Die Herausforderung in Freiburg fällt aus

Nach 14 von 17 Runden im inoffiziellen Rang eines Herbstmeisters – das hat in 50 Jahren Bundesliga der FC Bayern am Mittwoch als erster Club geschafft. Mit einem 2:0-Sieg beim SC Freiburg, der den übemächtigen Münchnern gerne mehr auf den Zahn gefühlt hätte.

Zum fünften Mal in der Bayern-Startelf und spielentscheidend beteiligt beim Platzverweis gegen Freibrg: Xherdan Shaqiri, hier gegen Daniel Caligiuri. (Bild: Reuters/LISI NIESNER)

Nach 14 von 17 Runden im inoffiziellen Rang eines Herbstmeisters – das hat in 50 Jahren Bundesliga der FC Bayern am Mittwoch als erster Club geschafft. Mit einem 2:0-Sieg beim SC Freiburg, der den übemächtigen Münchnern gerne mehr auf den Zahn gefühlt hätte.

Mit der Geduld ist es so eine Sache. Mancher bringt sie mit stoischer Ruhe auf, andere platzen fast vor Ungeduld. Der SC Freiburg übt sich nun seit fast 17 Jahren in Geduld. Im Frühjahr 1996 schlug er den FC Bayern München mit 3:1, und damals wiesen Volker Finkes Breisgau-Brasilianer eine positive Bilanz gegen den Rekordmeister (3-1-2) aus, darunter das legendäre 5:1 gegen Trapattonis Bayern im Jahr zuvor.

Seither ist alles anders, haben die Bayern nie mehr gegen Freiburg verloren und gerne mal hoch gewonnen: 6:1, 7:0 und ein 6:0 an der Dreisam war auch dabei. Als ob der Fluch einer ewigen Rache für die früheren Demütigungen auf dem Underdog liegen würde. Wahrscheinlich ist die Bilanz aber eher die Abbildung der sportlichen und wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse, gepaart mit dem nötigen Respekt, den die Bayern den Freiburgern seither entgegen gebracht haben.

Die Hoffnung auf etwas Aussergewöhnliches

Unter dem Strich sind das seit Mittwochabend 22 Spiele, 18 Siege, keine Niederlage. Im südbadischen Dauerregen hatte Trainer Christian Streich zwar ein Gefühl beschlichen, in dem er sich nach den ersten Minuten sogar bestätigt fühlte: «Das Gefühl, dass es ein aussergewöhnlicher Tag werden könnte. Es war alles vorbereitet.» Seine Mannschaft spielt ein fantastisches Jahr, hat nach der tollen Aufholjagd und dem souveränen Klassenerhalt im Sommer nichts an Ausstrahlung verloren und am Sonntag erst im baden-württembergischen Derby 3:0 gegen den VfB Stuttgart triumphiert.

Einen Strich durch die Rechnung machte Schiedsrichter Florian Meyer. Er pfiff in der 12. Minute einen Handspenalty, den Thomas Müller mit etwas Glück verwandelte. Just 19 Sekunden bevor auch in Freiburg die Kurvenfans nach 12 Minuten und 12 Sekunden ihren Stimmungsboykott beendeten, der seit dieser Wochentagsrunde in der Bundesliga aus Protest gegen Repressionen in allen Stadien durchgezogen wird.

Das Notbremsenfoul an Shaqiri

Keine sechs Minuten später war Freiburg einen Mann weniger. Xherdan Shaqiri, zum fünften Mal in der Liga in der Startelf, war nach Torwart-Abschlag und Kopfballverlängerung Gomez enteilt, und der Trikotzupfer von Fallou Diagne unmittelbar vor der Strafraumgrenze war ein klarer Fall: Notbremse, Platzverweis. Da mochten sich die Südbadener noch so aufregen: Es waren zwei vertretbare Entscheidungen. Der einzige Vorwurf, den sich Schiedrichter Meyer gefallen lassen muss: Er legte kurz vor der Pause zweierlei Mass an und liess ein Hands von Javi Martinez im Strafraum ungeahndet.

Der Rest war geschicktes Agieren der Freiburger in Unterzahl. Sie machten das so gut, dass die Bayern zu fast keiner zwingenden Torchance kamen, der Sportclub dagegen in der 63. Minute durch Max Kruse sogar zu einer veritablen Ausgleichschance, die Manuel Neuer vereitelte. Der Bayern-Keeper wurde in der 74. Minute für Spielverzögerung verwarnt, was einiges über den Auftritt der Bayern sagt. Sie taten nicht mehr als nötig, um den Vorsprung zu verwalten – oder, wie es Christian Streich ausdrückte: «Es war relativ langweilig – schade.»

