Roger Brennwald, Turnierchef der Swiss Indoors, und Roger Federer sind nicht gut aufeinander zu sprechen. Brennwald beauftragt Infront-Ringier mit dem Marketing – dafür hatte sich auch Federer mit seiner Agentur interessiert.
Wer sich in den letzten Tagen dem Schauplatz der Basler Tennis-Festivitäten näherte, konnte es nicht übersehen. Dieses überlebensgrosse Plakat, das den Schriftzug trug: «40 Jahre Swiss Indoors in der St. Jakobshalle. Herzlichen Dank Roger Brennwald.»
Brennwald, der Turnierdirektor, wurde zu diesem Plakat befragt, und er gab eine interessante Antwort. Brennwald sagte, er könne verstehen, wie sich jemand wie Roger Federer fühlen müsse, wenn sich alle Aufmerksamkeit auf ihn konzentriere, wenn alle Blicke auf ihn gerichtet seien, wenn der eigene Name so sehr im Mittelpunkt stehe.
Brennwalds scheinbar verständnisvoller Seitenblick auf den eidgenössischen Global Player, auf den bekanntesten Schweizer weltweit, war insofern seltsam und ungewöhnlich, als er und Federer seit geraumer Zeit eher über- als miteinander reden – das war auch bei dieser Ausgabe des grossen herbstlichen Hallentennis-Spektakels nicht anders.
Vielleicht kann es auch gar nicht anders sein bei zwei Männern, die jeweils für ein grosses Aufbauwerk stehen, im Falle Federers sogar für ein monumentales. Und die beide über ein grosses Ego verfügen und gewohnt sind, ihre Interessen ohne allzu grossen Widerspruch durchzusetzen.
Federer geht Brennwald zu weit
So ist es gar nicht erstaunlich, dass diese atmosphärische Verstimmung einst mit einem verbalen Einwurf Federeres begann, der alles andere als eine nebensächliche Petitesse war – der Grand Slam-Rekordsieger hatte 2010 erklärt, Brennwald solle bei der Verwaltung des Turniererbes dereinst auch an ihn, Federer, denken.
Das empfand Brennwald als Grenzüberschreitung und Druckerzeugung der eher unangenehmen Art. Fortan kühlte sich das Verhältnis des Turnierchefs zum Weltstar deutlich ab, zu dem Mann, der einmal als Balljunge in der St-Jakobshalle zuerst in die grosse Tenniswelt hineingeschnuppert hatte.
Dass Federer bei einem Turnier ausserhalb der Grand Slams und der 1000er-Serie der ATP ohne Vertrag und ohne Antrittsprämie aufläuft, ist beispiellos – und in diesem Jahr vielleicht nur der Tatsache geschuldet gewesen, dass Federer Punkte bei seiner Jagd auf Platz 1 der Weltrangliste brauchte.
In seiner knappen Eröffnungs-Pressekonferenz setzte der verstimmte Federer einige Nadelstiche in Richtung des Turniermanagements und sagte, er habe zwischenzeitlich sogar erwogen, nur in der Doppelkonkurrenz anzutreten. Zu seinem Status bei den Swiss Indoors sagte er kühl: «Ich habe mich ganz normal eingeschrieben.»
Verletzte Eitelkeit
Ob das im nächsten Jahr allerdings auch noch der Fall sein wird, das steht in den Sternen. Brennwald und Federers Geschäftsbesorger Tony Godsick sprachen während des Turniers miteinander, aber als Brennwald über dieses Meeting redete, war klar: Es gab kein Ergebnis, keine Lösung der verfahrenen Situation.
Und man hörte auch wieder verletzte Eitelkeit heraus, als Brennwald befand, Federer müsse sich ums Kerngeschäft kümmern und viele Dinge delegieren. Im Klartext: Der Turnierchef würde lieber mit Federer auf Augenhöre reden anstatt mit dessen schwierigem Statthalter.
Trotzdem werde er weiterhin den Dialog mit Godsick suchen, dem Mann, der gemeinsam mit Federer die Vermarktungsfirma Team 8 etabliert hat und beispielsweise auch jemanden wie Grigor Dimitrow vertritt. Brennwald sagt: «Wir wollen einen neuen Vertrag mit Roger Federer. Schliesslich würde das unsere werblichen Möglichkeiten verbessern.»
Und vielleicht auch manche akrobatischen Verrenkungen ersparen wie in diesem Jahr, in dem Stanislas Wawrinka auf dem Titelfoto des Turniermagazins abgebildet war und in dem Rafael Nadal im Zentrum der Werbeplakate auftauchte, die überall in der Stadt hingen.
Erbfolge ohne Federer
Schwierig genug wird es, diesen frischen Deal mit Federer und dessen allmächtig umherwirbelnden Manager Godsick abzuschliessen. Zumal sich die Türen für einen späteren Einstieg des Tennis-Giganten in seiner Heimatstadt ziemlich sicher geschlossen haben. Denn für die Zukunft nach Brennwald hat Brennwald zum Ende seiner Turnierwoche einen anderen Weg aufgezeigt, eine Perspektive jenseits von Federer geschaffen: Mit der am Freitag verkündeten Zusammenarbeit im Marketingbereich mit Infront Ringier deutet sich auch an, wohin die Reise einmal gehen wird – wenn der 68-jährige Impresario abtritt.
Schon jetzt übernimmt das Ringier-Unternehmen um CEO und Ex-Tennisspieler Marc Walder eine absolute Kernaufgabe, die Suche nach einem neuen, zahlungskräftigen Titelsponsor. Fünf Millionen Franken sollte der pro Jahr auf den Tisch legen, heisst es, also etwa die Summe, die früher auch Davidoff investierte ins Tennisspektakel.
Dass der Imperator Brennwald solche Aufgaben erstmals delegiert, ist mehr als nur ein geschäftstechnischer Akt. Es ist der Fingerzeig für die Erbfolge, und zwar eine ohne Federer.