Vier Jahre nach dem Ausstieg von Titelsponsor Davidoff gehen die Swiss Indoors eine Zusammenarbeit mit InfrontRingier ein. Der Sportvermarkter, der zur Hälfte dem Medienunternehmen Ringier («Blick») gehört, soll Sponsoren an Land ziehen. Das Turnier sieht sich mit steigenden Preisgeldern konfrontiert.
Seit vier Jahren haben die Swiss Indoors ein Problem. 2010 ist die Oettinger-Gruppe mit ihrer Marke Davidoff als Namenssponsor des Basler Tennisturniers ausgestiegen, weil das Verbot für Tabakwerbung im internationalen TV eine Weiterführung des Engagements verhinderte. Ein schwerer Schlag für das Turnier, soll Davidoff doch pro Austragung geschätzte fünf Millionen Franken investiert haben. Also mehr als in Viertel des derzeitigen Budgets von 18,5 Millonen Franken.
Diesen beträchtlichen Ausfall wollte Turnierpräsident Roger Brennwald ursprünglich durch mehrere sogenannte Premium Partner kompensieren. Doch diese Strategie ist nicht aufgegangen. Einst war das Ziel ausgegeben worden, zehn solcher Premium Partner zu finden. Derzeit sind auf der Website der Swiss Indoors bloss deren sechs aufgelistet.
Unter diesen Vorzeichen hat sich das Turnier nun entschieden, mit InfrontRingier zusammen zu arbeiten. Der Sportvermarkter soll als «strategischer Partner», wie es in der Medienmitteilung heisst, die Filetstücke des Sponsorings beackern. Sprich: InfrontRingier muss jene zahlungskräftigen Sponsoren finden, die das Turnier selbst nicht auftreiben konnte.
Nähe zu den Boulevardmedien
Was bei einem Geschäft mit InfrontRingier ebenfalls mitkommt, ist die Nähe zu wichtigen Schweizer Boulevardmedien. Der Medienkonzern Ringier, der an InfrontRingier 50 Prozent Anteile besitzt, kann mit seiner «Blick»-Familie und der «Schweizer Illustrierten» zumindest national für die für Sponsoren so wichtige Medienpräsenz sorgen.
Für die Swiss Indoors wird die Suche nach neuen Geldgebern zu einer dringenden Angelegenheit, weil das Turnier durch den Tour-Organisator ATP künftig zu mehr Ausgaben gezwungen wird. Der Basler Anlass gehört zu den weltweit elf Turnieren der ATP World Tour 500. Diese ist hinter den Grand Slams, dem ATP World Tour Final und den Turnieren der 1000er-Kategorie die dritthöchste Stufe im internationalen Tenniskalender.
Diese Einteilung ist Ehre und Bürde zugleich. Auf höchster Ebene, bei den Grand Slams und im WM-Final sind die Preisgelder in einem nicht zu enden scheinenden Steigflug begriffen. Da müssen auch die Turniere auf mittlerer Stufe mithalten. Deswegen hat die ATP den Turnieren der 500er-Kategorie eine Erhöhung der Preisgelder um 50 Prozent bis 2018 vorgeschrieben.
Basel erhöht das Preisgeld um eine halbe Million Franken
In Basel bereitet man sich deswegen darauf vor, das jetzige Preisgeld von 1,46 Millionen Euro bis 2018 auf 1,9 Millionen Euro anzuheben. Dazu kommen die Gelder, die ein Turnier der ATP neben dem Preisgeld ebenfalls zu überweisen hat. Die sogenannte «finanzielle Verpflichtung» der Swiss Indoors gegenüber der ATP beträgt schon bei der diesjährigen Austragung 1,9 Millionen Euro.
Bei dieser sich drehenden Preisgeldspirale können es sich die Swiss Indoors schlicht nicht leisten, nicht all ihre Plätze für Premium Sponsoren besetzt zu haben. Als Anhaltspunkt: Der Kanton Basel-Stadt, der als Premium Sponsor aufgeführt ist, bezahlt 1,94 Millionen Franken dafür, dass der Schriftzug «Basel» während sechs Jahren auf dem Center Court zu sehen ist; also rund 320’000 Franken im Jahr.
Aggressive Vorwärtsstrategie
Wenn InfrontRingier sich nun auf die Suche nach Sponsoren macht, kann die Firma mit eindrücklichen Zahlen hausieren gehen: Die Swiss Indoors weisen eine weltweite TV-Abdeckung in 175 Ländern mit über 3300 Sendestunden aus. Zudem hat das Schweizer Fernsehen seinen Vertrag mit den dem Turnier im letzten Jahr bis 2018 verlängert.
InfrontRingier selbst bleibt seiner aggressiven Vorwärtsstrategie treu. Die Firma, erst seit 2011 in dieser Form auf dem Schweizer Markt, vermarktet inzwischen auch die Swiss Football League und die Tour de Suisse, zudem hat sie einzelne Spitzensportler wie Lara Gut, Yann Sommer, Fabian Cancellara oder Thabo Sefolosha unter Vertrag.
Ringier-CEO Marc Walder freut sich als, wie er selbst twittert, «ehemaliger Tennis-Profi» ganz besonders über den Deal mit den Swiss Indoors.
Very special Moment for me as a former Tennis-Professional today in Basel! #SwissIndoors http://t.co/vYpZ3BxMIC
— Marc Walder (@marcwalder) October 24, 2014
Im Tennis reichte es Walder mit 9063 Dollar Preisgeld auf der ATP-Tour von 1984 bis 1990 nie an die Geldtöpfe. Bei Ringier aber ist er es, der dem Konzern eine klare Diversifizierungs-Strategie verschrieben hat; weg vom reinen Geschäft mit Druckereien und Zeitungsproduktion. Rund 1,4 Milliarden Franken hat Ringier unter Walder bereits in Firmen ausserhalb der klassischen Mediengeschäfts investiert.
Auf die Swiss Indoors umgelegt, bedeutet seine Strategie, dass InfrontRingier (50-prozentige Ringier-Beteiligung) ein Turnier vermarktet, dessen bei der Sponsorensuche nicht ganz unwichtige Medienpräsenz zum Beispiel der «Blick» (100-prozentige Ringier-Beteiligung) massgeblich beeinflusst. Und wenn diese Medienpräsenz auch das Publikumsinteresse hoch hält, dann ist das noch besser. Das Ticketing-Unternehmen Ticketcorner ist nämlich auch eine hundertprozentige Ringier-Tochter und verdient am Vorverkauf mit.
Bahnt sich eine Nachfolgelösung für Roger Brennwald an?
Die Swiss Indoors haben also mit einem potenten Partner angebandelt. Und wer weiss? Vielleicht kündigt sich hier auch bereits die Lösung für eine allfällige Nachfolgeregelung an, sollte der 68-jährige Turnierdirektor Roger Brennwald irgendwann einmal sein Baby altersbedingt loslassen müssen. Die Tour de Suisse zumindest vermarktet InfrontRingier nicht nur – beim grössten Radrennen der Schweiz tritt die Vermarktungsfirma gleich auch als Veranstalter auf.
Irgendwann wird Roger Brennwald sein Turnier loslassen müssen. (Bild: Keystone/Georgios Kefalas)