Dank Joker Nils Petersen gewinnt Budesliga-Rückkehrer SC Freiburg gegen den schon wieder kriselnden Hamburger SV und ist mit sechs Punkten aus vier Spielen im Soll.
Im Laufe seines Interview-Marathons wurde dem Mann des Tages die Frage aller Fragen gestellt. Nils Petersen beantwortete sie mit treuherzigem Blick: «Natürlich würde ich gerne von Beginn an spielen», sagte der Freiburger Angreifer, der nicht einmal eine Minute nach seiner Einwechslung mit dem ersten Ballkontakt das 1:0 gegen den Hamburger SV erzielt hatte (70.). «Aber so wie es gerade läuft, hat der Trainer ja gute Argumente, mich einzuwechseln.»
Deshalb gibt es auch keine Kampfansage an Florian Niederlechner, den Mann, der auch am Dienstag in der Stammformation stand, bisher aber im Gegensatz zum zweifachen Saison-Torschützen Petersen noch nicht getroffen hat: «Wer die Tore schiesst, fällt immer auf. Aber das ist ungerecht gegenüber denen, die vorher eine Abwehr müde spielen.»
So viel Bescheidenheit ist natürlich fast schon verdächtig, zumal wenn sie ein Spieler an den Tag legt, der mit seinen 22 Treffern in der Vorsaison nicht den geringsten Anteil am sofortigen Wiederaufstieg der Südbadner hatte. Doch Petersen, das versichern auch die Freiburger Offiziellen immer wieder, ist eben ein perfekter Spieler für eine Mannschaftssportart wie Fussball.
«Der Nils meint das hundertprozentig ernst», sagte Trainer Christian Streich dann auch noch mal zu vorgerückter Stunde. «Und weil er sich nicht mit Nebenkriegsschauplätzen aufhält, kann er hundertprozentig da sein, wenn er auf den Platz kommt.»
Petersen, die Lebensversicherung
Nach einer von beiden Seiten erschreckend schwach geführten ersten Halbzeit war Petersens Einsatz in donnerndem Stakkato von der Freiburger Nordtribüne gefordert worden. Nicht nur die eingefleischten Fans auf den Stehplätzen hatten nach knapp einer Stunde den Eindruck gewonnen, dass dieses Spiel ohne den Torriecher von Petersen – gerade Silbermedaillengewinner mit der deutschen Olympiaauswahl geworden und die personifizierte Lebensversicherung der Freiburger – torlos bleiben würde.
Gerade einmal zwei Chancen – je eine auf beiden Seiten – hatten die bedauernswerten Zuschauer bis dato zu sehen bekommen: Einen Kopfball von Mike Frantz (22.) und eine Riesenchance von Hamburgs Bobby Wood, der nach einem kapitalen Fehler von Nicolas Höfler frei auf Goalie Alexander Schwolow zulief, aber nur den Innenpfosten traf (37.).
«Eigentlich war nichts los»
Dass in der zweiten Halbzeit, die auch HSV-Trainer Bruno Labbadia «viel zu dünn» fand, keinerlei Gefahr mehr von den Hanseaten ausging, hatte dann auch Mittelfeldmann Höfler bemerkt, der wegen des verletzungsbedingten Ausfalls von Marc-Oliver Kempf und Marc Torrejòn neben Manuel Gulde in der Innenverteidigung ranmusste. «Die hatten am Schluss viele Riesen auf dem Platz, da kann gegen unsere eher kleine Mannschaft immer was passieren», sagte er, stellte jedoch fest: «Aber eigentlich war nichts mehr los.»
Und weil das so war, ist der Sportclub mit sechs Punkten aus vier Spielen im Soll. Zum beherrschenden Thema nach dem Abpfiff wurden jedoch die Jobaussichten des Hamburger Trainers. Sowohl der starke HSV-Abwehrchef Johan Djourou als auch Keeper René Adler, der den Ball vor dem Petersen-Treffer nach vorne hatte abprallen lassen, brachen eine Lanze für den Coach: «Diese Diskussion ist affig», sagte Adler.
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Djourou wurde grundsätzlich: «Dieser Verein braucht endlich Stabilität.» Doch die wird er wohl nicht bekommen, so lange der millionenschwere Unternehmer Claus-Michael Kühne seinen Einfluss geltend macht und immer wieder in die Personal- und Transferpolitik des Bundesliga-Gründungsmitglieds eingreift.
Und jetzt der Ausflug zu den Dortmunder Überfliegern
Angesprochen auf die Diskussionen in Hamburg zeigte sich auch Christian Streich irritiert, an dessen Arbeitsplatz Trainer bekanntlich vergleichsweise ruhig arbeiten können: «Wahnsinn, dass nach vier Spielen über einen Trainerwechsel geredet wird.» Beide Kollegen umarmten sich zum Abschied noch mal lachend, nachdem sie sich berichtet hatten, gegen wen ihre Mannschaften am Wochenende spielen.
Während der HSV den FC Bayern empfängt, muss Freiburg am Freitag nach Dortmund. Der BVB hat am Dienstag zeitgleich zum dürftigen Kick in Freiburg 5:1 bei den hoch gehandelten Wolfsburgern gewonnen und damit nach zuletzt zwei 6:0-Siegen gegen Legia Warschau und Darmstadt 98 wenig dafür getan, in Freiburg übertriebene Hoffnung auf Auswärtspunkte zu wecken.
Labbadia schaute dann auch nur mitleidig drein, nachdem Streich ihm den kommenden Gegner genannt hatte. Und Menschen, die sehr genau hingehört haben, wollen sogar ein geflüstertes «Ach, du Scheisse» gehört haben.