Die ZSC Lions und der HC Davos sind die dominierenden Schweizer Vereine des Jahrtausends. Im Playoff-Final treffen nun diese beiden Mannschaften aufeinander, die auf dem Eis einen ähnlichen Stil praktizieren, sich aber ansonsten sehr unterscheiden.
Wollen die Davoser vorgewarnt sein, dann müssen sie sich nur die Aufzeichnungen des letztjährigen Playoff-Finals im Schweizer Eishockey ansehen. Damals liefen die ZSC Lions zum Saisonschluss zur Höchstform auf und bezwangen die Kloten Flyers auf schnellstem Wege mit vier Siegen in der Best-of-seven-Serie. Und das, obwohl die Stadtzürcher in den Viertel- und Halbfinals keineswegs geglänzt hatten. Was das Starensemble von Trainer Marc Crawford damals bot, kann man gelinde gesagt als pomadig bezeichnen.
Spieldaten: 2.4 | 4.4. | 6.4. | 9.4. – eventuell: 11.4. | 14.4. | 16.4.
Die Qualifikation
ZSC Lions (1.)–Davos (5.)
Ergebnisse: 4:1, 1:2, 3:0, 4:1, 1:0 n.P., 2:1
Gegen Aufsteiger Lausanne und Genève-Servette entschieden sie die Serien jeweils erst im siebten und letzten Spiel. Und die Equipe um Captain Mathias Seger entpuppte sich als Wundertüte: Mal fand sich darin geniales Offensivhockey, mal fahriges Rumpelhockey. Man wurde den Eindruck nicht los, dass diese Zürcher unterfordert waren, als sie wie schlampige Genies nur gerade das Nötigste machten. Sie vermittelten den Eindruck, dass sie dabei gar nicht so richtig an ihre Grenzen gehen mussten und stets eine Schippe hätten drauflegen können.
Wankelmütiger ZSC, formstarker HCD
Wenn an diesem Donnerstag (20.15 Uhr, SRF2) die Finalserie zwischen den ZSC Lions und dem HC Davos startet, sind die Vorzeichen wieder ähnlich. Erneut hat sich das fast identische ZSC-Team aus dem Vorjahr nach dem Qualifikationssieg wankelmütig durchs Viertelfinal (4:3-Sieg gegen Biel) und den Halbfinal (4:2-Sieg gegen Genf) gekämpft. Und erneut treffen sie wie im Vorjahr auf einen scheinbar formstärkeren Gegner.
» Die schönsten Tore der Playoffs
Die ZSC Lions – hier mit Severin Blindenbacher, Mark Bastl und Luca Cunti (von links) im Halbfinal gegen Servette, nahmen sich wieder eine Anlaufzeit. (Bild: Keystone/STEFFEN SCHMIDT)
Die Bündner von Trainer Arno del Curto haben erst den EV Zug aus den Playoffs gezaubert und im Halbfinal den Ligakrösus aus Bern gleich mit 4:0-Siegen in die Ferien geschickt. Zuletzt hat der HCD sechsmal in Folge gewonnen, auswärts ist die Mannschaft in den Playoffs noch ungeschlagen.
Aber wird sich die Geschichte aus dem Vorjahr trotzdem wiederholen? Werden die Zürcher im Final einen Gang höher schalten und den HC Davos überrennen? Wohl kaum. Zu speziell ist diese Affiche der beiden Traditionsclubs, das man getrost als Traumfinal der diesjährigen Meisterschaft der Nationalliga A bezeichnen darf.
Zwei Playoff-Finals für die Bündner
Mit dem ZSC und dem HCD treffen die zwei erfolgreichsten Mannschaften des Jahrtausends aufeinander. Je fünfmal konnten die beiden seit 2000 den Meisterkübel in die Höhe stemmen. In den bisherigen Duellen einer Endausmarchung reklamierten jeweils die Davoser das bessere Ende für sich: 2002 und 2005 bezwangen sie die Zürcher deutlich.
Die Kraft aus den Bergen: Der HC Davos mit seinen Fans, hier beim Finaleinzug gegen den SC Bern. (Bild: Keystone/JUERGEN STAIGER)
Aber in der jüngeren Vergangenheit präsentiert sich das anders: Nach dem letzten Meistertitel vor drei Jahren schlitterten die Bündner in eine Krise. Das lag auch am fehlenden Geld aus dem Spengler Cup. Seit 2011 muss der Club rund 800’000 Franken an die anderen NLA-Vereine überweisen, als Kompensation dafür, dass zwischen Weihnachten und Neujahr der Spielbetrieb ruht und damit das Traditionsturnier weiter in gewohnter Form stattfinden kann.
