Die beschämende Riad-Nummer des FC Bayern

Den Sport fein säuberlich von der Politik zu trennen ist Unsinn – wie sich am FC Bayern München und dessen ebenso lukrativen wie kritisierten Freundschaftsspiel-Abstecher in die saudiarabische Hauptstadt Riad aufzeigen lässt. Peinlich lassen sich neben dem Profifussballclub auch Politiker zum Fall ein.

Bayern Munich's coach Pep Guardiola (R) attends a news conference in Riyadh January 17,2015. REUTERS/Faisal AlNasser (SAUDI ARABIA - Tags: SPORT SOCCER) (Bild: Reuters/FAISAL AL NASSER)

Den Sport fein säuberlich von der Politik zu trennen ist Unsinn – wie sich am FC Bayern München und dessen ebenso lukrativen wie kritisierten Freundschaftsspiel-Abstecher in die saudiarabische Hauptstadt Riad aufzeigen lässt. Peinlich lassen sich neben dem Profifussballclub auch Politiker zum Fall ein.

Vorletzte Woche hat der Westdeutsche Rundfunk ein interessantes Feature gezeigt: «Sport inside extra – WM-Sieg unter Folter». Der Beitrag zeigt, wie der Fussball sich 1978 von der argentinischen Militär-Junta einspannen liess. Damals trugen die führenden Fussballnationen frohgelaunt ein WM-Turnier aus, während die Schergen von General Jorge Rafael Videla folterten, vergewaltigten und mordeten.

Da ist es schon erstaunlich, dass 37 Jahre später das naive Argument immer noch Konjunktur hat, wonach Fussball und Politik nichts miteinander zu tun hätten. Zum Beispiel, wenn es – nach dem nicht minder umstrittenen Trainingslager in Katar – um die (Heim-)Reise des FC Bayern München nach Riad geht. Dort hat der deutsche Rekordmeister am Wochenende gegen den saudi-arabischen Rekordmeister Al-Hilal gespielt und gewonnen (4:1).

Fussball ist Fussball – da geht es um Tore und Ergebnisse, also völlig unverfängliche Dinge, soll das heissen. Die Politik habe sich, bitteschön, um die Moral zu kümmern. Beide Bereiche seien also strikt zu trennen.

Die Bayern – als moralische Instanz inszeniert

Das ist natürlich Unsinn, schliesslich gierten die Diktatoren und zwielichtigen Gestalten dieser Welt schon immer nach sportlichen Grossereignissen, weil sie ihre Macht legitimierten. Aus diesem Grunde plante Adolf Hitler die Olympischen Spiele 1936 in Berlin grosszügig, aus diesem Grund freute sich Videla über die WM 1978 im eigenen Land.

Aus wohlüberlegten Gründen laden sich auch die Machthaber in Saudi-Arabien mit dem FC Bayern einen Verein ein, der sich – man ist schuldenfrei und kümmert sich rührend um ehemalige Spieler – in Deutschland einigermassen unwidersprochen als moralische Instanz inszeniert.



epa04565660 Supporters of Munich cheer during the friendly soccer match between Al Hilal and Bayern Munich in Riyadh, Saudi Arabia, 17 January 2015. EPA/AHMED YOSRI

Zuschauer beim Spiel der Bayern in Riad – Frauen waren natürlich nicht darunter. (Bild: Keystone/AHMED YOSRI)

Doch wenn dieser FC Bayern in einem Land antritt, in dem die Menschenrechte mit Füssen getreten werden wie in Saudi-Arabien, darf er sich nicht wundern, wenn es daheim in Deutschland Kritik hagelt. Dies vor dem aktuellen Hintergrund der Verurteilung des Bloggers Badawi zu zehn Jahren Haft und 1000 Peitschenhieben, weil er den Islam beleidigt haben soll. Kritik am saudischen Herrscher-Clan ist im Übrigen nicht gesünder als solche am Propheten.

