Über die erste Halbzeit in Sion kann man getrost den Mantel des Vergessens legen. Dann hat der FC Basel seinen Sevilla-Blues abgelegt und steigert sich. Seine beiden argentinischen Routiniers überstrahlen den Rest mit ihrer Bierruhe: Walter Samuel in der Abwehr und Matias Delgado am Penaltytpunkt.
Tomas Vaclik | Torhüter
Wirklich gefährlich wurden die Sittener nicht sehr oft, und bei Reto Zieglers frechem Freistoss in der 27. Minute, aus spitzem Winkel direkt aufs Tor gezirkelt, war vor allem Vacliks Reaktionszeit beeindruckend: Mit den Fäusten lenkte er den Ball ab. Ansonsten nicht gross gefordert, sicher bei seinen Interventionen, auch bei hohen Bällen und in Bedrängnis.
Michael Lang | rechter Aussenverteidiger
Hatte den Sevilla-Match unter Beeinträchtigung seines Bänder-geschädigten rechten Fusses offenbar so gut weggesteckt, dass es drei Tage später für Sion und eine beherzte Anfangsphase reichte. Beschränkte sich dann auf seinen Defensivauftrag und beschwor, als er ein Luftloch trat, eine brenzlige Situation herauf (39.). Ansonsten liess er über seine Seite gegen Leo und Konaté nichts anbrennen.
Marek Suchy | rechter Innenverteidiger
Hat nicht die Ausstrahlung seines Nebenmannes Samuel und nicht die Präzision und das Auge bei der Spielauslösung, aber in Sachen Robustheit steht der Tscheche dem Argentinier in nichts nach. Sicher im Kopfballspiel, mehrmals zur Stelle, um Abschlussversuche der Sittener mit geschicktem Körpereinsatz zu blocken.
Walter Samuel | linker Innenverteidiger
Jetzt kann man philosophieren, was in Sevilla mit (dem gesperrten) Walter Samuel möglich gewesen wäre. Hätte, wenn und aber – im Tourbillon stand «il muro» jedenfalls seinen Mann wieder. Ein reines Vergnügen, ihm bei der Arbeit zuzusehen, diesmal im Duell der Oldies, die zusammen 73 Lebensjahre auf den Platz brachten: Samuel, der am Mittwoch seinen 38. Geburtstag feiert, gegen Sions Mittelstürmer Theofanis Gekas. In der mauen ersten Halbzeit war Samuel derjenige, der mit seinen langen, präzisen auslösenden Bällen für Hallo-Wach sorgte. In der zweiten Halbzeit biss sich jeder Sion-Spieler, der sich am Argentinier vorbeitanken wollte, die Zähne aus. Hinreissend sein Timing im Kopfballspiel.
Adama Traoré | linker Aussenverteidiger
War einer von vier neuen Spielern, die der Trainer nach dem Sevilla-Spiel brachte. Ähnlich wie Lang auf der anderen Seite, stellte der Ivorer bald einmal seinen anfänglichen Vorwärtsdrang ein. Tadellos, was seinen Einsatz anbelangt, fragwürdig sein Stellungsspiel: Wenn Sion gefährlich wurde, dann über seine Seite. Verteidigte am Strafraum nicht zupackend. Exemplarisch war ein Solo des eingewechselten Follonier, bei dem Traoré nur Begleitschutz spielte. Schlecht behandelt war Traoré allerdings, als Schiedsrichter Hänni bei einem Foul von Assifuah (gestrecktes Bein) sich von seinem Linesman überstimmen liess und gegen Traoré entschied. Ein Witz.
Luca Zuffi | defensiver, zentraler Mittelfeldspieler
Gehörte zu jenen Baslern, die ihre Müdigkeit aus den vergangenen zwei Wochen mit vier Spielen und den kräftezehrenden Duellen mit Sevilla zunächst nicht kaschieren konnten. Wurde im Tourbillon von einem schlampigen Zuspiel Traorés in Bedrängnis gebracht und verschlimmerte die Situation mit einem ebenso schlampigen Pass, was aber folgenlos blieb. Zuffi, einer der am meisten beanspruchten Feldspieler beim FCB, gehörte aber auch zu jenen, die nach Seitenwechsel eine markante Leistungssteigerung hinbekamen. Plötzlich gewann Zuffi Bälle, spielte er gescheite Pässe, war er präsent. Grösste Tat: Mit der Hüfte wehrte er auf der Torlinie einen Assifuah-Kopfball ab.
