Die Schweiz geht in Maribor baden

Ein Elfmetertor in der 79. Minute stellt den Spielverlauf in Maribor zwar auf den Kopf, doch die zweite Niederlage in der Qualifikation zur Euro 2016 hat sich die Schweizer Nationalmannschaft selbst zuzuschreiben: Sie spielt nicht konkret genug und vergibt ihre besten Möglichkeiten. Zwei Spiele, kein Tor – Vladimir Petkovic hat einen Fehlstart als Nationaltrainer hingelegt.

Switzerland's Haris Seferovic reacts after missing a chance to score during their Euro 2016 Group E qualifying match against Slovenia in Maribor, October 9, 2014. REUTERS/Srdjan Zivulovic (SLOVENIA - Tags: SPORT SOCCER) (Bild: Reuters/SRDJAN ZIVULOVIC)

Ein Elfmetertor in der 79. Minute stellt den Spielverlauf in Maribor zwar auf den Kopf, doch die zweite Niederlage in der Qualifikation zur Euro 2016 hat sich die Schweizer Nationalmannschaft selbst zuzuschreiben: Sie spielt nicht konkret genug und vergibt ihre besten Möglichkeiten. Zwei Spiele, kein Tor – Vladimir Petkovic hat einen Fehlstart als Nationaltrainer hingelegt.

Die Diskrepanz könnte nicht grösser sein: zwischen Wunsch und Wirklichkeit, zwischen den Erwartungen und den Ergebnissen, zwischen vollmundigen Ankündigungen und gezeigten Leistungen.

Natürlich hat die Schweiz nicht schlecht gespielt in Maribor. Sie hatte nach allen Indikatoren klare Vorteile. Sie beanspruchte 65 Prozent des Ballbesitzes für sich. Sie spielte 534 Pässe, von denen 479 beim Adressaten landeten, was ein Quote von fast 90 Prozent macht. Und sie hatte ein halbes Dutzend teils bester Chancen, um ein Tor zu erzielen und sich damit die Diskussionen zu ersparen, die nach zwei Niederlagen zum Auftakt der EM-Qualifikation entfacht werden.



Swiss head coach Vladimir Petkovic looks desapointed after the UEFA EURO 2016 qualifying soccer match Slovenia against Switzerland at the Ljudski vrt Stadium in Maribor, Slovenia, Thursday, October 9, 2014. (KEYSTONE/Laurent Gillieron)

Vladimir Petkovic und das bittere, das unangenehme Ergebnis in Maribor im Rücken. (Bild: Keystone/LAURENT GILLIERON)

Die Auswahl verlor in Maribor gegen einen biederen Gegner, weil sie nicht in der Lage war, all ihre Überlegenheit in etwas Zählbares umzumünzen. Granit Xhaka scheiterte in der 14. Minute ein erstes Mal mit einem satten Volleyschuss an Samir Handanovic, und der Inter-Goalie sollte für die Schweizer unüberwindbar bleiben. Vor allem für Haris Seferovic.

Seferovic, der Chancentod

Der 22-Jährige, der nach seinem Wechsel zu Eintracht Frankfurt prächtig Fuss gefasst hat in der Bundesliga, war der personifizierte Chancentod in Maribor. Kurz vor der Pause fand er erneut in Handanovic seinen Meister, und auch in der 66. Minute brachte er den Ball aus bester Lage nicht im slowenischen Tor unter. «Die Chancenauswertung war schlecht», räumte Seferovic ein, «heute wollte der Ball nicht rein.»

Das war ärgerlich aus Schweizer Sicht, aber immerhin trat Seferovic in Erscheinung im Gegensatz zum blassen Josip Drmic, der nicht kaschieren konnte, dass seit dem Wechsel von Nürnbergs Stammelf auf die Ersatzbank von Leverkusen das Selbstvertrauen fehlt. Und als der Ball dann in der 87. Minute doch einmal im Tor lag, stand Seferovic im Abseits.

Von Bergens Fehler, Djourous Foul

Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Schweizer bereits den Rückstand eingehandelt. Ein Tor, das den Spielverlauf auf den Kopf stellte. Kevin Kampl war durchgebrochen, und Johan Djourou brachte den Salzburger Stürmer an dessen 24. Geburtstag zu Fall. Es war ein streng gepfiffener, aber vertretbarer Elfmeterentscheid des deutschen Schiedsrichters Wolfgang Stark. Und eine Gelegenheit, die sich der ehemalige Bundesliga-Legionär Milivoje Novakovic, der mit 35 Jahren seine Karriere in Japan ausklingen lässt, mit einem routiniert versenkten Ball nicht entgehen liess.

