Eine defensiv inferiore kroatische Mannschaft lädt die Schweiz ein, und die Auswahl von Ottmar Hitzfeld münzt das Angebot zu einem 4:2 (2:1)-Sieg in Split um. Doppeltorschütze war Mario Gavranovic, dem Spiel den Stempel drückten die Ex-Basler Xherdan Shaqiri und Granit Xhaka auf.
Es gab ja schon einige Ergebnisse in der Ära Ottmar Hitzfeld, die als Erweckungserlebnis empfunden wurden. Doch das 1:0 bei der WM in Südafrika gegen den späteren Weltmeister Spanien erwies sich als süsses Gift. Dem 2:2 im Wembleystadion gegen England vor einem Jahr folgte ein ernüchterndes 0:2 in Wales und das Aus in der EM-Qualifikation. Und zwischen dem vielbeachteten, weil epochalen 5:3 in Basel gegen Deutschland, dem ersten Sieg gegen den grossen Nachbarn nach 56 Jahren, und dem lausigen 0:1 gegen Rumänien lagen gerade einmal vier Tage.
Insofern hat man in der Schweiz gelernt, vorsichtig mit der Nationalmannschaft umzugehen, ist man gut beraten, ihr auch nach einem 4:2 über Kroatien noch nicht über den Weg zu trauen. Vier Tore, fein herausgespielt, sind das eine, der Auftritt der Kroaten ist die andere Seite der Medaille. Im Jubiläumsspiel zum 100-jährigen Bestehen des Hrvatski nogometni savez, des kroatischen Fussballverbandes, und im ersten Länderspiel unter Bilic-Nachfolger Igor Stimac gab der Neunte der Weltrangliste eine teilweise lächerliche Figur ab.
Kroatiens Auftritt muss Schweizer Leistung nicht schmälern
In einem Tempo, das den 27 Grad Celsius zu später Abendstunde an der Adria angepasst war, liessen die Kroaten bald einmal erkennen, wie gross ihre Lust war, sich zu verausgaben. Und das nur wenige Wochen nach einer starken Europameisterschaft, die für die Kroaten unglücklich gegen den Titelverteidiger Spanien zu Ende gegangen war.
Dass die Kroaten im Sommerpausenmodus verteidigten, muss die Leistung der Schweizer jedoch nicht schmälern. Wie schon in Basel, wo sie einer mitten in der EM-Vorbereitung steckende deutsche Mannschaft fünf Tore einschenkten, wusste sie auch in Split die Gunst der Stunde zu nutzen.
Zwei Ex-Basler drückten dem Spiel den Stempel auf: Granit Xhaka als Schütze des ersten Tores in der elften Minute, sein zweites Tor für die Schweiz im zehnten Spiel, und Xherdan Shaqiri, der vor dem 0:2 durch Tranquillo Barnetta den Pfosten getroffen hatte (37.) und den dritten Treffer in der 51. Minute schön auflegte.
Als zweifacher Torschütze zeichnete sich Mario Gavranovic aus, und das im Land seiner Eltern. «Ich bin sehr stolz», sagte Gavranovic und erklärte nach dem Spiel, warum er über seine beiden Treffer nicht gejubelt hatte: «Dafür liebe ich mein Land zu sehr und habe zu grossen Respekt.»
Doppeltorschütze Gavranovic ist eine neue Alternative
Aus der Bundesliga in die Schweiz zum FC Zürich zurückgekehrt, nutzte Gavranovic den Rückpass Shaqiris zu seinem ersten Tor im dritten Länderspiel. Welch wertvollen linken Fuss der 26-Jährige besitzt, demonstrierte er in der 81. Minute abermals, als er eine Einzelleistung mit einem satten Schuss aus 17 Metern erfolgreich abschloss. «Ein Augenschmaus» für Ottmar Hitzfeld.
Auch hier verteidigten die Kroaten erschütternd schlecht, die Schweiz aber scheint in Gavranovic eine echte Alternative gefunden zu haben zu Eren Derdiyok, der verletzt fehlte, und Admir Mehmedi, der sich mühte, aber auch gegen einen minder ambitionierten Gegner nicht genügend Klasse verriet.
Zwei Gegentore durch Eduardo da Silva fing sich die Schweizer Defensive auch noch ein. Bei beiden hatte Innenverteidiger Steve von Bergen das Nachsehen, beim ersten traf der assimilierte Brasilianer technisch allerdings famos aus der Drehung, beim zweiten, einem Kopfball, hatte auch der gerade eingewechselte Reto Ziegler seinen Anteil.
Und dennoch: So viele Torchancen hat sich eine Schweizer Nationalmannschaft zuletzt selten herausgespielt. Das flexible Positionsspiel von Xhaka, Shaqiri und Barnetta funktionierte gut, und wenn die Schweizer aus der Tiefe zügig umschalteten, wollten die Kroaten das Tempo einfach nicht mitgehen.
Hitzfeld ist zufrieden, hängt das Resultat aber nicht zu hoch
Vier Tore (oder mehr) in einem Länderspiel, das hat Ottmar Hitzfeld zu seiner Premiere als Nationaltrainer gegen Zypern (4:1 in Genf) erlebt, beim 4:1 in Basel gegen Wales und eben bei jenem 5:3 gegen Deutschland. Unterhaltungswert hatte der Freundschaftskick zumindest aus Schweizer Sicht, allzu hoch wollte aber auch Hitzfeld das blanke Resultat nicht hängen: «Wir wollten die 90 Minuten nutzen, um Fortschritte zu machen, um Spielpraxis zu sammeln und die Mannschaft zu konsolidieren.»
