Die unglückliche Finalniederlage gegen Portugal nagt an den Franzosen. Dabei dürfen sie mit den vier EM-Wochen zufrieden sein, und auch erleichtert darüber, dass die Terror-Befürchtungen sich nicht bestätigt haben.
Didier Deschamps war deutlich anzumerken, dass er sich die Pressekonferenz nach dem Spiel gerne geschenkt hätte. Er hatte schliesslich schon mitansehen müssen, wie ausgelassen eine portugiesische Mannschaft den EM-Gewinn gefeiert hatte, die an diesem Abend die schlechtere Mannschaft gewesen war und mit der einzigen Chance des Spiels dennoch den Titel gewonnen hatte.
«Es ist grausam, dieses Finale so zu verlieren», sagte Deschamps, der mindestens bis 2018 Trainer bleiben wird. «Das muss ich erst mal verdauen. Aber ich kann meiner Mannschaft keinen Vorwurf machen. Sie hat alles versucht. Gratulation an Portugal. Sie sind Europameister.»
Das waren Worte, die genauso fair waren wie das Verhalten des französischen Publikums, das dem Gegner bei der Siegerehrung applaudierte, obwohl die Zahlen eigentlich für Frankreich als Sieger gesprochen hatten: 17 Abschlüsse hatte der Gastgeber allein in der regulären Spielzeit, sieben davon kamen aufs Tor. Portugal schaffte das nur ein Mal, der französische Keeper Hugo Lloris war faktisch beschäftigungslos.
Doch spätestens als der eingewechselte André-Pierre Gignac in der Nachspielzeit den bis dato unbezwingbar scheinenden Keeper Rui Patricio tunnelte und dennoch nur den Pfosten traf, dämmerte es vielen französischen Fans, dass dieses Spiel schlecht enden könnte. Und so kam es auch. Eder traf in der Verlängerung. Die Portugiesen gewannen also, weil sie gegen Schluss zwei gute Angriffe fuhren, zuvor gut mit ihren Kräften gehaushaltet hatten und jetzt mehr Entschlossenheit an den Tag legten als die erschöpften Gastgeber.
Am Ende ausgelaugt
Insofern hatte Frankreich natürlich auch Grund, statt mit dem Schicksal mit sich selbst zu hadern. Allzu oft stand Antoine Griezmann, der mit seinen sechs Treffern immerhin als bester Schütze des Turniers ausgezeichnet wurde, auf verlorenem Posten, weil Dimitry Payet und Olivier Giroud ausgelaugt waren. Und Paul Pogba, der sich als kommenden «Weltfussballer» sieht, enttäuschte einmal mehr.
«Gegen Deutschland hatten wir nicht viele Torgelegenheiten und haben getroffen. Heute hatten wir gut zehn und es war umgekehrt», sagte Griezmann, der nach dem Champions-League-Finale mit Atletico Madrid binnen weniger Wochen das zweite Endspiel in Folge verloren hat. «Wir müssen künftig einiges noch besser machen.»
Frankreich beginnt, versöhnliche Blicke auf das Turnier zu werfen
Am Tag nach der bitteren Niederlage verschafften sich dann aber auch in Frankreich erste Stimmen Gehör, die einen versöhnlicheren Blick auf ein Turnier werfen, in dem Frankreich fünf von sieben Spielen gewann, spielerisch ansprechend auftrat und zum ersten Mal seit der WM 2006 überhaupt die Runde der letzten vier erreichte. Dass es Frankreich im Finale dann so ging wie Deutschland im Halbfinale, bleibt hingegen die aus französischer Sicht bittere Pointe dieser EM.
Wie schrieb doch Lukas Podolski so schön: «Deutschland–Frankreich: bessere Mannschaft verliert! Portugal–Frankreich: bessere Mannschaft verliert! Fussball ist manchmal komisch.»
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Die öffentliche Wahrnehmung ist es manchmal auch. Dass die gerade zu Ende gegangene EM ohne Anschläge ablaufen konnte, wird auch in Frankreich nur in Nebensätzen erwähnt. Die französischen Sicherheitsbehörden haben offenbar gute Arbeit geleistet. Schliesslich gab es einige Bombendrohungen. Die letzte fürs Finale am Sonntag, das unter nochmal verschärften Sicherheitsvorkehrungen stattfand.
Friedliches Schlussbild vor pittoresker Kulisse: Portugiesische Fans feiern den EM-Triumph in Paris am Eiffel-Turm. (Bild: Reuters/STEPHANE MAHE)