten im armen Norden der Stadt auf dem Maracana-Spielfeld herrschten mehr als 30 Grad bei greller Sonne, als der Klassiker Deutschland–Frankreich begann. In einem gellenden Aufschrei von 74’240 Zuschauern ging der Anpfiff des argentinischen Schiedsrichters Nestor Picana unter. Mit dem 57. von insgesamt 64 Spielen hatte die 20. Weltmeisterschaft ihre entscheidende Phase erreicht.

Zwischenzeitlich wurde das Viertelfinale immer wieder zu einem «Fehlerfestival».

Die deutsche Elf war dafür gerüstet. Löw hatte Umbaumassnahmen vorgenommen. Die Innenverteidigung wurde von Jerome Boateng und Hummels gebildet, flankiert in der Vierer-Abwehrkette von Benedikt Höwedes links und Lahm rechts.

Mit dem Zurückziehen des Kapitäns aus dem defensiven Mittelfeld wich Löw von seinen Konzept ab, das er vier WM-Spiele gegen jede Kritik verteidigt hatte. Die Sechser-Positionen nahmen Sami Khedira und Bastian Schweinsteiger ein, das offensive Mittelfelf begann mit Thomas Müller, Toni Kroos als «Zehner» und Mesut Özil, der auf die linke Aussenbahn verfrachtet wurde, dort aber nicht gut zurecht kam.

Vorne agierte der 36-jährige Klose bei extremen Bedingungen, die beiden Teams schwer zu schaffen machten. Zwischenzeitlich wurde das Viertelfinale immer wieder einmal zu einem «Fehlerfestival». Zwischen 13 und 15 Uhr spielt kein Profiteam in Deutschland oder Frankreich und in Brasilien erst recht nicht, aber mit den leistungsfeindlichen Anstosszeiten kassiert die FIFA auf dem europäischen TV-Markt Milliarden.

Alles passte

Das war kein Thema für die Spieler, die sich den Bedingungen kompromisslos stellten. Alles passte für die Deutschen gleich in der Anfangsphase einmal: Der gefoulte Kroos zirkelte eine Freistossflanke genau auf den Kopf des aufgerückten Hummels, der sich gegen Raphael Varane Platz verschafft hatte, um den Ball per Kopf über Frankreichs Schlussmann Hugo Lloris hinweg hoch ins Tor zu befördern.

Mit der Führung im Rücken dominierte Löws Truppe die Partie, aber die Franzosen kamen mehrfach gefährlich vor Manuel Neuers Tor mit dem grössten Schreckmoment in der 37. Minute, als Mathieu Valbuena den deutschen Torhüter zu einer Glanzparade zwang.

In der zweiten Halbzeit machten die Franzosen noch mehr Druck, die Führung wurde zwar geschickt verteidigt, zumal Karim Benzema trotz vier WM-Toren nicht in Bestform ist. Dem deutschen Offensivspiel mangelte es nun aber an Dynamik und Ideen. In der 69. Minute kam Andre Schürrle für Klose, der nicht eine Chance bekommen hatte, den ewigen WM-Torrekord auf 16 Treffer auszubauen. In der gleichen Minute verfehlte Müller mit einem Flachschuss knapp seinen fünften Treffer bei diesem WM-Turnier. Neuer bewährte sich als sicherer Rückhalt, Ausflüge vor dem Strafraum waren nicht das Gebot der Stunde.

Am Schluss viel Glück

In der 81. Minute hatte das DFB-Team grosses Glück, als nach einer Ecke der Ball von Hummels Gesicht knapp das eigene Tor verfehlte. Beim anschliessenden Konter verpasste erst Müller, dann Schürrle das 2:0. Das Team der 14, das am Halbfinaleinzug beteiligt war, bestand aus sieben Bayern, je einem Dortmunder, Schalker und Gladbacher sowie den Legionären von Real Madrid, dem FC Arsenal, dem FC Chelsea und Lazio Rom. Am Dienstag dürfte die Aufgabe noch etwas schwerer werden, aber lösbar bleiben. Die deutsche Nationalelf befindet sich auf Titelkurs.

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