Die Kobra kämpft weiter: «Mein Ziel ist, Weltmeister zu werden»

Arnold Gjergjaj äussert sich zwei Tage nach der klaren Niederlage gegen David Haye zur Aufmunterung eines 67-Jährigen, zu seinen Adrenalinträumen, in denen er mehrere Hayes gleichzeitig sah, und zu den Kommentaren auf seiner Facebook-Seite. Die machen dem 31-Jährigen fast ebenso stark zu schaffen wie die Niederlage im Ring.

Britain Boxing - David Haye v Arnold Gjergjaj - O2 Arena, London - 21/5/16 David Haye celebrates after winning the fight against Arnold Gjergjaj Action Images via Reuters / Andrew Couldridge Livepic EDITORIAL USE ONLY.

(Bild: Reuters/Andrew Couldridge)

Arnold Gjergjaj äussert sich zwei Tage nach der klaren Niederlage gegen David Haye zur Aufmunterung eines 67-Jährigen, zu seinen Adrenalinträumen, in denen er mehrere Hayes gleichzeitig sah, und zu den Kommentaren auf seiner Facebook-Seite. Die machen dem 31-Jährigen fast ebenso stark zu schaffen wie die Niederlage im Ring.

Das Video des Kampfes, das Zeugnis dieser deutlichen Niederlage gegen den Engländer David Haye, hat sich Arnold Gjergjaj noch nicht angesehen. Verfügbar wäre es im Internet alleweil, doch die eigene Überwindung nach einer derart klaren Angelegenheit hat die Kobra noch nicht besiegt.

«Als ich heute Morgen aufgestanden bin, dachte ich sofort: Was habe ich gemacht? Wieso habe ich verloren? Dann aber bin ich zum Mittagstraining gekommen, und da kam ein 67-Jähriger, der bei mir trainiert, hat mich umarmt, mir das Beste gewünscht und gesagt: «Schön, dass es dich gibt und dass du wieder da bist.» Das hat mich wirklich motiviert», sagt Gjergjaj an einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz am Montag.

Trainer und Manager Angelo Gallina sagt zwei Tage nach dem Kampf in London, dass solche Niederlagen zum Sport gehören. «Boxen heisst: Zwei steigen in den Ring und einer kommt raus. Diese Niederlage haben wir sportlich akzeptiert.»

Doppeldeckung war das Konzept für die ersten Runden

Die Strategie des Basler Box-Teams war es, in den ersten Runden in der Doppeldeckung zu verharren, um Haye aus dem Konzept zu bringen. Nicht vorgesehen war, dass Haye mit seinen Schlägen durch die Deckung entscheidende Wirkungstreffer landete.

«Nach dem ersten Treffer war ich wie in einem Adrenalintraum. Plötzlich habe ich drei bis vier Hayes gesehen und dann doch wieder nur einen», erklärt Gjergjaj, der in weniger als zwei Runden vier Mal zu Boden gegangen war.

Boxen wie Hornussen und: das liebe Geld

Gjergjaj hat im ersten grossen Kampf seiner Karriere einen herben Rückschlag hinnehmen müssen. Dass er überhaupt zu einer solchen Affiche vor 16’500 Zuschauern kam, ist das Resultat der acht Jahre dauernden Vorarbeit. Zugefallen ist Gjergjaj und Gallina wahrlich nichts, nicht in einem Land wie der Schweiz. «Das ist kein Box-Land», sagt der Manager, «Boxen ist eine Randsportart auf dem Niveau von Hornussen.»

Der Manager bemängelt, dass man in diesen Momenten der Niederlage übersehe, wie schwer es war, als Schweizer Gespann überhaupt zu diesem Kampf zu kommen. «Wenn wir von Anfang an die nötigen Mittel gehabt hätten, hätte Arnold drei Jahre weniger geboxt und 15 Kämpfe weniger gehabt.»

Nach der Niederlage die Meinungsflut

Viele Einschätzungen von aussen will der Trainer nicht gelten lassen. Etwa die, dass der 31-Jährige nervös gewesen sein soll – das Gegenteil sei der Fall gewesen, schliesslich seien die Vorbereitungen mit Leuten, gegen die auch Wladimir Klitschko Sparrings macht, gut verlaufen.

Noch weniger Verständnis hat Gallina allerdings für die teils beleidigenden Kommentare auf Gjergjajs Facebook-Seite. Unter dem ersten Eintrag nach der Niederlage tummeln sich inzwischen 830 Kommentare, darunter viele mit Inhalten, die das Basler Gespann nicht goutiert.

» Zum Facebook-Eintrag

«Diese Kommentierenden stellen mich hin, als ob ich ein Verbrecher wäre», sagt Gjergjaj. Für ihn sind die Aussagen fast ebenso schwierig zu verarbeiten wie die Niederlage im Ring. Und Gallina sagt: «Gegen diese Hasstiraden, gerichtet gegen Arnold, seine Familie und gegen mich sowie gegen die rassistischen Bemerkungen werden wir uns sicher wehren. Wenn nötig auch juristisch.»

Der zuversichtliche Blick nach vorne

Neben der psychischen Verarbeitung muss Gjergjaj seine Wunden lecken. Auch solche aus früheren Kämpfen. Die Metallplatten und Schrauben, implantiert nach dem Handbruch aus dem Kampf gegen Denis Bakhtov, machen eine weitere Operation notwendig.

Von zuversichtlichen Parolen lässt sich Gjergjaj nicht abbringen: «Mein Ziel ist es, Weltmeister zu werden. Und vielleicht treffen sich Haye und ich ja wieder. Von meinen Fehlern werde ich jedenfalls lernen.»

_
Unsere Berichterstattung nach dem Kampf in London:

» Die Niederlage muss nicht das Ende sein: Gewinnen ist einfach, wahre Grösse zeigt sich erst in der Niederlage

» Eindrücke aus der Londoner O2-Arena: Der Mega-Kampf wird zum Mega-Flop

Nächster Artikel