Vom Yakinschen System war im Biathlonzentrum Letzigrund nicht viel zu erkennen – aber der FCB passte sich lange Zeit geschickt den äusseren Umständen an. Und er verdankt den Sieg seinem wiederbelebten Torjäger.
Eigentlich hatte Murat Yakin einen Plan mitgebracht nach Zürich. Aber als der Trainer des FC Basel den Rasen des Letzigrunds sah … Nein. Besser: Als der Trainer des FC Basel den Rasen des Letzigrunds eben gerade nicht sah, weil soviel Schnee darauf lag, reagierte er. Da liess er Plan Plan sein und schwor seine Mannschaft auf ein Kampfspiel ein.
«Was bringt es, ein System durchstieren zu wollen?», fragte Yakin nach dem Schlusspfiff rhetorisch, «dass wir heute auf Schnee spielen würden, konnten wir gestern nicht vorausplanen.»
Insofern brachte diese Partie beim FC Zürich keine neuen Erkenntnisse, wie weit der FCB die Ideen seines neuen Trainers bereits verstanden hat. Die äusseren Umstände liessen gar keine Erkenntnisse zu. Oder wie Yakin nüchtern festhielt: «Vom System hat man heute gar nichts sehen können.»
Erfolgreich Standards provoziert
Und doch erlaubten die 94 Minuten im Biathlonzentrum Letzigrund ein paar Einblicke in das Zusammenspiel von Trainer und Mannschaft. Zum Beispiel, dass die Spieler Yakins Anordnungen umsetzen, auch wenn diese sehr kurzfristig erfolgen. Ganz sicher zeigten sich die Basler als spielintelligenter als ihre Zürcher Gegenspieler. Die hätten, ärgerte sich FCZ-Trainer Rolf Fringer «zu dumm gespielt», weil sie ihren Auftritt Anfangs nicht dem schwierigen Terrain anpassen mochten.
Der FCB dagegen folgte in Halbzeit eins brav Yakins Anweisung, die lautete: «Den Ball schnell in die gegnerische Platzhälfte bringen und dort Standards provozieren.» Prompt fielen beide Basler Tore durch ruhende Bälle.
Bei der Umsetzung der trainerlichen Anweisungen könnte hilfreich gewesen sein, dass zu Beginn nur Spieler auf dem Feld standen, die Deutsch als Muttersprache haben, oder die sich wie Gilles Yapi auf Deutsch zu verständigen wissen. Auch wenn Yakin die Aufstellung nicht nach diesem Kriterium gewählt haben wollte: «Das ist mir gar nicht aufgefallen.»
Tatsächlich waren schlicht jene aus dem Team gefallen, die beim 1:2 gegen Videoton am Donnerstag nicht zu überzeugen gewusst hatten: Mohamed Salah, Marcelo Diaz und Joo Ho Park. Ausserdem fehlte Cabral wegen einer Sperre.
Kampf, Leidenschaft und eine unorthodoxe Problemlösung
Was trotz Schneetreibens sehr gut zu erkennen war: Die Mannschaft war bereit, einiges für diesen Sieg zu investieren. «Es war ein Kampfspiel», meinte Mittelfeldmann Yapi danach, «und wir haben gekämpft. Wir haben Leidenschaft gezeigt.» Gerade letztere hatte die Vereinsführung in den Auftritten unter Yakins Vorgänger Heiko Vogel vermisst.
Und schliesslich bewies Yakin auch in seinem dritten Spiel als FCB-Trainer, dass er ein Freund der unorthodoxen Problemlösung ist. Dass Valentin Stocker im zentralen Mittelfeld auflief, konnte nach der Partie gegen Videoton schon fast nicht mehr überraschen. Aber Alex Frei auf dem linken Flügel?
Nun, Yakin hatte vor der Partie angetönt, Frei werde eventuell «auf ungewohnter Position» auflaufen. Vielleicht helfe ihm das, seine Formschwäche zu überwinden. Nach der Neuerfindung des 33-jährigen Alex Frei konnte der 38-jährige Trainer zufrieden feststellen: «Das ist optimal aufgegangen.»
Nach 643 Minuten hat die Zählerei ein Ende
Ja, Alex Frei tat wieder, was er in den vergangenen Saisons mit der Regelmässigkeit eines Schweizer Uhrwerks getan hatte: Er war an Toren beteiligt. Das 1:0 durch Fabian Schär bereitete er mit einem Freistoss vor. Das 2:0 erzielte er in typischer Alex-Frei-Manier aus circa zwei Metern.
643 Minuten hatte er in der Liga auf dieses Tor warten müssen. Und doch glaubte er danach, seine Mitspieler hätten sich mehr für ihn gefreut als er selbst über diesen Treffer. Natürlich war er erleichtert, dass «diese Minutenzählerei» nun ein Ende gefunden habe: «Aber es war ja nicht so, dass ich zuletzt nicht zu guten Chancen gekommen wäre. Bloss habe ich heute Glück, da geht der Ball noch einem auf der Linie zwischen den Beinen hindurch. Bei Stürmern ist es halt immer Sekt oder Selters.»
Wobei das mit dem Sekt nur im übertragenen Sinn zu verstehen ist. Denn dass dieser 2:1-Sieg bloss ein Anfang sein kann, das ist allen beim FCB bewusst. «Wir müssen auf uns schauen», sagt Alex Frei, sagt Gilles Yapi und sagt natürlich auch Murat Yakin. Da ist es egal, ob die Grasshoppers nun elf oder wie derzeit noch acht Punkte Vorsprung haben.
Die Sache mit dem Goalie und dem linken Flügel
Und Alex Frei und der linke Flügel, wird das nun eine richtige Liebesbeziehung? Wohl eher nicht. Auch wenn Frei zum Abschluss des Abends einen triftigen Grund für seinen Positionswechsel gefunden zu haben glaubte: «Man sagt ja, dass der Goalie und der linke Flügel nicht so einfache Leute sind. Dann passt das schon.»