» Die Elfmeterszene und das Tor im SRF-Video

Im Kalenderjahr 2014 war es der erste Treffer überhaupt für Sloweniens Nationalteam, und es war auch der einzige Schuss auf das Tor von Yann Sommer gewesen. Was einiges aussagt über die Schweizer Defensive und das spielerische Vermögen der Mannschaft von Srecko Katanec, die gerade einmal auf 155 Pässe kam und sich grossmehrheitlich vor dem eigenen Strafraum verschanzte.

Der Schweiz fehlt das Konkrete im Spiel

Aber das Drehbuch der Partie spiegelt auch einiges, was der Schweizer Nationalmannschaft, den Top-Ten-Stürmern der Weltrangliste, fehlt: das Konkrete in ihrem Spiel. Und wenn dann einem wie Steve von Bergen, der seinen Startplatz durchaus nachvollziehbar an Philippe Senderos verloren hatte und diesen, als er angeschlagen war, in der 70. Minute ersetzte, wenn von Bergen in der Vorwärtsbewegung dann der entscheidende Fehler passiert, der das Gegentor einleitet, dann ist diese Mannschaft derzeit auch nicht in der Lage, noch etwas zu erzwingen.

Somit steht Valdimir Petkovic wenn nicht vor einem Scherbenhaufen so doch vor einem in den Sand gesetzten Start in die Ära des neuen Nationaltrainers. Er hatte mutig aufgestellt mit zwei Spitzen, hatte Xherdan Shaqiri viele Freiheiten hinter den beiden Spitzen gegeben – gefruchtet hat diese Strategie jedoch nicht.



epa04438973 Swiss forward Xherdan Shaqiri reacts after missing a chance during the UEFA EURO 2016 qualifying soccer match between Slovenia and Switzerland in Maribor, Slovenia, 09 October 2014.  EPA/LAURENT GILLIERON

Konsternierte Schweizer: Xherdan Shaqiri. (Bild: Keystone/LAURENT GILLIERON)

«Wir müssen dem ins Auge schauen», sagte Petkovic, dem ein besserer Einstieg als Nationaltrainer zu wünschen gewesen wäre als zwei Niederlagen ohne Torerfolg, «die Mannschaft hat gut gespielt, aber aus so vielen Chancen muss sie ein Tor machen. Sie wollte, aber sie konnte nicht.» Was der Trainer auch ansprach: «Es hat nicht nur ein Tor gefehlt, sondern oft auch der letzte Pass.»

Der Modus als Beruhigungspille

Damit hat die Schweiz das Szenario, das sie so sehr vermeiden wollte und das unweigerlich die letzte EM-Ausscheidung vor vier Jahren in Erinnerung ruft. Auch damals stand die Schweiz nach zwei Partien ohne Punkt da – und verpasste letztlich die Endrunde.

So weit ist es natürlich noch nicht. Die Schweizer haben noch acht Spiele Zeit, um das Malheur zu korrigieren und mindestens Platz 3 und damit die Barrage zu erreichen. Am Dienstag gastiert das Team in San Marino. Das ist das klassische Spiel von David gegen Goliath und im Moment auch das Spiel zwischen den beiden einzigen noch punkt- und torlosen Teams in der Gruppe E.

England mit 5 Toren, Litauen mit 6 Punkten

England entledigt sich am Donnerstag der Aufgabe gegen San Marino ohne zu glänzen. Beim 5:0 (2:0)-Heimsieg trafen Jagielka (25.), Rooney (43./Foulpenalty), Welbeck (50.) und Townsend (72.); dazu kam ein Eigentor von Alessandro della Valle (78.). Im Duell zweier Sieger der ersten Runde gewann Litauen daheim gegen Estland 1:0 (0:0).

Euro 2016. Qualifikation, Gruppe E

Slowenien–Schweiz 1:0 (0:0)
Maribor, Stadion Ljudski vrt. – 10’000 Zuschauer. – SR Stark (De).
Tor: 79. Novakovic (Foulpenalty/Kampl) 1:0.

Slowenien: Handanovic; Brecko, Ilic, Cesar, Struna; Mertelj; Birsa (55. Lazarevic), Kampl, Kirm (71. Pecnik); Novakovic, Ljubijankic (46. Kurtic).
Schweiz: Sommer; Lichtsteiner, Senderos (70. Von Bergen), Djourou, Rodriguez; Behrami, Inler (82. Kasami), Xhaka; Seferovic, Shaqiri, Drmic (74. Mehmedi).
Bemerkungen: Schweiz ohne Bürki, Hitz, Moubandje, Frey, Lustenberger, Fernandes, Widmer, Barnetta, Dzemaili (alle nicht eingesetzt). 28. Schuss von Seferovic touchiert den Aussenpfosten. Verwarnungen: 36. Ljubijankic (Reklamieren), 79. Djourou (Foul), 94. Lazarevic (Unsportlichkeit).

Rangliste: 1. England 6. 2. Litauen 6. 3. Estland 3. 4. Slowenien 3. 5. Schweiz 0. 6. San Marino 0.

» Weitere Details zur Gruppe E

 

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