Alexander Fransson (rechts Leo Itaperuna), bei einer schönen Ballannahme im Tourbillon. (Bild: Keystone/OLIVIER MAIRE)
Alexander Fransson | zentraler Mittelfeldspieler
In der 4-1-4-1-Grundordnung, mit der Basel im Tourbillon aufkreuzte, interpretierte der Schwede eine etwas weiter vorgeschobene Position als mit zwei defensiven Spielern vor der Abwehr. Wie für alle, so gilt auch für Fransson, was Trainer Urs Fischer einen «Steigerungslauf» nannte. In den zweiten 45 Minuten spielte der schwedische Jung-Nationalspieler sehr umsichtig, war er präsent, gewann er Zweikämpfe.
Matias Delgado | zentraler Mittelfeldspieler
Nur 45 Prozent Basler Ballbesitz in der ersten Halbzeit – das gibt es auch nicht oft. Es sei denn, der FCB spielt gegen Sevilla. So wenig, wie der Meister im Tourbillon zunächst zuwege brachte, so wenig Kreatives ging von Delgado aus. Nach Seitenwechsel fasste auch der Captain Tritt. In der 58. Minute durfte er den ersten (!) Eckball für den FCB schlagen, dann schlug seine grosse Stunde. Einen Elfmeter mit vorhergehender zwölfminütiger Unterbrechung zu verwandeln, dazu gehört ein gutes Nervenkostüm. Wie es Delgado machte – lässig anlaufen, antäuschen, Torhüter in die linke, den Ball in die rechte Ecke schicken: grosse Klasse. Sein zehntes Saisontor (fünf davon per Elfmeter) und das sechste in der Liga ist ein ganz besonders wertvolles.
Der Mann ohne Nerven: Matias Delgado verwandelt in Sion den fünften Elfmeter in dieser Saison. (Bild: Keystone/OLIVIER MAIRE)
Davide Callà | rechter Flügelspieler
Er kommt in diesem Frühjahr noch nicht auf viele Einsatzminuten, und das war ihm irgendwie auch anzumerken. Generöser Einsatz ist das Grundprogramm, das Callà zu bieten hat, allerdings gingen ihm wenige gelungene Aktionen vom Fuss, dafür ein paar unschöne Ballverluste. Nach 67 Minuten war sein Arbeitstag beendet; für ihn kam Birkir Bjarnason.
Renato Steffen | linker Flügelspieler
Seitenwechsel für den Winter-Zugang: diesmal auf den linken Flügel beordert. Blies dort ein paar Mal seine Backen auf, so wie in der 21. Minute, als er mit seinem Nachsetzen die erste und einzige Szene kreiierte, die in Halbzeit 1 den Namen Torchance verdient hatte. Im Arbeitsbereich von Lacroix, der später verletzt ausschied, und Rüfli hatte es Steffen schwer. Die spielentscheidende Szene ging jedoch von ihm aus: Seine Flanke führte zum Handspenalty.
Marc Janko | Sturmspitze
Es gibt dankbarere Spiele als diese für einen, der aus Jankos Holz geschnitzt ist. Oft wählte der FCB den langen Ball nach vorne, wo es dem Österreicher entweder gelang, den Ball abzulegen – oder gegen den ebenso baumlangen Lacroix eben nicht. Den Hauch einer Torchance bot ich Janko in der 21. Minute (->Steffen), ansonsten ackerte er bei den Defensivstandards hinten mit, um in der 65. Minute den Handspenalty zu provozieren. Das war es dann aber auch schon mit Jankos Beitrag: nicht viel, aber durchschlagend.
Birkir Bjarnason | Mittelfeldspieler
Kam in der 68. Minute für Callà und verlieh dem FCB-Spiel die Note, die in der ersten Halbzeit gefehlt hatte: Tiefe und Zugkraft nach vorne. Hatte zweimal das 2:0 auf dem Fuss, sah einen Abschluss von Kevin Fickentscher pariert und war ein wirksamer Einwechselspieler.
Behrang Safari | Verteidiger
Wurde in der 92. Minute für Delgado eingwechselt, als es nur noch darum ging, das Resultat über die Zeit zu bringen. Zu kurz im Einsatz, um bewertet werden zu können.
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Bewertungsdurchschnitt: 4,5
Nicht eingesetzt beim FC Basel: Vailati (Tor), Hunziker, Itten (nur 17 statt 18 Spieler im Kader)
Die Basler feiern im Tourbillon vor ihren Fans: Seit knapp fünf Jahren hat der FC Basel im Wallis nicht mehr ein Punktspiel verloren. (Bild: Keystone/OLIVIER MAIRE)