Breel Embolo schiesst seine ersten Tore für Schalke 04, und statt zu jubeln, hält er sich demonstrativ die Ohren zu. Noch ist die Skepsis gegenüber dem 19-Jährigen, der unter dem Label «teuerster Neuzugang der Klubgeschichte» firmiert, nicht verflogen.
Einerseits herrscht Erleichterung bei Schalke 04 und bei Breel Embolo (rechts neben ihm Eric Maxim Choupo-Moting), andererseits ist die Skepsis gegenüber dem Rekordtransfer vom FC Basel noch nicht verflogen.
(Bild: Keystone/MARTIN MEISSNER)Der erste Streich: Breel Embolo trifft zum 2:0-Zwischenstand gegen Gladbach.
(Bild: Keystone/MARTIN MEISSNER)Wenn Steine vom Herz fallen: Breel Embolo nach seinem ersten Bundesligatreffer.
(Bild: Reuters/KAI PFAFFENBACH)Der zweite Streich: Erneut gibt Breel Embolo seinem Nationalmannschaftskollegen Yann Sommer das Nachsehen.
(Bild: Keystone/MARTIN MEISSNER)Der Dank an ganz weit oben: Breel Embolo, rechts Nabil Bentaleb.
(Bild: Keystone/MARTIN MEISSNER)«Er ist mit seiner Zweikampfführung extrem wichtig für uns» – das sagt Schalkes Manager Christian Heidel über Breel Embolo im Schalke-Trikot.
(Bild: Keystone/MARTIN MEISSNER)Breel Embolo mit Trainer Markus Weinzierl beim ersten Sieg im sechsten Spiel.
(Bild: Reuters/KAI PFAFFENBACH)Im Schwitzkasten: Breel Embolo während des Europa-League-Spiels gegen Salzburg im Würgegriff von Jonatan Soriano.
(Bild: Keystone/WOLFRAM KASTL)In der Europa League hat Schalke aus zwei Spielen sechs Punkte geholt – hier Breel Embolo (links) beim Heimspiel gegen Salzburg – und in der Bundesliga gab es jetzt auch den ersten Dreier.
(Bild: Keystone/GUIDO KIRCHNER)Kleine Demonstration: Breel Embolo hielt sich nach seinen ersten beiden Toren die Ohren zu, als Zeichen gegen die negative Stimmung, wie er erklärt.
(Bild: Keystone/MARTIN MEISSNER)Die Zuneigung des Publikums war noch etwas verhalten, als Breel Embolo kurz vor dem Abpfiff mit einer Auswechslung gewürdigt wurde. Den Helden eines Spiels noch einmal in den Mittelpunkt zu stellen, gehört ja zu den klassischen Ritualen des professionellen Fussball.
Nun trabte der Schalker Stürmer also glücklich vom Rasen. Zwei Tore hatte er zum 4:0-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach beigetragen, einen weiteren Treffer hatte er mit einem klugen Pass eingeleitet, und die Arena applaudierte wohlwollend. «Ich bin sehr erleichtert und freue mich für die Mannschaft», sagte Embolo etwas später, aber wirklich euphorisch gefeiert haben die 60’000 den Stürmer nicht nach seinem ersten richtig guten Spiel für Schalke.
So ganz ist die Skepsis gegenüber dem 19-Jährigen, der unter dem Label «teuerster Neuzugang der Klubgeschichte» firmiert, noch nicht verflogen.
Plädoyer für einen jungen Hoffnungsträger
Das hatte natürlich auch Christian Heidel gespürt, und so hielt der Manager nach dem Abpfiff ein kleines Plädoyer zu den weniger offensichtlichen Vorzügen Embolos. Der Schweizer wirkt mitunter etwas behäbig. Bis er seinen kraftvollen Körper beschleunigt hat, vergehen bisweilen ein paar entscheidende Momente zu viel. Und manchmal verspringt ihm der Ball. Auch an diesem Abend gab es diese Szenen, nach denen sich Fragen aufdrängen: Für so einen hat Heidel die Rekordsumme von 22, vielleicht auch 23 Millionen Euro an den FC Basel bezahlt? Hat der wirklich so viel Potenzial?