Womit der Trainer ausserdem zufrieden war: «Die Positionswechsel haben gut geklappt, auch, als wir in der zweiten Halbzeit einige Wechsel hatten. Mit den Umstellungen konnte man sehen, auf wen man sich verlassen kann.» Xherdan Shaqiri wurden von Hitzfeld herausgehoben, aber auch Gavranovic: «Von ihm können wir in Zukunft zehren.»
Eine breite Brust wird das Ergebnis von Split der Schweizer Nationalmannschaft machen. Nun muss sie am 7. September, zum Auftakt der WM-Qualifikation in Slowenien nur noch breit genug sein für einen Ernstkampf gegen einen motivierten Widersacher.
Kroatien–Schweiz 2:4 (1:2)
Split, Poljud-Stadion. – 10’000 Zuschauer. – SR Damato (It).
Tore: 11. Xhaka (Lichtsteiner) 0:1. 20. Eduardo (Srna) 1:1. 37. Barnetta (Shaqiri/Pfostenschuss) 1:2. 51. Gavranovic (Shaqiri) 1:3. 64. Eduardo (Perisic) 2:3. 81. Gavranovic 2:4.
Kroatien: Pletikosa; Srna, Corluka (46. Vida), Maloca, Pranjic; Badelj (60. Vukojevic), Rakitic; Kranjcar (46. Kranjcar); Eduardo (67. Modric), Mandzukic (46. Vukusic), Olic (46. Strinic).
Schweiz: Benaglio; Lichtsteiner (46. Fernandes), Djourou, Von Bergen, Rodriguez (62. Ziegler); Behrami (46. Gavranovic), Inler (46. Dzemaili); Shaqiri, Xhaka, Barnetta (46. Stocker); Mehmedi (88. Emeghara).
Bemerkungen: Schweiz ohne Senderos, Derdiyok und Klose (alle verletzt). Schweizer Ersatzspieler: Wölfli, Affolter. 37. Pfostenschuss von Shaqiri (Barnetta verwertet den Abpraller. 62. Lattenschuss von Vukusic.
Die nächsten Spiele der Schweiz, WM-Qualifikation: Freitag, 7. September, 20.30 Uhr in Ljubljana gegen Slowenien; Dienstag, 11. September, 20.30 Uhr in Luzern gegen Albanien.
Eklat in Wien, Schlappe für Deutschland
Ohne dass Aleksandar Dragovic vom FC Basel zum Einsatz gekommen wäre, hat Österreich nach 24 Jahren wieder gegen die Türkei gewonnen (2:0, Tore in der 2. und 6. Minute). Österreichs Schweizerischer Teamchef Marcel Koller musste unter anderem auf den verletzten David Alaba verzichten und wird künftig keinen Wert mehr auf Paul Scharner legen.
Der 32-jährige Verteidiger, gerade zu Thorsten Fink zum Hamburger SV gewechselt, war schon früher verhaltensauffällig. Nun forderte er von Koller eine Schlüsselrolle, wollte nicht wahrhaben, gegen die Türkei nur Ersatz zu sein und reiste noch am Spieltag aus dem Teamhotel in Wien ab. Marcel Koller äusserte sich kategorisch: «Ich kann es nicht akzeptieren, wenn einer einen Stammplatz fordert. Unter mir wird er sicher nicht mehr spielen.»
Der gelungene Test wird bei den Österreichern die Hoffnung für den Auftakt der WM-Qualifikation am 11. September gegen Deutschland nähren. Das verlor in Frankfurt gegen Argentinien 1:3, war nach 30 Minuten durch einen Notbremse-Plazverweis für Torhüter Zieler dezimiert und kassierte Tore von Sami Khedira (45.+1, Eigentor), Lionel Messi (52.), der zuvor einen Elfmeter (32.) vergeben hatte, und Angel di Maria (73.). Nach dem EM-Aus im Halbfinal gegen Italien war es die erste Schlappe einer DFB-Auswahl zum Start einer Länderspielsaison seit neun Jahren.
In Bern unterlag ebendieses Italien England mit 1:2. Vor lediglich 11‘000 Zuschauern im Stade de Suisse setzten beide Trainer etliche junge Spieler ein. Daniele De Rossi für Italien sowie Phil Jagielka und Jermain Defoe erzielten die Tore.
Eine Schlappe erlitt Louis van Gaal bei seiner Rückkehr als Nationaltrainer. Holland verlor das 125. Nachbarduell in Brüssel gegen Belgien nach einer 2:1-Führung noch 2:4, wobei die aufstrebenden Belgier zwischen der 75. und 80. Minute dreimal trafen. Für die Holländer, die an der EM sang- und klanglos gescheitert waren, war es die vierte Niederlage in Serie.
Weitere Ergebnisse (Schweizer Gegner in der WM-Qualifikation fett)
Japan – Venezuela 1:1
Russland – Elfenbeinküste 1:1
Schweden – Brasilien 0:3
Norwegen – Griechenland 2:3
Slowenien – Rumänien
Ukraine – Tschechien 0:0
Bulgarien – Zypern 1:0
Südkorea – Sambia 2:1
Armenien – Weißrussland 1:2
Montenegro – Lettland 2:0
Ungarn – Israel 1:1
Dänemark – Slowakei 1:3
Mazedonien – Litauen 1:0
Albanien – Moldawien 0:0
Wales – Bosnien- Herzegowina 0:2
Serbien – Irland 0:0
Estland – Polen 1:0
Nordirland – Finnland 3:3
Frankreich – Uruguay 0:0
Schottland – Australien 3:1
Island – Färöer 2:0
Portugal – Panama 2:0
Puerto Rico – Spanien 1:2