Die Liga blüht

Die Super League wird von den Funktionären der Swiss Football League (SFL) als hochwertiges Produkt gepriesen – und die Zuschauerzahlen unterstreichen das. Doch für Liga und Vereine werden die Herausforderungen nicht kleiner werden. Insbesondere im Bereich der Sicherheit.

Claudius Schaefer (L) chief executive of the Swiss Football League (SFL), speaks to Heinrich Schifferle President of the SFL before a news conference in Bern December 12, 2012. REUTERS/Pascal Lauener (SWITZERLAND - Tags: SPORT SOCCER) (Bild: PASCAL LAUENER)

Die Super League wird von den Funktionären der Swiss Football League (SFL) als hochwertiges Produkt gepriesen – und die Zuschauerzahlen unterstreichen das. Doch für Liga und Vereine werden die Herausforderungen nicht kleiner werden. Insbesondere im Bereich der Sicherheit.

Gemessen daran, in welchem Chaos Heinrich Schifferle vor Jahresfrist die Aufgabe als Präsident der Swiss Football League aufgenommen hat, mit einem Lizenzentzug für Xamax, dem finanziellen Beinahe-Kollaps bei Servette Genf und dem Rechtsstreit mit dem FC Sion, kann er zwölf Monate entspannt sein Zwischenfazit ziehen: «Die Bereinigung ist abgeschlossen. Wir stehen ausgezeichnet da.»

Die Zahlen und Fakten sprechen fast durchweg für diese Selbsteinschätzung. 1‘135‘705 Zuschauer haben 90 Spiele , 12‘619 im Schnitt und damit zur Saisonmitte so viele wie nie zuvor in der Geschichte der Super League.

Studie: Die Schweiz, das Ausbildungsland

16 Spieler, die der FC Basel ausgebildet hat, spielen in der Super League, 10 davon aktuell beim Schweizer Meister. Mehr Eigengewächse hat kein anderer Verein in den Reihen und in der Liga untergebracht. Das ist nur eines der Ergebnisse einer Studie des Football Observatory des Centre International d’Etude du Sport (CIES) aus Neuchâtel für die SFL. Demnach ist ein Super-League-Spieler durchschnittlich 25,2 Jahre alt, stellt Wintermeister Grasshoppers die jüngste Stammelf, und der Ruf der Schweiz als Ausbildungsliga wird untermauert: In den fünf grössten Ligen stellt die Schweiz am sechstmeisten Spieler. Ausserdem interessant: Die Meister der letzten zwölf Jahre – GC, FCZ und FCB – setzten die grösste Zahl von im Club ausgebildeten Spielern ein. (cok)   
Die Studie

Das sind 50 Prozent Zuschauer mehr in den zehn Stadien als noch vor zehn Jahren, und auch im internationalen Vergleich kann sich die Schweiz sehen lassen: Die höchsten Ligen in Österreich, Dänemark und Norwegen kommen nicht über 7000 Zuschauer im Schnitt, Schweden knapp über diese Marke, Belgien erreicht die 12‘000-Besucher-Grenze nicht und selbst Russland zählt weniger Zuschauer als die Super League. «Da wurde nach der Euro 2008 und mit den neuen Stadien vieles richtig gemacht. Wir bieten ein qualitativ hochwertiges Produkt an», sagt Schifferle, der zu den langgedienten Mitgliedern im Komitee der SFL gehört.

Neue Anspielzeiten ohne Auswirkungen

Seit diesem Sommer ist mit einem neuen Fernsehvertrag und neuem Vermarkter eine neue Ära angebrochen. 28 Millionen Franken spült das der Liga und den 20 Vereinen in die Kasse. Den neuen Titelsponsor der Liga, Raiffeisen, bezeichnet Schifferle als «publikumsorientiert», das neue Erscheinungsbild der Football League «elegant», durch die Neu-Organisation der Geschäftsstelle seien Zuständigkeiten klarer verteilt worden und in dem zum CEO aufgestiegenen Claudius Schäfer hat die SFL nun ein «operatives Gesicht».

Dass die Super League mit zwei neuen Anspielzeiten – samstags um 19.45 Uhr, sonntags um 13.45 Uhr – stattfindet, blieb nicht ohne Reaktionen der Fans. Doch der durch die Mantelnutzung einiger Stadien sowie durch die Wünsche der TV-Partner bestimmte Spielplan hat keine negative Auswirkungen gehabt. Im Gegenteil: «Die Zuschauerzahlen geben uns recht», sagt Schäfer.