Mit den Gedanken beim Gipfeltreffen

Gerne hätte nicht nur der Sportclub-Trainer gesehen, ob vollzählige Freiburger – vor der Runde auf Platz 6, nun im zehnten Zwischenrang – den überlegen durch die Bundesliga marschierenden Bayern wirklich auf den Zahn hätten fühlen können. Bayern-Trainer Jupp Heynckes lobte die Freiburger zwar als «gut strukturiert», räumte ein, dass man sich selbst gegen zehn Gegenspieler schwer getan habe, und ausserdem findet er ja ohnehin: «Der beste Mann der Freiburger sitzt auf der Trainerbank.» Aber im mit 24‘000 Zuschauern proppenvollen Mage Solar-Stadion machten die Bayern auch den Eindruck, als ob sie irgendwann mit Gedanken schon ein wenig beim Wochenende und dem Gipfeltreffen mit Borussia Dortmund waren.

Heynckes jedenfalls hatte Bastian Schweinsteiger erst gar nicht aufgeboten, weil der mit einer fünften Gelben Karte am Samstag (18.30 Uhr) gesperrt gewesen wäre. Die Bayern werden den zweifacher Meister mit elf Punkten Vorsprung empfangen und können eine gnadenlose Serie von 14 Spielen mit zwölf Siegen, einem Unentschieden und einer Niederlage die Krone aufsetzen. Herbstmeister sind sie schon, und noch nie in 50 Jahren Bundesliga ist eine Mannschaft bereits nach 14 Runden mit diesem eigentlich wertlosen Zwischenzeugnis ausgestattet worden. Aber Heynckes sagt: «Rekorde interessieren mich nicht.»

Shaqiri will nicht klagen

Wertvoller war für ihn, zu sehen, «dass sich die Mannschaft auf den Punkt konzentrieren kann». Dazu gehörte auch Xherdan Shaqiri. Auch er muss sich in Geduld üben und hatte in den ersten vier Monaten öfter mit der Ersatzbank vorlieb zu nehmen. «Das gehört dazu, wenn man bei einem Topclub ist», sagte der Schweizer Nationalspieler nach der Partie und zeigte auf den in der Bundesliga führenden Torschützen Mario Mandzukic: «Der sass heute das ganze Spiel über auf der Bank.» Shaqiri sieht keinen Grund zu klagen: «Ich habe meinen Einsatzzeiten und werde auch in wichtigen Spielen gebracht.»

Freiburg war Shaqiris elfte Partie in der Bundesliga (fünf Mal Startelf, sechs Mal eingewechselt). Der Ex-Basler spielte einen guten, sachlichen Part, zu glänzen vermochte er in einer kühl wirkenden Bayern-Elf nicht, er nahm jedoch spielentscheidend Einfluss mit dem Foul an ihm und dem Platzverweis, ehe er in der 64. Minute gegen Anatoliy Tymoshchuk ausgewechselt wurde.

Das prächtige Zwischenzeugnis der Bayern

Der Ukrainer machte dann eine Viertelstunde später, was er in 77 Spielen zuvor nur drei Mal getan hatte für die Bayern: er traf ins Tor. Auf einen langen Pass von Philipp Lahm entwischte er der SC-Abwehr, umkurvte Oliver Baumann und schob zum 0:2 ein. Der schlichte Arbeiter Tymoshchuk als derjenige, der in diesem an Torraumszenen armen Spiel den Deckel draufmacht: Auch das sagt einiges über die Bayern aus, die sich wild entschlossen den Titel zurückholen wollen – auch wenn sie dafür mal etwas weniger Zauber verbreiten wie im stereotypen Überzahlspiel in Freiburg.

Irgendwelche Lorbeeren weist Heynckes allerdings noch weit von sich. «Am Saisonende kann man vielleicht sagen, dass es toll war, dass es super war.» Sprach es und verschwand hurtig mit den Bayern, um noch rechtzeitig vor dem Nachtflugverbot nach München abheben zu können.

Bundesliga, 14. Runde
SC Freiburg–FC Bayern 0:2 (0:1)
Mage Solar Stadion. – 24‘000 Zuschauer (ausverkauft). – SR Meyer.

Tore: 0:1 Müller (12.), 0:2 Tymoshchuk (79.).
Verwarnungen: 74. Neuer (Zeitspiel), 93. Caligiuri (Foul; im nächsten Siel gesperrt).
Rote Karte: 18. Diagne (Foul, Notbremse).

SC Freiburg: Baumann; Sorg, Flum, Diagné, Hedenstad; Schmid, Schuster, Makiadi (82. Lais), Caligiuri;  Rosenthal (89. Freis), Kruse.
FC Bayern: Neuer; Lahm, Dante, Badstuber, Alaba; Martínez, Kroos (75. Rafinha); Müller, Shaqiri (64. Tymoshchuk), Ribéry; Gomez (58. Pizarro).

 

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