Mit einer erstklassigen, phasenweise begeisternden Darbietung revanchiert sich der FC Basel für die 0:1-Niederlage in Bulgarien. Dank der vier zum Teil spektakulären Tore von Embolo, Gonzalez, Gashi und Suchy steht der FCB auf Platz zwei der Gruppe B – und damit die Tür zum Achtelfinal in der Champions League wieder weit offen.
Sehr glücklich und sehr stolz – was Paulo Sousa hinterher preisgab aus seiner Gefühlswelt, dürfte in etwa deckungsgleich sein mit der des Grossteils der 35’272 Zuschauer im St.-Jakob-Park und vieler weiterer FCB-Fans. Der FCB hat Basel und der wohlgesonnenen Rest-Schweiz wieder einmal einen grossen Europacup-Abend beschert.
Mit dem 4:0 gegen Ludogorets Razgrad hat er nicht nur den höchsten Sieg in seiner Champions-League-Geschichte erzielt, sondern nun auch beste Aussichten auf Platz 2 und die Achtelfinals. Weil Liverpool mit der nicht überraschenden 0:1-Niederlage bei Real Madrid zurückgebunden wurde. Die Spanier stehen damit bereits in der K.o.-Phase und sind als nächstes zu Gast in Basel.
Der FCB gegen den bulgarischen Meister – das war das Spiel, in dem Shkelzen Gashi sein lang erdauertes Debüt in der Königsklasse geben durfte – und mit einem Tor krönte. Es war das Spiel, in dem Derlis Gonzalez bereits sein zweites Champions-League-Tor auf ähnlich verblüffende Weise erzielte wie schon jenes in Madrid. Es war auch das Spiel des Fabian Frei, der die beiden ersten Treffer perfekt vorbereitete. Und es war schliesslich das Spiel des Marek Suchy, der sich nach dem Motto «Wer hat noch nicht nicht, wer will noch mal» auch noch unter die Torschützen einreihte.
Embolo hievt sich ins grosse Schaufenster
Die Partie wird aber auch deshalb in Erinnerung bleiben, weil Breel Embolo sich ins grosse Schaufenster der Königsklasse hievte. Mit einem Tor zum 1:0, das all seine Qualitäten zeigte. Es war ein fliessender, dynamischer Bewegungsablauf, wie der in der 34. Minute den Ball mit der Brust an- und mitnahm, wie er den Körper zwischen sich und Georgi Terziev brachte, den energisch störenden Verteidiger abschüttelte und mit dem rechten Fuss traf.
Eine Veränderung. Kaum Rotation. Ergebnis: Höchst zufriedenstellend! Gelernt? Bravo Basel! #rotblaulive #srffussball
— Marco Zibung (@MarcoZibung) 4. November 2014
Das macht den Kameruner, der in Basel gross wurde und auf den Schweizer Pass wartet, nach 17 Jahren und 263 Tagen Lebenszeit zum fünftjüngsten Torschützen der Champions League. Hinzu kam sein Assist zum 3:0, hart an der Abseitsgrenze, vielleicht auch leicht darüber hinaus, aber nichtsdestotrotz war der Querpass auf Gashi mit grosser Klasse gespielt.
Der FCB macht fast alles richtig
Der FCB machte an diesem Novemberabend so ziemlich alles richtig. Er begann dominant, erstickte anfangs durch aggressives Pressing und Zweikampfverhalten jegliche Befreiungsversuche der Bulgaren und behauptete den Ball in der Anfangsviertelstunde zu fast 70 Prozent.
Fakten zum Spiel FCB-Ludogorets 4:0 | ||
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FCB | Ludogorets | |
Ballbesitz (total) | 53% | 47% |
Ballbesitz Halbzeit | 54% | 46% |
Angriffe | 40 | 22 |
Schüsse | 17 | 5 |
Schüsse aufs Tor | 8 | 2 |
Aluminiumtreffer | 0 | 0 |
Eckbälle | 6 | 2 |
Abseits | 2 | 5 |
Fouls | 9 | 10 |
Gelbe Karten | 1 | 1 |
Pässe | 503 | 397 |
angekommene Pässe | 429 | 334 |
Passquote | 85% | 84% |
gelaufene Meter (Team) | 121’054 | 116’509 |
Schon nach 90 Sekunden schoss Derlis Gonzalez ein erstes Mal, musste Stoyanov im Razgrad-Tor zum ersten Mal parieren. Wenig später tat er das auch bei eiem Freistoss vom Luca Zuffi. Basel drängte, kontrollierte das Geschehen, fand die Lücke zunächst nicht, blieb jedoch geduldig, und die Mannschaft war in einem starken Kollektiv immer bereit, dem schnellen Konterspiel von Ludogorets Luft und Raum zu nehmen.
