Was vor einer Woche unaufhaltsam Fahrt aufgenommen hat und sich zu einer schier endlosen Geschichte auswuchs, ist seit Mittwochabend offiziell bestätigt: Paulo Sousa verlässt nach nur einer Saison den FC Basel. Der FCB will zeitnah, noch in dieser Woche, einen Nachfolger bekanntgeben.
Die Nachricht, dass sich der FC Basel und Trainer Paulo Sousa mit sofortiger Wirkung trennen, ist keine Überraschung mehr. Sie ist der überfällige Abschluss einer Geschichte, die seit rund einer Woche keine andere Wendung mehr nehmen konnte und zwangsläufig in dieser Vollzugsmeldung münden musste, die der FC Basel am Mittwoch kurz nach 21 Uhr in einem Communiqué verbreitet hat.
» Zum Communiqué: FCB und Paulo Sousa beschliessen sofortige einvernehmliche Trennung
Wohin der Weg von Sousa führt, darüber gibt es keine offiziellen Angaben, doch es wird Florenz und die ACF Fiorentina sein, mit der Sousa seit Anfang vergangener Woche in Verbindung gebracht wird.
Nachfolger soll noch in dieser Woche benannt werden
Für den FC Basel bedeutet dies, dass er nach Christan Gross‘ Entlassung 2009 den fünften Trainer in sechs Jahren installieren muss. «Es hat nun für den FCB Priorität, den neuen Cheftrainer vor dem Trainingsbeginn am 22. Juni präsentieren zu können und damit auch den bisherigen und den neuen Spielern, die bereits verpflichtet wurden, oder den Kandidaten, über deren Verpflichtung der FCB nachdenkt, Klarheit in der Trainerfrage zu ermöglichen», heisst es in der Mitteilung des FCB.
Nach einem tagelangen Tauziehen hinter den Kulissen, das von beiden Seiten mit keiner Silbe in der Öffentlichkeit kommentiert wurde, klingt es fast wie eine Erleichterung, wenn der FCB schreibt: «Ab jetzt haben sowohl der Club wie auch der bisherige Cheftrainer uneingeschränkte Handlungsfreiheit.» Zeitnah, «sicher noch im Laufe dieser Woche», kündigt der FCB die Bekanntgabe eines Nachfolgers an sowie eine Entscheidung zur Zukunft der bisherigen Assistenztrainer.
Naheliegend ist, dass nach den Erfahrungen mit Sousa der neue Trainer FCB vom deutschsprachigen Markt kommt. Noch bevor die Trennung mit Sousa offiziell bekannt wurde, ist so gut wie jeder freie Trainer schon ins Spiel gebracht worden. Von Ciriaco Sforza über Mirko Slomka, von Sascha Lewandowski bis Adi Hütter, der Red Bull Salzburg Anfang der Woche überraschend verlassen hat.
Markus Kauczinski, Trainer beim Karlsruher SC, soll dem FCB angeboten worden sein, doch herumgereicht werden in solchen Tagen viele Namen. Und die Spekulationen schiessen ins Kraut: So sollen Thomas Schaaf und Felix Magath in Basel gesehen worden sein, aber niemand kann sagen, ob sie bei der Art oder beim FCB waren.
Die Meinungsdifferenzen mit Sousa
Einvernehmlich, so wird im Communiqué des FCB betont, habe man sich von Sousa getrennt, der einen Vertrag bis 2017 hatte. Deutlich geht jedoch aus der Stellungnahme hervor, dass es, kaum dass die Meisterfeierlichkeiten vorüber waren, zu Unstimmigkeiten gekommen ist: «Die letzten Tage und Wochen wurden genutzt, um die weitere Zusammenarbeit zu überdenken. Dabei kam man zum Schluss, dass es angesichts bestehender Meinungsdifferenzen in wichtigen Punkten im Interesse des Clubs, aber auch des Trainers ist, auf eine Fortsetzung der Zusammenarbeit in der Saison 2015/16 zu verzichten.»
Weiter heisst es: «Diese Entwicklung war vom FCB nach der sportlich sehr erfolgreichen vergangenen Saison nicht gewünscht und schon gar nicht forciert worden. Vielmehr ist die jetzt gefällte Entscheidung einer sofortigen Auflösung des Arbeitsvertrages ein weiteres Beispiel einer Dynamik, wie sie im modernen Fussball kein Einzelfall ist, womit der FCB genauso umgehen muss wie viele andere Fussballclubs.»
Sousa wird vom FC Basel «akribisches und zielorientiertes Arbeiten und eine unbeirrbare Konsequenz» attestiert. Fast wie in einem Zeugnis lautet die Formulierung: «Wichtige Voraussetzungen, die der FCB bei der seinerzeitigen Verpflichtung vorgegeben hatte, hat Paulo Sousa erfüllt und die sportlichen Ziele des Clubs weitgehend erreicht.»
