Am Montag spielt die Schweizer Nationalmannschaft gegen England. Besonders furchteinflössend kommt dieser Gegner zur Zeit allerdings nicht daher: Das englische Nationalteam zeigt enttäuschende Leistungen.
Das englische Nationaltraineramt firmiert im Volksmund als «the impossible job». So unmöglich ist die Aufgabe im Zuge der stark geschwundenen Hoffnung nach knapp 50 Jahren ohne Titel im Grunde gar nicht mehr, aber Roy Hodgson erscheint dieser Tage drauf und dran, die geringen Erwartungen noch zu untertreffen.
Zum lustlosen 1:0 im Test über Norwegen kamen nur 40’181 Zuschauer, so wenige wie nie zuvor bei einem Länderspiel auf dem «heiligen Rasen», und jeder einzelne von ihnen dürfte diese Entscheidung bereut haben. Anstatt des erforderlichen Neustarts nach der verpatzten WM produzierten die Männer mit den drei Löwen auf der Brust einen furchtbaren Fehlpassreigen. «Den Spielern war dieses Spiel scheißegal», ätzte QPR-Harry Redknapp, der den Posten im Frühjahr 2012 selbst gerne übernommen hätte.
Der Trainer verlor völlig die Beherrschung
Hodgson verlor, auf die schmähliche Bilanz von zwei zielgerichten Torschüssen in 90 Minuten angesprochen – einer davon war Wayne Rooneys verwandelter Elfmeter – nach dem Schlusspfiff völlig die Contenance. «Ich kann ein Spiel analysieren und mit meinen Augen bewerten, aber nicht, indem mir jemand sagt, wir hatten nur zwei Schüsse aufs Tor», grämte sich der 67-Jährige, «das ist totaler, verdammter Blödsinn (absolute fucking bollocks), tut mir Leid.»
Die Szene erinnerte den einen oder anderen Reporter im Nationalstadion an den Gefühlsausbruch von Steve McClaren nach einem mühsamen 3:0-Sieg gegen Andorra vor sieben Jahren. «Meine Herren, wenn Sie schreiben, was Sie schreiben wollen, dann schreiben Sie es. Das ist alles, was ich sagen werde. Vielen Dank», beschied der damalige Chefcoach den Journalisten entnervt, kurze Zeit später scheiterte er in der EM-Qualifikation mit einem Regenschirm in der Hand.
Hodgson sass nicht zuletzt wegen seines gepflegten, stets höflichen Umgangs mit dem Pressekorps Ihrer Majestät fest im Sattel. Die Flüche zeigen, wie angespannt er ist und sorgen gleichzeitig dafür, dass die Luft für ihn dünner wird. Englische Reporter lassen Beleidigungen für gewöhnlich nicht lange unbeantwortet.
Ein wichtiger Stürmer fiel kurz vor dem Spiel gegen die Schweiz aus
Als ob die Stimmung vor dem mit sehr großem Respekt vor dem Gegner begleiteten Ausflug in die Schweiz nicht schon schlecht genug wäre, hat sich am Freitag noch Daniel Sturridge verletzt. Der Liverpooler Stürmer, 25, zog sich eine Oberschenkelverletzung zu und fällt zwei Wochen aus. Er war für die Offensive gesetzt gewesen. Das einzig positive an dieser Hiobsnachricht: sie erstickt die Diskussion um die Versetzung von Wayne Rooney im Keim.
Paul Scholes, der frühere Manchester-United-Kollege des neuen England-Kapitäns, hatte sich in einer Kolumne für den Evening Standard für Rooney auf der Spielmacherposition eingesetzt. Der 28-Jährige sei «der beste Passgeber im Kader», argumentierte Scholes. Obwohl der 39-Jährige dies nicht als Kritik an den Leistungen von «Wazza» im Sturmzentrum verstanden wissen wollte, schwingt in dem Vorschlag grundsätzlicher Zweifel an Rooneys derzeitiger Leistungsstärke mit.
England verliert langsam die Geduld mit dem Nationaltrainer
«Es ist paradox», schrieb der Guardian eher gehässig als traurig, «hier ist ein Fußballer der sich auf dem Höhepunkt seiner Karriere als Kapitän von Verein und Nationalmannschaft befindet – just zu dem Zeitpunkt, da er beide Funktionen nicht mehr herausragend gut erfüllen kann». Hodgson kann ihn als Spielführer nicht auf die Bank setzen, doch Rooney wirkt mit sich selbst nicht im Reinen und kann so auch die Mitspieler nicht inspirieren.
Neben, beziehungsweise leicht versetzt hinter ihm wird am Montagabend wohl der 23-jährige Angreifer Dany Welbeck, der kürzlich von Manchester United zum FC Arsenal wechselte, auflaufen. Es wird erwartet, dass Hodgson sein 4-4-2-System aus dem Norwegen-Spiel in ein etwas defensiveres 4-2-3-1 abändert; noch nie dürfte eine englische Nationalmannschaft mit so wenig Zuversicht in ein Spiel gegen die Eidgenossen gegangen sein.
Dass England sich nicht zur Endrunde in Frankreich qualifiziert, ist ob des erweiterten Formats mit 24 Teams so gut wie unmöglich, aber Hodgson muss langsam zeigen, dass er der richtige Mann für einen Umbruch und vor allem für einen Fortschritt ist. England ist drauf und dran, die Geduld mit ihm zu verlieren.