Der älteste Sohn Arlind fasst als Innenverteidiger beim FC Basel immer besser Fuss und dahinter scharren bereits die Zwillinge Adonis und Albian mit den Hufen. Die Geschichte einer Fussballfamilie aus dem Kleinbasel.
«Ich muss mal was klarstellen», sagt Arlind Ajeti und er tut das mit aller höflicher Zurückhaltung eines knapp 20-Jährigen, der sich noch nicht so selbstsicher durch eine Mixed Zone mit den Journalisten bewegt, wie das die Platzhirsche beim FCB können. «Es sind keine Drillinge», stellt Arlind Ajeti also klar. «Meine Brüder Adonis und Albian sind Zwillinge. Der dritte, von dem oft in den Zeitungen steht, ist unser Vater. Ich weiss auch nicht, woher das kommt.»
Vermutlich ist es der Ausfluss dessen, dass der eine etwas schreibt und der nächste dies unüberprüft übernimmt. Und so gelangen die Ajeti-Drillinge bis in einen Eintrag bei Wikipedia: Adonis, Albian und Afrim. Vater Afrim kann darüber schmunzeln, und irgendwie sind es ja doch drei. Die zweieinhalb Jahre jüngeren Zwillinge haben Ende April ebenfalls ihre erste Profiverträge beim FCB unterschrieben.
Yakin: «Er bringt alle Qualitäten mit»
Das Zusammentreffen mit Arlind Ajeti nach dem Auftaktspiel des FC Basel gegen den FC Aarau (3:1) verhilft also zu tieferer Erkenntnis. Dass er eine sehr ordentliche Partie als Innenverteidiger des FC Basel gespielt hat gegen den Aufsteiger, haben mehr als 27’000 Zuschauer im St.-Jakob-Park mitverfolgen können. Die Ruhe, die Ajeti auf dem Spielfeld ausstrahlt, die Klarheit bei der Ballbehandlung, die stattliche Erscheinung der 1,84 Meter und der kahlgeschorene Kopf lassen ihn älter erscheinen als die 19 Jahre und knapp 10 Monate.
Auch sein Trainer ist angetan: «Er bringt alle Qualitäten mit», sagt Murat Yakin, «und wir sind froh, dass er so jung schon so viel Abgeklärtheit zeigt.» Vielleicht liegt es daran, dass der junge Arlind Ajeti, als er 2004 vom FC Concordia zu den FCB-Junioren kam, seinen heutigen Trainer noch hat spielen sehen. «Seine Art, sein Stellungsspiel, die Spielauslösung – das versucht er uns heute zu vermitteln», sagt Ajeti, «und das kommt an.»
Das Geheimnis aus dem Abschlusstraining
Gegen St. Gallen, im letzten Spiel der alten Saison, begann Arlind Ajeti für den gesperrten Fabian Schär, und jetzt ersetzte er den gesperrten Aleksandar Dragovic. Damit hat Ajeti in seinem noch dünnen Dossier in der 1. Mannschaft mit insgesamt neun Einsätzen in Wettbewerbsspielen immerhin zwei volle Super-League-Partien in Folge stehen.
Dass ihn Murat Yakin dabei zweimal dem Argentinier Gaston Sauro vorzog, darf als Signal des Trainers begriffen werden. Ajeti selbst räumt ein: «Ich könnte jetzt nicht behaupten, dass ich während der Vorbereitung gespürt hätte, dass ich von Anfang spiele. Es ist eigentlich nie klar, wer von Anfang spielt.»
Aber Ajeti, der bereits vor zwei Jahren von den Junioren zu den Profis stiess und unter Thorsten Fink am 28. August 2011 gegen den FC Thun in der Super League als 17-Jähriger debütierte, hat inzwischen einen ziemlich sicheren Hinweis bei den letzten Trainingseinheiten mitbekommen: «Oft gibt es ja auch noch Änderungen kurz vor dem Spiel, aber wer im Training mit Marco Streller zusammen ist, der spielt eigentlich meistens.»