Razgrad verliert früh den Abwehrchef
Hatte vor 14 Tagen in Sofia eine rote Karte für Serey Die das Spielgeschehen massgeblich beeinflusst, war es diesmal fast zum gleichen Zeitpunkt der Partie in Basel eine Verletzung. Cosmin Moti kehrte nach einem harten Zusammenprall mit Breel Embolo in der 17. Minute zwar noch einmal zurück, musste vier Minuten später aber ausgewechselt werden.
«Er ist eine Hauptfigur in unserer Mannschaft, ein Leader», sagte Georgi Dermendzhiev nach der klaren, diskussionslosen Niederlage, und der Trainer von Ludogorets fügte an: «Immer, wenn er nicht dabei ist, sieht man es dem Team deutlich an.» Den Verlust ihres Abwehrchefs verkraftete die Mannschaft tatsächlich nicht. «Individuelle und taktische Fehler» sah Dermendzhiev, als Aleksandar Aleksandrov Motis Position eingenommen hatte. Razgrad schwammen gegen einen hochkonzentrierten, einen beharrlichen und einen phasenweise begeisternden FCB die Felle davon.
Sousa ändert Team nur auf einer Position
Paulo Sousa hatte seine Mannschaft nur auf einer Position im Vergleich zum souveränen 2:0 gegen GC am Samstag verändert. Für Philipp Degen begann Taulant Xhaka als Rechtsverteidiger. Ob das nun nach der anhaltenden, zum Teil aberwitzigen Rotations-Debatte der Weisheit letzter Schluss war, ein Umdenken des Trainers oder schlicht das Resultat der Entwicklung der Mannschaft – im Endeffekt trug es zu grösserer Stilsicherheit bei.
Als Ludogorets die Partie offener gestaltete, den FCB bei der Spielauslösung sehr hoch störte, musste eine andere Lösung her – und der FCB fand sie mit Fabian Frei, der die ersten beiden Tore mit bestechenden, weiten Zuspielen aus dem Mittelkreis heraus vorbereitete. Erst in den Lauf von Embolo, dann für Gonzalez, der vom rechten Flügel mit seinem frappanten Speed in die Schnittstelle der bulgarischen Abwehr steuerte und bei seinem Abschluss auch noch Stoyanov in die falsche Ecke schickte.
Eine Reaktion von Razgrad bleibt aus
Die beste Chance der Gäste, als Mihail Alexandrov in der Nachspielzeit allein vor Tomas Vaclik auftauchte, vereitelte der FCB-Goalie mit einer grossen Reaktion. Die grosse Reaktion des bulgarischen Meisters auf den Rückstand blieb nach dem Seitenwechsel aus. und dies, nachdem er Liverpool, Real und Basel in den ersten drei Spielen bis zur letzten Sekunde zugesetzt hatte.
Zu klar spielte der FCB jedoch diesmal, zu aufmerksam in allen Mannschaftsteilen, um Razgrad noch einmal ins Spiel zurückkommen zu lassen. Dermendzhievs Vorahnung bestätigte sich: «Schon nach dem Sieg in Sofia wussten wir, dass Basel alles daran setzen wird, um zu gewinnen.»
Ludogorets stiess mit diesem 0:4 bei seinem ersten Champions-League-Abenteuer an die Grenze. Und es klang schon fast wie eine Verabschiedung, als der Razgrad-Trainer am späten Dienstagabend sagte: «Wir wollen zum vierten Mal in Folge Meister werden und würden uns freuen, wenn wir nächste Saison wieder in der Champions League dabei sein dürften.»
Sousa: «Kritik ist Teil meines Jobs»
Für den FCB dagegen ist das Ende der Reise noch nicht absehbar. «Wir haben eine fantastische Vorstellung gezeigt», sagte Paulo Sousa, der sich über das Tempo, die Bewegung, die Ballzirkulation und die Entschlossenheit freute, die er von seiner Mannschaft gesehen hatte. Und natürlich über «fantastische Tore».
4:0 Somit klar bewiesen, der Prozess funktioniert. Oder was kann man an Sousa heute kritisieren? #rotblaulive
— Heinz Bohli (@bhueti) 4. November 2014
Nach dem 1:0 gegen Liverpool ist dieses 4:0 der zweite grosse Sieg, den der FCB unter Sousa feiert, ein Erfolg, der den Kritikern des Portugiesen den Wind aus den Segeln nimmt. «Kritik ist Teil meines Jobs», sagte er ungerührt, «und Kritik macht aus mir keinen anderen Menschen.» Der Trainer selbst leitet aus dem Glücksmoment keine Genugtuung ab. Zumindest wollte er das nicht zu erkennen geben: «Ich fühle mich wie am ersten Tag in Basel: positiv gestimmt und zuversichtlich. Und fokussiert auf Fortschritte der Mannschaft.»
So gesehen stellt dieser kapitale Sieg einen grossen, wertvollen Schritt dar, der dem FCB in der Champions League einer Finalissima in Liverpool um Platz 2 bereits sichert und Platz 3 und das europäische Überwintern sehr nahe bringt.