Diese Saison sitzen Schiedsrichter in der Bundesliga bereits Probe – erst mal offline

Maximal vier Partien werden in dieser Saison pro Spieltag in der Bundesliga von einem Videoschiedsrichter begutachtet. Noch ist es allerdings eine Testphase.

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(Bild: imago sportfotodienst)

Maximal vier Partien werden in dieser Saison pro Spieltag in der Bundesliga von einem Videoschiedsrichter begutachtet. Noch ist es allerdings eine Testphase.

Beinahe unbemerkt von der Weltöffentlichkeit ereignete sich Mitte August ein Vorfall von fussballhistorischen Ausmassen. In der 35. Minute der US-amerikanischen Drittligapartie zwischen New York Red Bulls II und Orlando City B wurde erstmals in der Geschichte des Spiels offiziell der Videobeweis zu Rate gezogen.

Es ging um die Frage, ob ein Foul als Notbremse zu bewerten sei, Experten, Spieler und Fans hoffen, dass damit die Zukunft des Fussballs begonnen hat. Denn auch in der Bundesliga wird es ab dem kommenden Wochenende ernst. Bis zu vier Partien pro Spieltag werden in der neuen Saison im Rahmen einer Testphase von Videoschiedsrichtern begutachtet. «Da es gerade in der vergangenen Saison einige Fehlentscheidungen gab, die ergebnisrelevant waren, stehen wir diesem Test sehr positiv gegenüber», sagt DFB-Schiedsrichter-Chef Lutz Michael Fröhlich.

In der ersten Phase gibt es keinen Kontakt zum Schiedsrichter auf dem Feld.

In einem TV-Studio wird pro teilnehmendem Spiel ein Dreierteam vor den Bildschirmen sitzen, Szenen zurückspulen, prüfen und notieren, wie lange sie brauchen, um unzweifelhafte Fehlentscheidungen eindeutig als solche zu identifizieren. Es handelt sich um eine Art Ausbildung. Mit dabei sind derzeit aktive Schiedsrichter und ehemalige Unparteiische, die die Altersgrenze von 47 Jahren überschritten haben, Kontakt zum Schiedsrichterteam auf dem Rasen wird es aber zunächst nicht geben. Fehlentscheidungen werden noch nicht korrigiert, es handelt sich um ein sogenanntes «Offline-Experiment».

Und wie sieht es in der Schweiz mit dem Video-Beweis aus? In der Super League dürfte es noch etwas dauern, wie wir im März 2016 berichteten.

Das könnte sich theoretisch aber schon mit dem Beginn der Rückrunde ändern, wobei kaum jemand glaubt, dass es so schnell gehen wird. Schon weil es kaum möglich ist, in so kurzer Zeit genügend Experten auszubilden, um jedes Wochenende alle neun Partien zu betreuen. Denn die Live-Schaltung der Experimente könnte ganz neue Probleme bergen, die besser in der dritten US-Liga als im gleissenden Licht der Bundesliga sichtbar werden sollen.

«Es ist wichtig, dass wir von der Theorie weggehen und die vereinbarten Grundsätze in Vorbereitung auf die spätere Anwendung auf Herz und Nieren live überprüfen», sagt Lukas Brud vom internationalen Regelgremium IFAB, das das gesamte Projekt mit seinen unterschiedlichen Versuchsanordnungen überwacht.

Zwei Spiele mit live geschaltetem Videoschiedsrichter fanden in der dritten US-Liga bereits statt, und es zeigte sich, dass es leicht zu Missverständnissen in der Kommunikation zwischen dem Videoschiedsrichter und dem Kollegen auf dem Platz kommen kann. «Das konstruktive Feedback von den Verbänden und die ersten Tests haben grundsätzlich gezeigt, dass die ganze Umsetzung wesentlich komplizierter ist, als wir zuerst angenommen haben», sagt Brud. Das Spiel ist eben ziemlich unberechenbar.

Beim ersten Live-Test kam es zu Missverständnissen zwischen dem Video-Schiedsrichter und jenem auf dem Feld.

Kein Wunder also, dass auch beim Deutschen Fussball-Bund eine gewisse Skepsis spürbar ist. Der ehemalige DFB-Schiedsrichterchef Herbert Fandel hatte im vorigen Herbst erklärt, Deutschland wolle hier eine «Vorreiterrolle» einnehmen, sein seit Juli amtierender Nachfolger Lutz-Michael Fröhlich sagt nun in einem Interview mit dem «Kicker»: «Ich würde mehr den innovativen Aspekt betonen. Dass man sich mit technischen Neuerungen auseinandersetzt, trifft den Zeitgeist.» Man will also dabei sein, von einer endgültigen Einführung spricht erst mal niemand.

Um tatsächlich alle Bundesligaspiele in das Projekt einzubinden, ist schliesslich ein enormer Aufwand nötig. Man braucht eine Infrastruktur, die gewährleistet, dass die Videoschiedsrichter und ihre Mitarbeiter innerhalb weniger Momente die Bilder aller Kameras im Stadion zurückspulen und betrachten können. Und nicht zuletzt ist es kaum möglich, die oftmals emotionalisierten Zuschauer mit den Kniffen der Videoschiedsrichterei vertraut zu machen. «Die öffentliche Diskussion ist noch voller Missverständnisse – wir werden aber alles daran setzen, ein gewisses Grundverständnis bei allen Beteiligten zu schaffen», sagt Brud.

Dass der Videoschiedsrichter bei den berühmten Grauzonen-Entscheidungen eingreift, ist bisher kaum bekannt.

Immer wieder erklären TV-Experten, sie seien gegen die Technik, weil sie das Spiel zerstückele, was eindeutig falsch ist. Frühere Tests in Holland, die in den vergangenen beiden Jahren stattfanden, zeigen, dass die Klärung der allermeisten Situationen innerhalb weniger Sekunden erledigt ist. Überprüft werden ohnehin nur Szenen, in denen es um eine Torerzielung, eine Tätlichkeit, einen Elfmeter oder eine gelbe beziehungsweise rote Karte geht, die versehentlich dem falschen Spieler gezeigt wurde. Dass der Videoschiedsrichter bei den berühmten Grauzonen-Entscheidungen eingreift, ist bisher kaum bekannt.

In diesen häufigen Fälle bleibt einfach die Tatsachenentscheidung bestehen, interveniert wird nur bei unzweifelhaften Fehlentscheidungen. Absolute Gerechtigkeit wird es also nicht geben und wird auch nicht angestrebt, ein Abseitspfiff, der sich als falsch herausstellt, lässt sich beispielsweise nie rückgängig machen, das Spiel ist dann ja längst unterbrochen. Das Ziel bleibt ein Zugewinn an Gerechtigkeit, wobei gut möglich ist, dass das IFAB irgendwann sagt: Das Ganze ist einfach zu komplex.

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Die Bundesliga startet am Freitagabend (26.8.) mit der Partie Bayern München gegen Werder Bremen (20.30 Uhr). Die Spieltagsübersicht auf bundesliga.de.

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