Yakin erklärt seine Wahl pragmatisch: «Aus den letzten drei Testspielen habe ich viele Schlüsse gezogen. Die Kombination mit Fabian Schär hat für Arlind Ajeti gesprochen.» Ajeti müsse noch Erfahrung sammeln, sagt Yakin, «ganz langsam, step by step», und wenn sich über Nacht an der Transferfront nichts verändert, wird Ajeti am Sonntag in Zürich wieder hinter Aleksandar Dragovic ins zweite Glied zurücktreten. Über diese Rolle ist er sich im Klaren: «Drago ist Stammspieler und solange er hier ist, ist er gesetzt. Aber ich bin parat für Einsätze über 90 Minuten. Dafür reisse mich im Training auf.»
Arlinds Brüder und der FC Barcelona
Afrim Ajeti verfolgt das alles mit grosser Freude. «Stabil, ruhig und intelligent» hat er seinen Ältesten am Samstag im Joggeli spielen sehen. Und überhaupt seien die Eltern «froh und stolz», wie sich ihre kickenden Söhne entwickeln. Adonis spielt in der U18 des FCB ebenfalls Innenverteidiger, und Albian durfte bei den Profis im Trainingslager schon einmal schnuppern, bevor er bei der U21 ins Training einstieg. Mit zwei Toren in zwei Testspielen der ersten Mannschaft demonstrierte er sein Stürmertalent.
Dass die Zwillinge noch beim FCB sind, ist keine Selbstverständlichkeit. Vor Jahresfrist klopften grosse Vereine bei den Ajetis an. Der FC Bayern und andere Grossclubs waren darunter, am konkretesten aber wurde der FC Barcelona. Mit dem Segen von FCB-Präsident Bernhard Heusler weilte die Familie im Spätjahr eine Woche in Barcelona. In der berühmten Fussballschule La Masia spielten Adonis und Albian vor, mit Sportdirektor Andoni Zubizarreta, Spaniens Torhüterlegende, sassen sie an einem Tisch, und Vater Afrim fand das alles «sehr spannend, sehr interessant, sehr beeindruckend».
Das Veto der Mutter
«Neun Monate ging es hin und her», schildert Afrim Ajeti. Den Ausschlag für Basel gab zum einen, wie sich Bernhard Heusler und FCB-Sportdirektor Georg Heitz einsetzten. Die Familie nahm ausserdem wahr, wie Arlind in der ersten Mannschaft gefördert wird. Das entscheidende Veto legte jedoch dann Sylbie Ajeti ein. Die Mutter, die früher ihren kickenden Söhnen jeden Abend den Rucksack voller Fussballklamotten gewaschen und anschliessend frisch gepackt hat. «Mein Frau hat nein gesagt, sie wollte daheim in Basel bleiben und sie wollte nicht, dass die Strukturen auseinander brechen.»
Eine Struktur, die der Vater auch so beschreibt: «Die Jungs sollen locker und mit Spass Fussball spielen. Meine Frau und ich arbeiten, uns geht es gut. Es gibt von unserer Seite keinen Druck.»
Daheim, das ist für die Ajetis der Claragraben in Kleinbasel, wo die Grossfamilie derzeit noch zur Miete wohnt. Afrim Ajeti kam 1988 aus Besiana (Podujeva) im Kosovo in die Schweiz, lange vor dem Krieg. Er fand erst in Luzern Arbeit, kehrte von Heimweh geplagt zurück, um 1993 schliesslich in Basel sesshaft zu werden. Seit zehn Jahren arbeitet Afrim Ajeti als Montageleiter, und wenn er nicht von Baustelle zu Baustelle unterwegs ist, begleitet er seine Söhne auf die Fussballplätze dieses Landes: «Ich glaube, ich kenne inzwischen jeden.»
Seine Söhne spielen alle für Schweizer Junioren-Nationalteams, seit Februar gehört Arlind Ajeti dem U21-Nationalteam an, und sein Vertrag mit dem FC Basel läuft, wenn in dieser Saison eine Option wirksam wird, bis 2016. Derzeit scheint alles auf gutemWege, und selbst wenn der FCB beim Abgang von Aleksandar Dragovic einen international erfahrenen Mann nachverpflichtet, so hat sich Arlind Ajeti mit Nachdruck als Nummer 3 unter den Innenverteidigern empfohlen.