Die Zeit der Geschenke und die Zeit des Abschieds

Nach der Enttäuschung in der Champions League will Murat Yakin dem Basler Publikum einen Sieg gegen den FC Luzern schenken. Das Spiel um Platz 1 in der Super League könnte auch der Abend des Abschieds werden. Man weiss es nur nicht genau.

Jeder kleine Abschiedsgruss kann schon der endgültige sein: Mohamed Salah. (Bild: Meinrad Schön)

Nach der Enttäuschung in der Champions League will Murat Yakin dem Basler Publikum einen Sieg gegen den FC Luzern schenken. Das Spiel um Platz 1 in der Super League könnte auch der Abend des Abschieds werden. Man weiss es nur nicht genau.

So weit haben sie es kommen lassen beim FC Basel, dass Murat Yakin sich am Vortag des letzten Spiel des Jahres die Frage gefallen lassen muss, ob es ihn beschäftige, dass der Luzern-Match sein letzter als FCB-Trainer sein könnte. Murat Yakin schaut irritiert zur neben ihm sitzenden FCB-Pressesprecherin Andrea Roth, diese schaut irritiert zurück, Murat Yakin lächelt ein Murat-Yakin-Lächeln und sagt: «Absolut nicht.» Keine Zeit um nachzudenken habe er in den letzten Wochen gehabt, die voller Spekulationen um seine Person, seinen Vertrag, seine Stellung waren.

Was den Trainer des FC Basel beschäftigt, ist das letzte Spiel des Jahres. In der ganzen Aufregung um die Champions League und Schalke und italienische Schiedsrichter mit Elefanten-Tomaten auf den Augen fast untergangen ist, dass es sich beim Gastspiel des FC Luzern am Samstag (19.45 Uhr) um ein Spitzenspiel zwischen dem Tabellenersten und Zweiten handelt.

Und es ist, wie schon auf Schalke, wieder ein eigentliches Endspiel. Es geht diesmal jedoch um etwas, wofür man sich nach landläufiger Auffassung «nichts kaufen kann»: die Halbzeitmeisterschaft. Der erste Platz, auf dem man sich in der Wintersonne zwar wärmen kann, dessen Wert aber schon nach der ersten Runde im Februar im Keller sein kann.

Luzerner Lauf lockt die Basler nicht hinter Ofen vor

Mitbekommen haben das über den Kreis der Jahreskarten-Abonnenten im St.-Jakob-Park hinaus allerdings nicht viele. Dabei machen die aufstrebenden Innerschweizer von sich reden mit fünf Siegen in Serie, darunter zwei, die sie bis in den Cup-Halbfinal geführt haben – wo der FC Basel erneut der Gegner sein könnte.

Der FC Luzern kommt ohne den gesperrten Innenverteidiger Tomislav Puljic, dafür mit zwei Ex-Baslern, dem ehemaligen FCB-Ausbildner Carlos Bernegger als Cheftrainer und natürlich der Galionsfigur Alex Frei. Zur Würdigung seiner Karriere wurde der Sportdirektor der Luzerner am Freitagabend mit dem Baselbieter Sportpreis ausgezeichnet.

Mehr als 27’000 Tickets sind bis Freitag im Vorverkauf allerdings trotzdem nicht weggegangen und die vorweihnachtlichen Verpflichtungen werden den kurzfristigen Besucherstrom in Grenzen halten. Dabei kündigt Murat Yakin eine vorzeitige Bescherung an: «Wir wollen den Fans einen Sieg schenken, das sind wir ihnen schuldig.»

Yakin, Salah und die Eigendynamik

Auch wenn sich der Trainer tapfer allen Mutmassungen um seine Person entgegen stemmt – ein bisschen Abschied könnte dem Abend im St.-Jakob-Park trotzdem innewohnen. Denn niemand vermag vorauszusagen, ob am zweiten Februar-Wochenende beim ersten Heimspiel des neuen Jahres gegen die Young Boys all das vertraute Personal noch zur Verfügung stehen wird. Allen voran Mohamed Salah. Die Gerüchteküche sieht ihn ja längst bei ungefähr jedem zweiten Premier-League-Club.