Ohne diesen Spengler Cup kann Spitzeneishockey in den Bergen nicht gewährleistet werden. Im Gegensatz zu den ZSC Lions verfügen die Bündner über keinen milliardenschweren Grossmäzenen wie Alt-SVP-Nationalrat und Autoimporteur Walter Frey, sondern leben vom eigenen Turnier und einer breiten Gönnervereinigung.
19 Jahre Arno del Curto
Zuletzt konnte der HCD nicht mehr die ganz grossen und teuren Transfers vorweisen, im Gegenteil: Im Sommer verliessen gleich fünf Leistungsträger den Verein. Aus der Not hat der HCD eine Tugend gemacht und den Verjüngungsprozess konsequent vorangetrieben. Jetzt erntet man die Früchte: Die Wundertüten aus Davos stehen im Final.
Die Gegenspieler: Marc Crawford, Trainer des Titelverteidigers ZSC Lions (links) und Arno del Curto, der ewige Trainer des HC Davos. (Bild: Keystone)
Immer, wenn man nichts von ihm erwartet oder ihn unterschätzt, dann ist Arno del Curto als Trainer und Motivator sowieso am besten. Vor der Saison schrieb man sein Team nicht nur auf einen Platz im hinteren Mittelfeld, sondern man spekulierte gleichzeitig über einen baldigen Abgang des unorthodoxen Kulttrainers.
Ganz ausgeräumt ist dieser Abschied offiziell noch nicht. Er wolle noch die Playoffs abwarten, sagte Del Curto zu einer Vertragsverlängerung im Februar. Aber mit dem neunten Endspiel in seiner 19. Saison steht einer weiteren Zukunft in Davos eigentlich nichts mehr im Weg. Was wäre denn der HCD auch ohne Del Curto? Während die Davoser ihre fünf Titel im neuen Jahrtausend unter ihm gewonnen haben, standen bei den ZSC Lions fünf verschiedene Trainer an der Bande.
Zürich gegen Davos heisst auch Seger gegen von Arx
Davos gegen Zürich, das ist nicht nur mit viel Prestige und Emotionen verbunden, sondern auch mit Gegensätzen: Auf der einen Seite der finanziell potente Stadtclub mit der professionellsten Jugendarbeit der Schweiz, auf der anderen Seite der Traditionsverein aus den Bergen mit breitesten Anhängerschar im ganzen Land.
Der spezielle Trainer: Davos und sein ewiger Arno del Curto (im SRF-Portrait von 2013):
Davos gegen Zürich ist aber ebenso das Duell zweier NLA-Urgesteine, die schon 2002 für ihre Clubs gegeneinander im Final aufliefen – Mathias Seger und Reto von Arx. Während der 37-jährige Seger seinen Vertrag bei den Lions gerade um ein weiteres Jahr verlängert hat, endet für die Leitfigur Reto von Arx seine Zeit in Davos. Erst seit einer Woche ist der 38-Jährige, von einer Schulterverletzung genesen, zurück im Training. Aber Del Curto versprach, ihn in dieser Finalserie einzusetzen.
So viele Gegensätze auch zwischen den beiden Finalgegnern existieren, so ähnlich ist ihre Spielweise: Sowohl die Zürcher als auch die Davoser zelebrieren einen offensiven, kreativen Stil. Weniger Systemtreue bedeutet oft auch mehr Tore und Spektakel – und damit womöglich die richtigen Zutaten für diesen Traumfinal.
Die Favoritenrolle hat Arno del Curto in gewohnter Manier den Zürchern zugeschoben. Das Rennen um den Meisterkübel ist natürlich trotzdem völlig offen, denn die Geschichte wiederholt sich ja bekanntlich nie.
Alle Meister in der Übersicht | ||
Die Schweizer Eishockey-Meister seit 1909 | ||
Titel | Club | zuletzt |
30 | HC Davos | 2011 |
13 | SC Bern | 2013 |
9 | EHC Arosa | 1982 |
8 | ZSC Lions (Zürcher SC) | 2014 |
7 | HC Lugano | 2006 |
6 | HC La Chaux-de-Fonds | 1973 |
5 | Kloten Flyers (EHC Kloten) | 1996 |
3 | HC Bellerive Vevey | 1918 |
EHC St. Moritz | 1923 | |
HC Bern | 1918 | |
EHC Biel | 1983 | |
2 | HC Les Avants | 1917 |
HC Rosey-Gstaad | 1928 | |
HC Villars | 1964 | |
1 | HC La Villa, Ouchy | 1910 |
Club des Pâtineurs de Lausanne | 1911 | |
EHC Visp | 1962 | |
HC Château-D’Œx | 1924 | |
GCK Lions (GC) | 1966 | |
SCL Tigers (SC Langnau) | 1976 | |
EV Zug | 1998 |