Oppositionelle werden auf der arabischen Halbinsel auch ohne Gerichtsverfahren aus dem Verkehr gezogen. Arbeitsmigranten werden wie Tiere behandelt und haben damit nur ungleich weniger Rechte als Frauen, denen es selbstverständlich nicht erlaubt ist, sich ein Bayern-Spiel im Stadion anzuschauen. Vom «Frauen-Feindschaftsspiel» des FC Bayern schreibt die «Frankfurter Allgemeine» denn auch.

Peinliche Rechtfertigungsversuche

Umso peinlicher, dass der FC Bayern sich nun mit dem Hinweis verteidigt, man habe das Antrittsgeld – von einer Millionengage ist die Rede – nicht von den saudischen Machthabern sondern vom Sponsor Volkswagen erhalten. Als ob die Propagandaveranstaltung dadurch einen anderen Charakter bekäme, dass statt dem Fürsten der Hoflieferant die Rechnung begleicht.

Vielleicht täte es dem FC Bayern gut, sich einmal einen Referenten von «amnesty international» zur internen Schulung in die Säbener Strasse zu bestellen. Es ist schliesslich nicht das erste Mal, dass Bayern-Offizielle unsensibel handeln, wenn es um die Öl-Magnaten geht.



Bayern Munich's Bastian Schweinsteiger (C) arrives at a hotel in Riyadh January 17, 2015. REUTERS/Faisal AlNasser(SAUDI ARABIA - Tags: SPORT SOCCER)

Die prominenten Gäste – hier Bastian Schweinsteiger – haben sich die saudischen Gastgeber eine ordentliche Stange Geld kosten lassen. (Bild: Reuters/FAISAL AL NASSER)

Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge vergass einst, zwei sündhaft teure Rolex-Uhren zu verzollen, die ihm in Katar geschenkt wurden – einem Land, in dem FC-Bayern-Ehrenpräsident Franz Beckenbauer «noch nicht einen einzigen Sklaven gesehen» haben will.

Und Pep Guardiola unterhielt bekanntlich schon zu Barça-Zeiten engste Geschäftsbeziehungen zum Emirat und hielt es nun für eine «Ehre», mit seiner Mannschaft  in Riad aufzutreten. Vielleicht liegt es daran, dass er sich zu politischen Fragen nur dann äussert, wenn es um Katalonien geht. «Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral…»

Heuchlerische Einlassungen der Politik

Von Bertolt Brecht können sich allerdings auch jene Politiker angesprochen fühlen, die in den vergangenen Tagen deutliche Worte zum FC Bayern gefunden haben. «Der Sport hat so eine starke Stimme, aber er nutzt sie leider nicht an den Stellen, an denen es sinnvoll und hilfreich wäre», sagt etwa die Vorsitzende des Sportausschusses im Deutschen Bundestag, Dagmar Freitag (SPD), der «Süddeutschen Zeitung».

Ein wenig heuchlerisch ist das Bayern-Bashing aus sozialdemokratischem Munde natürlich schon. Schliesslich gehört der Volkswagen-Konzern, der die Bayern nach Riad lud und fürstlich dafür entlohnte, zu 25 Prozent dem SPD-regierten Niedersachsen. Immerhin setzt sich SPD-Boss Sigmar Gabriel derzeit vehement dafür ein, dass keine Leopard-Panzer mehr an den Despotenstaat am Golf geliefert werden.

Die Politik scheint also einen kleinen Schritt weiter als der Fussball – wenn das mal nicht beschämend ist für den FC Bayern.



Bayern Munich's Robert Lewandowski (C) fights for the ball with Al-Hilal's Digao during their friendly soccer match in Riyadh January 17, 2015. REUTERS/Faisal AlNasser (SAUDI ARABIA - Tags: SPORT SOCCER)

Fussball gespielt wurde auch: Hier Robert Lewandowski vom FC Bayern in der Testpartie gegen Rekordmeister Al-Hilal. (Bild: Reuters/FAISAL AL NASSER)

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