Beste TV-Quote bei FCB-FCZ

Durch die (Wieder-)Einführung eines Livespiels im Free-TV sieht sich die Liga besser präsentiert, die Highlight-Zusammenfassung im Schweizer Fernsehen habe nun, so Schifferle, den «Platz, den der Fussball verdient». Im Schnitt verfolgten 160‘000 Zuseher die 19 Livespiele, und der Marktanteil betrug durchschnittlich 18 Prozent. Die Partie FC Basel–FC Zürch erreichte mit 241‘800 Zuschauern den Höchstwert, Servette gegen YB wollten zum Ende der Sommerferienzeit und während der Olympischen Spiele nur 88‘000 Menschen sehen. Vom TV-Partner Teleclub, der sämtliche Spiel live anbietet, gibt es keine Zahlen.

Nicht zuletzt freut sich Schifferle über die sportliche Qualität: «Wir haben eine äusserst attraktive Meisterschaft, mit Mannschaften wie GC, die überraschend an der Spitze stehen.» Zufrieden ist der Präsident auch mit der auf zehn Vereine reduzierten Challenge League: «Damit haben wir das richtige Format gewählt.» Dass Vermarkter Infront-Ringier noch keinen Namenssponsor für das Unterhaus präsentieren konnte, kann die Liga verschmerzen: «Finanziell entsteht uns dadurch kein Nachteil, das Geld fliesst trotzdem.»

In der schönen neuen Welt des Schweizer Fussballs gibt es aber noch weitere Baustellen. In der Diskussion über die Schiedsrichter hält Schifferle das Vollprofitum für «Unsinn»: «Dass die Leistungen nicht zufriedenstellend waren, das ist so – aber die Schiedsrichter sind selbstkritisch genug», sagt der Ligapräsident. Die Verantwortlichkeit liegt beim Fussballverband SFV, dem die Liga jährlich zwei Millionen Franken dafür gibt, dass sie Unparteiische für die 360 Spiele stellt.

Der Widerstand gegen Konkordat

Das wichtigste Thema, das die Liga auch in den kommenden Monaten begleiten wird, ist die Sicherheit rund um Fussballspiele und das Fanverhalten. Zur Bundesliga, die in einer hysterischen Sicherheitsdebatte gerade einen bisher nicht gekannten Protest und Stimmungs-Boykott der Kurvenfans erlebte, sagt Schäfer: «Deutschland galt bis vor Kurzem als Beispiel dafür, wie gut die Sicherheit klappt.»

Die verschärften Repressionen, die das neue Konkordat für die Schweiz mit sich bringt, trägt die Liga nur teilweise mit. Trotz vorangeschrittenem Ratifizierungsprozess in den Kantonen stellt Schifferle fest: «Es ist etwas in Bewegung geraten, weil die Fans sich vom Konkordat angegriffen fühlen.» Schäfer hält auch in der Schweiz Solidarisierungen wie in der Bundesliga für möglich. Ihm erscheint es wichtig, den Dialog zwischen allen Beteiligten aufrechtzuerhalten.

Von einem generellen Alkohol- und Rauchverbot in den Fussball-Stadien, wie gerade von Fifa-Präsident Josef Blatter vollmundig gefordert, will die SFL nichts wissen. Schäfer (in Anspielung auf Blatter: «Ein Fussballstadion ist weder Oper noch Theater») hält ein Alkoholverbot bei Hochrisikospielen zwar für einen «gangbaren Weg», ist andererseits aber nicht davon überzeugt, dass diese Einschränkung den gewünschten Effekt erzielt.

Liga bekommt vollamtlichen Sicherheitsbeauftragten

Die Vorfälle um die Schweizer Stadien hatten nicht die grosse mediale Begleitung wie nach dem Abbruch des Zürcher Derbys vor einem Jahr. Ein Stein an den Kopf eines Polizisten in Thun, ein Sitzstreik auf den Zuggleisen in St. Gallen – Ereignisse, die schwerwiegend genug waren oder wie in St. Gallen darauf hinweisen, dass die Fronten sich verhärten. So wie auch in Zürich, wo die letzten Gastspiele des FC Basel aufgrund des Regimes der Stadtpolizei quasi ohne Gästefans stattfanden.

Dennoch spricht Schäfer, mit dessen Berufung zum CEO das Thema Sicherheit und Prävention zur Chefsache wurde, von einer «klaren Stabilisierung» der Situation. Liga und Vereine tragen ihren Teil zu dem von ihnen selbst postulierten «friedlichen Spielen in Kooperation» die forcierte Ausbildung von qualifiziertem Personal bei. An diesem Freitag wird das Komitee einen neuen Sicherheitsbeauftragten bestimmen. Künftig ist das eine vollamtliche Stelle. Womit man der verantwortungsvollen Aufgabe gerecht wird.

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