Dominik Paris triumphierte auf der Streif. Der Italiener legte in Kitzbühel eine beeindruckende Fahrt hin.
Als die Prominenz auf der riesigen VIP-Tribüne von Kitzbühel vor der Hahnenkammabfahrt ihre Siegertipps abgeben durfte, da wurden die üblichen Verdächtigen genannt: Der Norweger Aksel Lund Svindal war da zu hören, der Gewinner des Super-G vom Freitag; Klaus Kröll, der Schnellste im Abschlusstraining; auch sein österreichischer Teamkollege Hannes Reichelt und der Italiener Christof Innerhofer wurden von den prominenten Zaungästen ins Spiel gebracht.
Schweizer Rennläufer wurden keine genannt. Und auch der Name Dominik Paris fiel kein einziges Mal.
Wen wunderts. Bis vor wenigen Wochen wussten ja auch nur echte Ski-Insider, dass sich hinter Paris nicht nur die Stadt der Liebe und eine verhaltensauffällige amerikanische Blondine verstecken, sondern auch noch ein flotter Abfahrer sowie ein stämmiger Naturbursch aus Ulten in Südtirol.
Dabei hätten bei den Ski-Fans und Gegnern spätestens seit dem 29. Dezember die Alarmglocken schrillen müssen. Denn an diesem Tag war eben dieser Dominik Paris auf der Strecke in Bormio, die viele für die schwerste Piste der Welt halten, zu seinem ersten Weltcup-Sieg gerast. Eine Premiere, die in der Aufregung um den Hundertstelkrimi – Hannes Reichelt gewann zeitgleich, der Österreicher Kröll wurde mit 0,02 Sekunden Rückstand Vierter – beinahe unterging.
Pickelharte Piste
Doch wer auf der eisigen und steilen Stelvio-Piste gewinnt, der wird automatisch auch auf der berüchtigten und pickelharten Streif zum würdigen Mitfavoriten.
Aber nicht einmal Dominik Paris hatte mit so einer beeindruckenden Triumphfahrt in Kitzbühel gerechnet. Als im Ziel auf der Anzeigetafel der Einser blinkte, da war der selbstbewusste Südtiroler dann sogar von sich selbst ein wenig verblüfft. «Eigentlich hatte ich ja nicht wirklich ein gutes Gefühl», berichtet Paris, «vor allem im oberen Teil. Unten habe ich dann schon gespürt, dass ich immer schneller werde.»
Und wie schnell er wurde. Keiner bewältigte die schwierige Schrägfahrt kurz vor dem Ziel so perfekt und souverän wie Paris, keiner erreichte auf dem Zielschuss eine höhere Geschwindigkeit (142,3 km/h) als der Athlet der italienischen Forstwache, der ein Baum von einem Mann ist (95 Kilogramm). Mit seinem starken Finish überholte Paris auf den letzten 20 Fahrsekunden noch den kanadischen Abfahrtsweltmeister Erik Guay (0,13 Sekunden) und den Österreicher Hannes Reichelt (0,36), die beide bei der letzten Zwischenzeit noch vor dem Südtiroler gelegen waren.
«Unglaublich. Gewaltig. Ich kann es fast nicht glauben», stammelte Dominik Paris im Ziel, «jeder Abfahrer träumt davon, einmal in Kitzbühel zu gewinnen.» Der 23-Jährige ist der erst zweite italienische Sieger auf der Streif nach Kristian Ghedina 1998.
Ein kleiner Achtungserfolg
Die Siegerliste der Schweizer Rennläufer ist in Kitzbühel ungleich länger. Dass nach fünf Abfahrts-Triumphen in Serie (vier Mal Didier Cuche, ein Mal Didier Defago) heuer die Erfolgsserie riss, kam alles andere als unerwartet. Dass nach dem Debakel im Super G (Viletta auf 29, Küng auf 30) in der Abfahrt nun ein Schweizer unter den ersten 15 landete, war angesichts der Pleiten-, Pech- und Pannensaison dann wieder überraschend. Patrick Küng war wie schon zuletzt auf dem Lauberhorn in Wengen als 15. der beste Abfahrer von Swiss Ski, mit Carlo Janka (21.), Didier Defago (24.) und Tobias Grünenfelder (29.) schafften drei weitere Schweizer Rennläufer den Sprung in die Punkteränge.
Ein kleiner Achtungserfolg – mehr nicht. Die Favoriten für die WM-Abfahrt in Schladming sind andere. Aksel Lund Svindal, die Österreicher, die ebendort Heimvorteil geniessen, die starken Südtiroler rund um Dominik Paris und Christof Innerhofer. «Aber ich hoffe, dass es auch bei unseren Läufern aufwärts geht», sagt Didier Cuche. Und legt einen Blick in die Vergangenheit nahe. Denn die Planai-Piste in Schladming scheint den Schweizern durchaus zu liegen.
Beim Weltcup-Finale im Vorjahr war der rekonvaleszente Beat Feuz Zweiter. Und Olympiasieger Didier Defago bewies als Vierter ebenfalls, dass er auf der WM-Strecke schnell sein kann.