Sousas siebente Station als Trainer
Sousa wurde mit dem FCB Meister, erreichte den Cupfinal und überstand die Gruppenphase in der Champions League. Dass er trotz dieser Erfolge, die in Basel allerdings fast schon erwartet werden, den 18-fachen Meister verlässt, ist keine Überraschung. Zwar bestätigte der 44-Jährige nie einen Kontakt zu einem anderen Verein, er garantierte aber auch zu keinem Zeitpunkt, dass er in Basel bleiben werde.
Sousa Abschiedsworte an Basel, ebenfalls im Communiqué des FCB transportiert, lauten: «Ich danke allen, dem Club und der Anhängerschaft für das mir entgegengebrachte Vertrauen. Ich danke ganz besonders meinen Spielern und wünsche allen in Basel, denen der Club am Herzen liegt, dass dieser Verein so erfolgreich bleibt wie bisher.» Und das war es dann mit seinem Basler Intermezzo.
Sousa zieht weiter zum siebten Club seit 2008
Es sind die Mechanismen dieses Geschäfts, in dem personelle Entscheide schon mal über Nacht gefällt werden, und es sind die zielgerichteten Vorstellungen des akribisch planenden Sousa von seinem Werdegang, die den zweifachen Champions-League-Sieger zu diesem Schritt bewogen haben.
Der Schritt wird in die Stadt am Arno führen, darüber herrscht kein Zweifel. Die Fiorentina wird Sousas siebente Station als Trainer sein. 2008 debütierte er bei den Queens Park Rangers in der zweithöchsten Liga Englands, nachdem er als Assistenztrainer der portugiesischen Nationalmannschaft gearbeitet hatte.
Bei drei Vereinen war Sousa in der Championship tätig, bis 2010, als er bei Leicester City am Tabellenende stehend im ersten Saisondrittel entlassen wurde. Es folgte in Ungarn beim FC Videoton das mit 18 Monaten längste Engagement, bevor er in Israel mit Maccabi erstmals Meister wurde und diesen Erfolg in Basel wiederholte.
Zeitraum | Von Paulo Sousa trainerte Mannschaft | Ergebnis |
2008-2009 |
Queens Park Rangers (Championship, 2. Liga England) |
Platz 11 |
2009-2010 | Swansea City (Championship) | Platz 7 |
2010 | Leicester City (Championship) | im ersten Saisondrittel als Tabellenletzter entlassen |
2011-2013 | FC Videoton (Nemzeti Bajnokság, höchste Liga Ungarn) | Platz 2 (2011), Wechsel als Tabellenvierter (2012) |
2013-2014 | Maccabi Tel Aviv (Ligat ha’Al, höchste Liga Israel) | Meister |
2014-2015 | FC Basel (Super League, höchste Liga Schweiz) | Meister |
Nicht zuletzt diese beiden Titel machten Sousa für grössere Vereine interessant. Bevor Florenz in den Vordergrund rückte, hatte sich Sampdoria Genua um den Portugiesen bemüht.
Die Gründe für Sousas Abgang scheinen auf der Hand der zu liegen: Er erhofft sich, in der Serie A, eine der führenden fünf Ligen Europas, Fuss zu fassen und dereinst an die sportliche Spitze eines ganz grossen Vereins zu gelangen.
Schmierereien zum Empfang
Botschaften an den Ankommenden: Paulo Sousa löst als ehemaliger Juventus-Akteur bei einigen Fiorentinern nicht die besten Gefühle aus. (Bild: Screenshot Twitter)
Vorerst wird er mit seinem neuen Club in der kommenden Saison in der Gruppenphase der Europa League spielen. Anders als vor einem Jahr in Basel wird Sousa in der Toskana nicht von vornherein der rote Teppich ausgerollt.
Als einstiger Spieler von Juventus Turin löst Sousa in Florenz bei einigen Anhängern Reflexe aus, die auf der abgrundtiefen Rivalität zwischen den beiden Mannschaften gründet. Noch bevor Florenz Vollzug meldet, gab es auf sozialen Netzwerken Antipathie-Bekundungen und waren die Sprayer unterwegs.
Sousa wird als «Gobbo» (Italienisch für «Buckeliger» oder «Krüppel») bezeichnet, so wie die Juve-Anhänger von den Fiorentinern beschimpft werden.
Es sind die ersten Reaktionen, wohl von einzelnen Exponenten der Anhängerschaft. Und die müssen letztendlich nichts bedeuten, schliesslich sind seit Sousas Engagement in Turin bereits 20 Jahre vergangen. Damals spielte er bei einem Verein, der den zweiten Meisterstern bereits auf der Brust trug und inzwischen den dritten. Nun wird er bei einem Club erwartet, der seinen letzten Titel 1969 gewann. Da war Paulo Sousa noch gar nicht auf der Welt.