«Vieles ist von Agentenseite angekündigt, Konkretes liegt nicht bei uns auf dem Tisch», sagt FCB-Sportdirektor Georg Heitz und präzisiert: «Bis jetzt.» Das Bestreben des Clubs sei, dass Salah auch im Frühjahr noch für den FCB auflaufe, «und das haben wir eigentlich auch allen Agenten, die an uns herantreten, so deutlich gemacht», sagt Heitz, er räumt aber ein: «Es kann eine Eigendynamik annehmen.»

Ähnlich klang FCB-Präsident Bernhard Heusler auf der Heimreise von Gelsenkirchen, als er auf die Winterpause angesprochen sagte: «Es kann eine unangenehme Zeit werden. Ich erwarte nicht, dass wir in gemütlichster Zufriedenheit vor dem Cheminée sitzen können. Es wird sicher gewisse Unruhe geben.»

Der «Tagesanzeiger» hingegen münzt die Aussage Heuslers weniger auf umworbene Spieler, denn auf den den Trainer: «Deeskalierend wirkt solch eine Aussage nicht, dessen muss sich Heusler bewusst gewesen sein. Und ob es einfach eine Nebelrakete des cleveren Anwalts ist oder tatsächlich das Signal für einen grossen Knall, wird sich zeigen», schreibt das Zürcher Blatt und urteilt: «Ersteres würde nicht wirklich überraschen. Letzteres inzwischen allerdings auch nicht mehr.»

Des Trainers reichlich lange Mängelliste

Dass Yakin unter Druck steht, darauf deutet seine Ankündigung hin, über die Ausrichtung des FCB-Spiels nachdenken zu wollen. «Wir wollen konstantere Leistungen und nicht ein ständiges Auf und Ab», sagt er über die erste Saisonhälfte. Yakin beschwört nach zuletzt zwei Unentschieden und der Niederlage auf Schalke die Siegermentalität, und es würde ihn auch nicht stören, wenn die Mannschaft ein Spiel «dreckig» gewänne.

Grundsätzlich verlangt der Trainer: «Unser Offensivspiel muss gefährlicher, es muss kreativer, variantenreicher und effizienter werden.» Derzeit benötige seine Mannschaft «extrem viele Chancen» bis zum erfolgreichen Abschluss. Das ist eine reichlich lange Mängelliste, und damit nicht genug: «Wir müssen in der Defensive wieder souveräner auftreten», fordert Yakin. Um Abhilfe zu schaffen, zieht er auch eine Umstellung des Systems in Erwägung, nicht über Nacht bis zum Anpfiff gegen den FC Luzern, aber in der Winterpause.

Für das Spitzenspiel ersetzt er den gesperrten Marco Streller durch Giovanni Sio, ausserdem darf nach Yakins Andeutungen damit gerechnet werden, dass Matias Delgado in der Startelf stehen wird. Die Hauptaufgabe für den FCB-Trainer dürfte jedoch sein, bis zum Anpfiff die Enttäuschung nach dem Champions-League-Aus aus den Köpfen seiner Spieler zu vertreiben.

Plus 13 – die Entwicklung des FC Luzern

Welch grossen Sprung der FC Luzern unter Carlos Bernegger gemacht hat, verdeutlicht der Vergleich der Tabelle nach der 18. Runde vor einem Jahr mit der aktuellen Punktausbeute nach 17 Runde: 13 Zähler mehr hat die Mannschaft unter Bernegger gesammelt. In Stürmer Dimitar Rangelov personifiziert sich der Aufschwung. Erst als Fehleinkauf abgestempelt, kommt der 30-jährige Bulgare in dieser Saison auf elf Tore (fünf in der Liga, sechs im Cup) und drei Assists.

Die Super League vor einem Jahr und heute
Rangliste nach
der 18. Runde
2012/13 
Punkte nach
der 18. Runde
2012/13
Differenz zur
aktuellen Tabelle
2013/14
aktuelle
Platzierung
1. Grasshoppers 37 -8 3.
2. FC Basel 33 -1 1.
3. FC St. Gallen 33 -4 4.
4. FC Sion 32 -15 8.
5. Young Boys 24 +4 5.
6. Lausanne-Sport 21 -17 10.
7. FC Luzern 18 +13 2.
8. FC Thun 18 +6 6.
9. FC Zürich 17 +4 7.
10. Servette 11
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