In einer erstaunlichen Dichte von hochdotierten Turnieren gibt es am CSI Basel am meisten zu verdienen.
Informiert wird im Grand Hotel Les Trois Rois. Unter unzähligen Kronleuchtern im historischen Ballsaal Belle Epoque. Erhabene Einrichtung, exquisite Sicht auf den Rhein: Die Medienkonferenz anlässlich des CSI Basel 2012 findet in edlem Rahmen statt. Ein Fünf-Sterne-Hotel für einen Fünf-Sterne-Event: Das noch junge Springturnier, das vom 12. bis 15. Januar in der St. Jakobshalle stattfinden wird, zählt seit 2011 zur obersten Kategorie und ist schon bei der dritten Austragung der höchstdotierte Hallen-Grand-Prix der Welt: 930 000 Franken werden über die vier Tage an die Sieger ausgeschüttet – 180 000 mehr als letzten Winter.
Damit bezahlt der hauptsächlich vom Baselbieter Mäzen und Milliardär Thomas Straumann finanzierte Basler Reitanlass erstmals besser als der 1988 von den Gebrüdern Rolf und Urs Theiler ins Leben gerufene CSI Zürich – ausser ein Springreiter knackt in der Limmatstadt den Jackpot und gewinnt alle drei Hauptprüfungen. Dann fallen zusätzliche 300 000 Franken an. Und der CSI Basel wäre hinsichtlich des Preisgeldes trotz allem überflügelt. Aber diesen Coup hat in Zürich bislang noch keiner geschafft.
«Will man schnell in der obersten Liga mitmischen, dann muss man einfach viel investieren. Das macht Thomas Straumann schon richtig – sonst geht es wie bei den Swiss Indoors. Da hat die Etablierung sehr lange gedauert», sagt Rolf Theiler, Mitbegründer des CSI Zürich. Es sei ein grosses Glück für Basel, einen solchen Mann im Hintergrund zu wissen, «denn der Markt alleine bringt es nicht». Von Neid oder Missgunst keine Spur: «Auf die 1000 bis 2000 Zuschauer, die wir an Basel verlieren, können wir gut verzichten.»
Buhlen um Aufmerksamkeit
Dafür darf Theiler, im Gegensatz zu den Baslern, auf Live-Bilder vom Schweizer Fernsehen zählen, genau wie der CSI Genf und der CSIO in St. Gallen. In der Programmplanung, so eine SRF-Sprecherin, bestehe zurzeit kein Platz für eine Direkt-Ausstrahlung einer weiteren Pferdesport-Veranstaltung. Gegenüber dem CSI Basel wurde die Absage zudem mit nicht zufriedenstellenden Quoten bei Springturnieren begründet. Fragt sich nur: Warum dann der ganze Aufwand der Leutschenbacher bei den Weltcups in Zürich, Genf und St. Gallen?
Das Buhlen um Aufmerksamkeit ist gross, die Veranstalter werfen mit immer höheren Beträgen um sich, schaukeln sich gegenseitig hoch. Was den Pferdesport betrifft, befindet sich die Schweiz in einem Ausnahmezustand – es ist ein wahres Eldorado für Springreiter. Basel, Zürich, Genf und St. Gallen: Die Liste an internationalen Fünf-Sterne-Turnieren ist lang, und die nationale Resslirytti legt immer noch an Fahrt zu. Im September 2012 kommt mit Lausanne ein weiterer Event der höchsten Kategorie (über 500 000 Franken Preisgeld) hinzu und damit erstmals eine Station der 2006 vom Niederländer Jan Tops initiierten Global Champions Tour.
Spitzensport und grosse Show
Die Gründe für die einmalige Dichte sind vielfältig. Im Kern tragen die Profi-Springreiter die Bewegung, und Schweizer Athleten und ihre Pferde gehören seit Dekaden zu den besten der Welt. Sie sorgen für Kontinuität und stellen den Anschluss zu den Medien und Sponsoren her. Hinter allen Veranstaltungen stehen zudem potente Geldgeber. Seien es Mäzene wie Straumann als Hauptaktionär der Uhrenmanufaktur Moser & Cie. in Basel, Marken wie Mercedes in Zürich oder Rolex in Genf: Das Geld ist da.
Nicht zuletzt, weil die Turniere eben nicht einfach nur ein Springen über Holzstangen für Gutbetuchte geblieben sind, sondern sich zu Publikumevents mit Showcharakter gemausert haben. Hier sieht und trifft man sich, hier macht man Geschäfte. Die VIP-Tische in der St. Jakobshalle sind ausgebucht, und eine Warteliste ist angelegt.
Die Turniere sind meist regional gut verankert und können auf erweiterte Einzugsgebiete zählen: Der CSI Basel strahlt bis ins nahe Deutschland und Frankreich aus und auch der CSI Genf profitiert von seiner Grenznähe. Die Resslirytti dreht und dreht. Bis es einem schwindlig wird. Straumann, den Verwaltungsratspräsidenten des Basler CSI, zieht es nach ganz oben, so viel ist klar.
Trotz Glanz und Glorie stösst das bunte Treiben nämlich auch auf Kritik. Weltcup, Global Champions Tour, Top-Liga mit Nationenpreisen: Die Belastung für die wenigen Spitzenpferde ist gross. Aber die Versuchung und das Angebot ebenso: So räumt Beat Mändli ein, seinen «Winterschlaf» wegen dem CSI Basel 2012 erstmals zu verschieben – zu attraktiv ist das Turnier am Rheinknie.
An die Grenze und darüber hinaus
Der 42-Jährige hat Anfang Monat beim Turnier in Verona in Führung liegend miterleben müssen, wie Hickstead, der Hengst des kanadischen Olympia-Siegers Eric Lamaze und das wohl beste Pferd seiner Zeit, nach einem Aorta-Abriss noch zwischen den Hindernissen unter Qualen verstarb. Nun muss ein solches Unglück nicht von einer Überbelastung herrühren. Aber Springpferde werden bis an ihre Grenzen geführt – und hin und wieder darüber hinaus. Grenzübertretungen sind Lamaze nicht fremd: 1996 wurde der 43-Jährige mit Kokain im Blut erwischt, 2000 mit Ephedrin und kurz darauf gleich nochmals mit Kokain. Nun muss auch das nichts mit den Pferden zu tun haben, die Lamaze reitet. Aber ein ungutes Gefühl bleibt und die Frage offen, was die rauschende Resslirytti-Party abzubremsen vermag.
In Basel jedenfalls wird das vorerst nicht passieren. Der Vertrag mit der St. Jakobshalle wurde soeben bis 2015 verlängert. Und das Teilnehmerfeld ist 2012 so gut besetzt wie noch nie: Neben Weltmeister Philippe Le Jeune (Bel), dem Europameister Rolf-Göran Bengtsson (Swe) und Weltcup-Sieger Christian Ahlmann (D) werden auch die besten US-Springreiter starten und erstmals auch Eric Lamaze – falls der Weltranglisten-Erste ein konkurrenzfähiges Pferd nach Europa bringen kann.
CSI Basel. Die Weltspitze im Springreiten in der St. Jakobshalle vom 12. bis 15. Januar 2012. www.csi-basel.ch
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 02/12/11