Die Kobra ist zurück, aber ohne Killerinstinkt

Das Comeback ist geglückt: Arnold Gjergjaj besiegt den Bosnier Jasmin Hasic durch technischen K. o. Der Kampf hat jedoch gezeigt, wie weit der Weg der Kobra zum nächsten grossen Fight noch ist.

Erst in der dritten Runde fing Gjergjaj damit an, seine gefürchtete Rechte einzusetzen.

(Bild: Alexander Preobrajenski)

Das Comeback ist geglückt: Arnold Gjergjaj besiegt den Bosnier Jasmin Hasic durch technischen K. o. Der Kampf hat jedoch gezeigt, wie weit der Weg der Kobra zum nächsten grossen Fight noch ist.

Es dauert drei Runden, bis Arnold Gjergjaj im Ring wieder zur «Kobra» wird. Drei Runden, in denen der Prattler Profiboxer sich sachte zurück in den Ring bewegt, den deutlich unterlegenen Gegner Jasmin Hasic mit präzisen Führhandschlägen im Zaum hält und immer wieder in die Seile treibt. Neun Minuten, die Gjergjaj brauchte, um die schmähvolle Niederlage vom vergangenen Mai abzuschütteln.

In Runde vier ist sie dann zurück, die Kobra. Gjergjaj trifft Hasic mit der Rechten, seiner gefürchteten Schlaghand. Dem Bosnier versagen die Beine. In der Reithalle der Kaserne erklingen die alten Sprechchöre: «Arnold! Arnold!». Die Zuschauer brüllen. Sie brüllen, um ihren geliebten Arnold zurück im Ring zu begrüssen. Sie brüllen aber wohl auch aus Erleichterung. Die Kobra, sie kann noch zuschlagen.

Gefährlich wird Hasic nie

Zwar dauert der Kampf nicht mehr lange, nachdem Hasic zum ersten Mal zu Boden gegangen ist. Der Unterschied der beiden Boxer ist eklatant, vor allem in der Fitness und Technik. Hasic hängt ab Runde zwei an Gjergjaj wie ein schweres, lästiges Kleidungsstück. Die Klammertaktik unterbricht er bloss, um einige verzweifelte Schwinger zu versuchen. Gefährlich wird er nie und in Runde fünf wirft Hasic das Handtuch, eine Schulterverletzung.

Dennoch fehlt es Gjergjaj an Aggressivität. Auch wenn er sich in diesem ersten Aufbaukampf über die Runden erkennbar steigert. Auch wenn er seine Dominanz zunehmend ausspielt und die Schläge ungleich präziser setzt als Hasic. Es ist noch nicht der alte Gjergjaj, der seinem Trainer manchmal beinahe Angst einjagte, wenn er im Ring in den Berserkermodus verfiel und seine Gegner windelweich schlug. Die Kobra ist zurück, doch noch fehlt der Killerinstinkt.

Später, nach einer ausgiebigen Selfie-Session mit seinen Fans, sitzen Gjergjaj und sein Trainer Angelo Gallina in der Garderobe. Während Gjergjaj unter dem wachsamen Blick des Dopingprüfers literweise Wasser trinkt, ist er vor allem erleichtert darüber, sein Ring-Comeback erfolgreich durchstanden zu haben. Er hätte Hasic zwar gerne K.o. geschlagen, doch habe ihm dafür noch der Biss gefehlt, sagt er selbstkritisch.

«Arnold ist heute ein reiferer Boxer.»
Angelo Gallina, Trainer 

«Das hat sicher mit der Niederlage gegen David Haye zu tun», sagt Gjergjaj, «doch es ist auch das Alter.» Als er noch jünger gewesen sei, da sei er in den Ring gestiegen, mit dem absoluten Ziel, seine Gegner zu zerstören. Diese Wut habe er heute beim Kampf noch nicht verspürt. In der Vorbereitung jedoch sei es ihm da und dort gelungen, seinen Killerinstinkt zu wecken. «Beim Sparring haben regelmässig Nasen geblutet.» Ein, zwei weitere Aufbaukämpfe werde er brauchen, um auch mental wieder in Bestform zu kommen, sagt Gjergjaj.

Auch Trainer Gallina sieht Gjergjaj noch nicht gänzlich zurück. «Er ist etwas verhalten in den Kampf gestartet und musste seine Unsicherheit überwinden.» Letztlich sei dies gelungen und damit ein erster, wichtiger Schritt zurück zur alten Form getan. Doch die Niederlage gegen Haye hat Spuren hinterlassen. «Arnold ist heute ein reiferer Boxer, der seine Schläge überlegter platziert», sagt Gallina.

Mit diesem gereiften Boxer will Gallina nun vorwärts machen. «Wir haben nicht mehr ewig Zeit, andere Boxer sind in Arnolds Alter bereits deutlich weiter.» Bevor das Training weitergehen kann, steht bei Gjergjaj jedoch am Montag eine Hand-Operation an. Im März oder April soll dann der nächste Kampf stattfinden. Gegen wen, weiss man noch nicht.

Eins steht jedoch bereits fest: Im Juni steigt Gjergjaj nicht in den Ring. Dann wird er Vater.

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