Wenn alles gut läuft bei der grossen Meistersause von Bayern München, qualifiziert sich der SC Freiburg in der Allianz-Arena für die Europa League. Der Trainer sieht das mit gemischten Gefühlen.
Christian Streich hat sich zuletzt grosse Mühe gegeben, den Eindruck zu zerstreuen, dass es ihm insgeheim lieber wäre, man würde die Qualifikation zur Europa-League verpassen. Auch vorm letzten Saisonspiel, das die Freiburger zum FC Bayern führt, hat er betont, wie motiviert man nach München fahre: «Wir wollen natürlich zeigen, dass wir zurecht da stehen, wo wir gerade stehen.»
Auf Platz sechs der Tabelle nämlich. Bei einem Sieg am Samstag in München stünde der SC sicher im europäischen Wettbewerb. Wenn die Konkurrenz aus Köln, Berlin und Bremen mitspielt, braucht es nicht mal den.
Die 34. und letzte Runde der Bundesliga:
Doch seine Bedenken aus der letzten Freiburger Europapokalsaison 2013/2014, die sind geblieben. Damals fuhr der SC nach Liberec, ins portugiesische Städtchen Estoril und nach Sevilla – und schied aus. Das war doppelt ärgerlich, weil man nach der Hinrunde in der Liga erst 14 Punkte hatte und sich erst nach dem Ausscheiden in der Liga wieder halbwegs berappelte. Nur um dann in der darauffolgenden Saison dennoch abzusteigen.
Die böse Erinnerung an den Drahtseilakt
«Europa war wunderbar, aber ich habe noch keinen gefunden, der mir garantieren kann, dass wir dann trotzdem den Klassenerhalt schaffen», warnt Streich, der ja auch gute Gründe für seine Skepsis hat. In dieser Saison ging es Mainz 05 wie in der Vorsaison dem FC Augsburg: Für beide wurde der Klassenerhalt zum Drahtseilakt, weil die Doppelbelastung mit dem europäischen Wettbewerb für einen gehobenen Mittelklassekader nur schwer zu stemmen war.
Ausserdem, sagt Streich, sei es ja «absurd, wenn eine Mannschaft wie Wolfsburg die ganze Woche Zeit hat, sich auf uns vorzubereiten und uns gehen wertvolle Trainingseinheiten verloren, weil wir reisen.»
Die Spieler verbreiten mehr Euphorie als der Trainer
Trotz aller Bedenken, die Streich auch deswegen so betont, «weil die Mannschaft aus sich heraus eine wahnsinnige Eigenmotivation entfaltet», sollte sich die Konkurrenz aus Berlin, Bremen oder Köln keine Hoffnung machen, dass Freiburg mit angezogener Handbremse in München auftreten könnte. «Du musst da ja mutig spielen», meint Streich, «denn wenn du dich hinten rein stellst und du machst es nicht gut, schiessen die ja trotzdem Tore.»
Spieler wie Nils Petersen traten dem streichschen Understatement allerdings zuletzt mir demonstrativer Euphorie entgegen. Und Verteidiger Marc-Oliver Kempf gab der Hoffnung Ausdruck, dass man den Bayern vielleicht «ein bisschen die Meisterfeier verhageln» könne.
Die Hochbegabten sind wie immer auf dem Sprung
Die Angst vor Europa, das deutete Streich am Freitag an, könnte sowieso durch eine entsprechende Kaderplanung begrenzt werden. Beispielsweise, indem man zwei, drei Spieler mehr verpflichtet als man das tun würde, wenn man die Saison auf Rang acht beendet.
Der nächste Hochkaräter, den Freiburg verlieren könnte: Maximilian Philipp (rechts). Daneben wird Vincenzo Grifo mit Mönchengladbach in Verbindung gebracht. (Bild: Keystone/Patrick Seeger)
Schon jetzt ist der Kader in der Breite besser besetzt als damals, zumindest in der Offensive hat Streich gute Alternativen zu den Stammspielern. Doch derzeit deutet einiges darauf hin, dass mit Vincenzo Grifo, der mit Gladbach in Verbindung gebracht wird, und möglicherweise auch Maximilian Philipp zwei hervorragende Kicker gehen werden, auch Kempf vermied zuletzt eine Festlegung.
Kasse allein macht keinen Kader
Vertraglich gebunden sind sie alle, im Falle eines Wechsels käme also viel Geld in die Kasse, Philipp dürfte alleine eine zweistellige Millionensumme einbringen. Und so schwer ein Verlust des Ausnahmespielers wiegen würde – für den Kauf des ein oder anderen zusätzlichen Spielers würde das Geld wohl reichen.
«Wir haben schon Gespräche geführt», verrät Streich. «Und manchmal kommen ja Spieler zu uns, obwohl andere mehr im Geldbeutel haben. Das freut mich dann immer besonders.»