Vor der Olympiasaison herrscht in Österreich Aufregung, bei den Frauen gibt es einen Kampf um die Stellung als First Lady, und bei den Herren kommt einer zurück, der über ein Jahr lang genug hatte von alpinen Skirennen. Ein Rundgang vor dem Start der neuen Saison.
Am Wochenende vom 26. und 27. Oktober beginnt auf dem Gletscher von Sölden die neue Saison des alpinen Skifahrer. Was wird der neue Winter bringen? Wer sind die Gejagten? Und warum herrscht ausgerechnet bei der Ski-Grossmacht Österreich vor den Winterspielen in Sotschi eine so grosse Aufregung? Ein aktueller Rundumblick auf den Skizirkus.
Die neue First Lady
Elf Siege, insgesamt 24 Podiumsplätze, 2414 Weltcup-Punkte – dank ihrer Weltrekordsaison müsste das Rampenlicht im Ski-Weltcup eigentlich für die Ausnahmekönnerin Tina Maze reserviert sein. Doch die slowenische Nummer 1, die auf der Piste die grosse Gejagte sein wird, spielt dieser Tage nur eine Nebenrolle.
Denn macht die Schlagzeilen, auch wenn sie nun doch auf den Start in Sölden verzichtet: Lindsey Vonn, die erklärte Drama-Queen, First Lady der Klatschspalten und so nebenbei immer noch erfolgreichste Skiläuferin der Gegenwart. Und was ist schon eine Rekordsaison auf zwei Brettern gegen einen Parallelslalom mit dem berühmtesten Golfer des Planeten? Noch ehe Lindsey Vonn nach ihrer schweren Knieverletzung, die sie im WM-Super-G von Schladming erlitten hatte, wieder auf der Piste stand, war und ist sie dank ihrer Liaison mit Golfstar Tiger Woods in aller Munde – und Tina Maze bleibt nur die Abseitsposition.
Die grossen Gejagten
Was Tina Maze bei den Damen, das sind Marcel Hirscher und Ted Ligety bei den Herren: die Männer, um die sich auf den Slalom- und Riesenslalom-Pisten alles dreht. Nach seinem zweiten Weltcup-Gesamtsieg in Serie und zwei Goldmedaillen an der Heim-WM geniesst Marcel Hirscher in seiner Heimat Österreich Heldenstatus.
«Wenn jeder auf einen schaut, ist das Leben manchmal nicht einfach», gesteht Hirscher, der im vergangenen Winter bei 24 Weltcup-Starts 21 Mal in die Top 3 fuhr und vor allem im Slalom der Konkurrenz Kopfzerbrechen bereitete.
Umgekehrt wurden selbst dem erfolgsverwöhnten Marcel Hirscher im Riesenslalom Grenzen aufgezeigt. In Person von Ted Ligety, der nach der Materialreform im letzten Winter (die Skier wurden aus Sicherheitsgründen länger und schmaler) alles in Grund und Boden fuhr. Trotzdem hält man den US-Amerikaner zumindest in Österreich nicht für das Mass aller Dinge. «Er fährt einen Lauf sicher am konstantesten, aber in Teilabschnitten sind andere schneller. Deshalb schauen wir uns auch nichts von Ligety ab», erklärt der österreichische Herren-Cheftrainer Mathias Berthold.
Die Rückkehrer
Lindsey Vonn ist nicht der einzige Skistar, der sich nach langer Verletzungspause wieer auf die Piste wagt. Der Schweizer Beat Feuz hat einen Individualtrainer, der ihn wieder in den Weltcup führen soll. Und auch Exzentriker Bode Miller will es auf seine alten Tage noch einmal wissen. Der US-Amerikaner hatte seit Frühjahr 2012 einen weiten Bogen um den Weltcup gemacht, mit 36 soll der zweifache Weltcup-Gesamtsieger nun fitter denn je sein. Das versichern zumindest seine österreichischen Trainer.
Der Aufreger
Die Olympischen Winterspiele in Sotschi werfen bereits ihre Schatten voraus. Vor allem in den Ski-Grossmächten sorgt eine Quotenregelung für dunkle Wolken, die das Internationale Olympische Komitee heimlich, still und leise eingeführt hat. Kleinere Skinationen sollen ab sofort bessere Chancen auf einen Olympiastart bekommen, im Gegenzug müssen die grossen Skiländer auf Teilnehmer verzichten.
Österreich ist in heller Aufruhr, seit bekannt wurde, dass in Sotschi statt der obligaten 22 Läufer nur mehr 15 im Einsatz sein dürfen. «Das ist doch widersinnig, wenn dafür ehemalige Weltmeister oder Olympiasieger daheimbleiben müssen», schimpft der österreichische Herren-Chefcoach Mathias Berthold.
Auch die Schweiz ist von der Reform betroffen. Allerdings eher langfristig. Denn die neue Führung hat zwar die Olympischen Spiele in Sotschi im Auge, aber im Hinterkopf ist die Heim-WM 2017 in St. Moritz. «Die Nummer 1 zu sein, muss immer das Ziel sein», sagt Alpinchef Rudi Huber. «Spätestens 2017 bei der Heim-WM in St. Moritz müssen wir wieder ein schlagkräftiges Team haben. Alles was vorher gelingt, ist positiv und schön. Man kann aber nicht sagen, jetzt kommen drei oder vier Österreicher, und jetzt gewinnen wir Olympia-Gold.»