Sein erstes Bundesliga-Tor: Breel Embolo trifft für Schalke am sechsten Spieltag zum 2:0-Zwischenstand gegen Borussia Mönchengladbach. (Bild: Keystone/MARTIN MEISSNER)
Heidel hielt dagegen: Embolo führe «zwischen 30 und 35 Zweikämpfe pro Spiel, da ist er in den Top 5 der Bundesliga. Er ist extrem wichtig für die Spielanlage, wie wir sie haben wollen», sagte der Manager und fuhr fort: «Das heisst: Wenn wir offensiv verteidigen wollen, ist der erste Verteidiger die Nummer 9, der Stürmer. Das macht Breel überragend.» Und die auf Ballbesitz ausgerichteten Gladbacher waren ein perfekter Gegner, um diese Qualitäten zur Geltung zu bringen.
Die enormen Probleme der Borussia im Spielaufbau waren eine direkte Folge der aggressiven Vorwärtsverteidigung des Zentrumsstürmers. Er eroberte mehrere Bälle, lief viel und belohnte sich mit den Treffern zum 2:0 und zum 4:0. «Es freut mich sehr, dass er sich durchgeboxt und durchgebissen hat», sagte Trainer Markus Weinzierl.
Breel Embolo zeigt Gefühle in einer Welt, in der sich die meisten als unnahbare Hochglanzhelden inszenieren.
Aber nicht nur wegen dieser Malocher-Attitüde schlummert in Embolo das Potenzial zu einem echten Schalker Helden. Der Angreifer zeigt Gefühle in einer Welt, in der sich die meisten Kollegen als unnahbare Hochglanzhelden inszenieren.
Nach dem 1:2 in Hoffenheim eine Woche zuvor weinte Embolo und musste von seinen Mitspielern getröstet werden. An diesem Sonntagabend feierte er seinen ersten Treffer nun mit einer Botschaft an die Kritiker: Embolo hielt sich demonstrativ die Ohren zu, die Debatten über seine durchwachsenen Leistungen waren ihm nah gegangen.
At the double! Young forward Breel Embolo scored his first ever Bundesliga goals for Schalke on Sunday. ? #UEL pic.twitter.com/dVj8H3HzKA
— UEFA Europa League (@EuropaLeague) 2. Oktober 2016
Die Erwartungen, mit denen Embolo als teuerster Schalker aller Zeiten konfrontiert wird, sind eine Last. «Es wurde viel geschrieben, viel geredet», begründete er seine Pantomime, und sprach von einer «negativen Stimmung».
Heidel: «Er bleibt ein unfertiger Spieler»
Die ist jetzt erstmal verflogen, Schalke hat endlich ein Spiel gewonnen und Embolo seine ersten Tore erzielt. Um einer neuen Explosion der Erwartungen entgegenzuwirken, wies Heidel aber vorsorglich schon mal darauf hin, dass Embolo ein sehr unfertiger Spieler bleibe. «Er wird nicht jeden Ball in den Winkel schiessen, er wird weiter Bälle verstolpern», sagte der Manager. Das neue Schalke ist weiterhin dabei, sich selbst kennenzulernen. Auch dieser Abend der Befreiung hatte ja eher stotternd begonnen.
Die Gladbacher wirkten gelähmt von ihrer Auswärtsunsicherheit, die das Team nach nur einem Sieg in der Fremde während den vergangenen elf Monaten beschäftigt. Und die Schalker litten als Tabellenletzter verständlicherweise unter einem ähnlichen Selbstvertrauensdefizit. «Fussballerisch hat zwar nicht alles funktioniert», sagte Heidel, aber er habe «das ganze Spiel das Gefühl» gehabt, dass die Profis in königsblau «Männer-Fussball» spielten. Dazu gesellte sich eine gehörige Portion Glück, als Schiedsrichter Sascha Stegemann einen umstrittenen Elfmeter für Schalke pfiff.
Eine erste Erleichterung auf Schalke
Eric Maxim Choupo-Motings Strafstoss-Treffer zum 1:0 eröffnete die schönsten sechs Minuten der bisherigen Schalker Saison, Embolo und Leon Goretzka erhöhten auf 3:0, ein Gefühl tiefer Erleichterung wogte durch die Arena. Bevor die Zuschauer die neue Schalker Mannschaft allerdings wirklich in ihre Herzen schliessen, sind ein paar Schritte mehr nötig als dieser erste Sieg und der Sprung auf den drittletzten Tabellenplatz.
(Bild: Screenshot rotblauapp.ch)